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10 Jahre Lernort Bibliothek – ein Meilenstein für die Landesförderung

2009 hat das Land NRW die Initiative „Lernort Bibliothek“ ins Leben gerufen. Mit der Abschlussveranstaltung am 15. Mai 2019 hat die Initiative ihr offizielles Ende gefunden. ProLibis hat das 10-jährige Jubiläum zum Anlass genommen, um noch einmal einen Blick zurück zu werfen. Wir freuen uns, dass wir diese Rückblicke nun auch auf unserem Blog veröffentlichen können. Die Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW bedankt sich herzlich bei allen Mitstreitenden in den vergangenen 10 Jahren und natürlich bei den Autorinnen und Autoren dieser Artikel.


Von Beate Möllers, Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW

Nachdem die Landesförderung für Bibliotheken 1999 auf eine reine Projektförderung umgestellt worden war, markierte der Start des Projekts „Lernort Bibliothek“ zehn Jahre später einen weiteren Meilenstein. Auch zwischen 1999 und 2008 gab es neben vielen interessanten und innovativen Ein-zelprojekten der Bibliotheken schon landesweite Maßnahmen und Pilotprojekte wie die „Digitale Öffentliche Bibliothek“, „Medienpartner Bibliothek und Schule“ oder „Bist Du auch lesekalisch?“. Mit „Lernort Bibliothek“ hat die Förderung des Landes für Bibliotheken aber noch einmal eine ganz neue Ausrichtung bekommen.

Strategische Fragen im Zentrum
Bei der Konzeptionierung von „Lernort Bibliothek“ ging es erstmals weniger darum, die Weiterentwicklung einzelner Bibliotheken zu unterstützen. Stattdessen standen strategische Fragen im Zent-rum: Wie verändert die Digitalisierung grundsätzlich die Bibliotheksarbeit? Wie muss daher Bibliotheksarbeit aussehen, die zukunftsfähig ist? Und mit welchen Maßnahmen und Programmen kann das Land diese Neuausrichtung vorantreiben, unterstützen und dabei möglichst viele Bibliotheken mitnehmen?
Dass es um solch grundsätzliche Fragen ging, war dabei zu Beginn der Initiative „Lernort Bibliothek“ noch gar nicht klar. Es ist ein Charakteristikum dieses Vorhabens, dass es sein Potential erst im Tun präsentiert hat. Geplant war, den acht teilnehmenden Bibliotheken ein Jahr lang Zeit und Raum zum Nachdenken zu geben (schon das ein Modul, das es zumindest in NRW so noch nicht gegeben hatte) und anschließend die Ideen, die daraus entstehen, in einer zweiten Projektphase umzusetzen. Ein klassisches Projekt also: konzeptionieren, umsetzen, fertig. Zwar gab es am Ende des „Denkjahres“ tatsächlich erste Ideen, wie Bibliotheken auf die Digitalisierung reagieren könnten. Aber weder gab es ein fertiges Konzept noch konkrete Vorstellungen für eine mögliche Umsetzung. Stattdessen gab es vor allem neue Fragen, Unsicherheiten, Erkenntnislücken.

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Stadtbibliothek Dormagen

Bibliothekswelt erkennbar verändert
Entscheidend für die weitere Arbeit war es, dass die Pilotbibliotheken sich davon nicht haben ab-schrecken lassen. Stattdessen haben sie sich mit großer Offenheit und Neugier auf den weiteren Weg gemacht, sind gemeinsam mit der Fachstelle erste Schritte gegangen hin zu neuen Angeboten und Arbeitsweisen und haben – das erscheint mir das Wichtigste – nicht aufgehört, nachzudenken und sich selbst in Frage zu stellen. Weitere Bibliotheken haben sich davon anregen und anstecken lassen. Nach zehn Jahren hat ein Großteil der Bibliotheken in der einen oder anderen Weise teilgenommen und Ideen umgesetzt. Die Bibliothekswelt in NRW hat sich durch die Initiative „Lernort Bibliothek“ erkennbar verändert.
Für die Landesförderung war „Lernort Bibliothek“ in jeder Hinsicht ein Meilenstein. Es ist unübersehbar, wie wichtig landesweite und zentral organisierte Maßnahmen sind, um eine strategische Weiterentwicklung des Bibliothekswesens zu erreichen. Vor allem für kleinere und personell schlecht ausgestattete Bibliotheken ist das oftmals die einzige Möglichkeit, den Anschluss zu halten und neue Entwicklungen mitzuvollziehen. Dass die kleineren Bibliotheken dabei sind, ist aber von entscheidender Bedeutung für die Etablierung neuer Bibliotheksangebote und -konzepte. Die Förderung von landesweiten Maßnahmen hat daher für das Kulturministerium inzwischen den gleichen Stellenwert wie die Förderung von Einzelprojekten.
Dabei geht es nicht nur um neue Programme oder Projekte. Inzwischen gehört es z.B. zu den selbst-verständlichen zentralen Maßnahmen der Landesförderung, dass über die Fachstelle gemeinsam mit dem ZBIW ein umfangreiches Fortbildungsangebot organisiert wird. Mit diesem werden die einzelnen Module von „Lernort Bibliothek“ und weiteren Programmen begleitet und vertieft – ein Angebot, das aus Sicht des Landes notwendig und unverzichtbar für die Zukunftsfähigkeit der Bibliotheken ist und das deswegen aus Landesmitteln finanziert wird.

Konzentriertes Wissen

Die Entscheidung, ganze Bibliotheksteams auch über einen längeren Zeitraum mit Coachingmaßnahmen u.ä. zu begleiten, hat sich dabei als besonders wirkungsvoll erwiesen. Auch die Erarbeitung und Bereitstellung von Grundlagenarbeiten wie der Handreichung zur EDV-technischen Infrastruktur in Öffentlichen Bibliotheken „Auf dem Weg in die digitale Zukunft“ ist wichtig, um möglichst viele Bibliotheken bei der Neuausrichtung der Bibliotheksarbeit in NRW mitzunehmen und ihnen neue Wege zu ermöglichen.
Von entscheidender Bedeutung für das bisher Erreichte und für den weiteren Prozess war sicher die Zentralisierung der Fachstellenarbeit. Erst dadurch konnte die stringente Arbeit an einer landesweiten Strategie richtig Fahrt aufnehmen und konsequent vorangetrieben werden. Die spezialisierten Kenntnisse der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen so nicht mehr nur den Einrichtungen in einem Regierungsbezirk zugute, sondern allen Bibliotheken im Land. Das Wissen über neue Entwicklungen wird hier konzentriert, diskutiert und für das Bibliotheksland NRW aufbereitet und nutzbar gemacht. Mit der zentralen Fachstelle ist ein Kompetenzzentrum für die Bibliotheken entstanden, um das NRW zu Recht immer wieder beneidet wird.
Die eigentliche Arbeit daran, zukunftsfähig und relevant zu bleiben, müssen die Bibliotheken selbst leisten. Das Land kann nur anstoßen, begleiten und unterstützen. Genau dies will und wird es aber tun. Die teilnehmenden Bibliotheken und die Fachstelle haben im Zuge der Initiative „Lernort Bibliothek“ deutlich gemacht, wie dies sinnvoll umgesetzt werden kann. Für die Zukunft ist uns allen zu wünschen, dass das Engagement für ein modernes Bibliothekswesen in NRW und die Offenheit und Experimentierfreude der Bibliotheken in unserem Land erhalten bleiben.

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