Alle Artikel in der Kategorie “Bibliothek als realer Ort

Die gesellschaftlichen Trends der Mobilität, der Digitalisierung und der wachsende Wunsch nach Flexibilität wirken sich sowohl auf unsere Kultur, als auch auf unsere Aufenthaltsräume aus. Sogenannte dritte Orte, zu welchen sich Bibliotheken im öffentlichen Raum entwickeln, gewinnen an Bedeutung…
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Ein Rückblick auf das Online-Seminar „Sustainability and Libraries“

Nachhaltigkeit gehört zu den dringendsten Themen unserer Zeit. Das Online-Seminar Sustainability and Libraries – agenda 2030 beleuchtete die Rolle der Bibliotheken in Deutschland und in den Niederlanden, unterstützt von einigen Beispielen, wie Nachhaltigkeit bereits umgesetzt wird.  Die Veranstaltung fand als Teil der digitalen Seminarreihe Deutsch-Niederländischer Dialog zur Zukunft der Bibliotheken im Rahmen der Partnerland-Initiative Deutschland-Niederlande der Bibliotheksverbände Bibliothek & Information Deutschland (BID) und FOBID Netherlands Library Forum statt. Im ersten Teil des Seminars stellte EBLIDA Präsident Ton van Vlimmeren die aktuelle Lage der Bibliotheken in den Niederlanden vor. Im zweiten Teil referierte Jaqueline Breidlid vom Deutschen Bibliotheksverband über die Entwicklungen in den deutschen Bibliotheken. Das Interesse am Online-Seminar war hoch: Rund um den Globus lauschten weit über 300 Teilnehmende den Vorträgen.

Ausgangspunkt des Dialogs war die Bibliothek als grundsätzlich nachhaltige Institution, denn: Bei einem Buchdruck werden bei der Herstellung etwa 1,1 Kilogramm Kohlendioxid freigesetzt. Dieser Wert relativiert sich bei mehrfacher Ausleihe. Bibliotheken leisten zudem einen Beitrag zur Sensibilisierung für die Notwendigkeit einer nachhaltigen Gesellschaft, indem sie Informationen bereitstellen und Projekte organisieren.

Nachhaltigkeitskonzepte in niederländischen Bibliotheken

Ton van Vlimmeren ging zunächst auf die 17 Nachhaltigkeitsziele ein, auch Sustainable Development Goals genannt, die am 25. September 2015 im Rahmen des Nachhaltigkeitsgipfels der Vereinten Nationen beschlossen wurden. Diese sollen bis zum Jahr 2030 dazu beitragen, globale Entwicklungen nachhaltig zu gestalten. Nach dieser Agenda besteht Nachhaltigkeit aus drei Dimensionen: Der sozialen, der ökonomischen und der ökologischen. Die darunterfallenden Ziele betreffen unter anderem die Bekämpfung von Armut, sauberes Wasser und Sanitätsversorgung, nachhaltige Städte und Gemeinden sowie der Zugang zu hochwertiger Bildung.

„Hier kommt die Bibliothek ins Spiel,“ erklärte van Vlimmeren und stellte das Vorgehen in den Niederlanden vor: „Es gibt zwei große Aufgabenbereiche bei uns. Das betrifft zum einen die Bibliotheksgebäude, zum anderen Veranstaltungsformate.“ Großes Potenzial sieht Van Vlimmeren in klimaneutralen Bibliotheksgebäuden und einem ausgeprägten Waste Management. Bibliotheken können bereits bei ihrer Ausstattung auf ihren ökologischen Fußabdruck achten sowie ein Bewusstsein dafür entwickeln, was weiterverwertet anstatt weggeschmissen werden kann. Als Beispiel für ein klimaneutrales Gebäude nannte er die Bibliothek in Utrecht.

Wie in der Agenda 2030 beschrieben, ist ein ebenso wichtiger Bestandteil das Soziale. Dazu finden zahlreiche Angebote in den niederländischen Bibliotheken statt. „Wir haben zum Beispiel eine Ausstellung zum Thema Hungersnot in einer Bibliothek durchgeführt und Essensausgaben eingerichtet. Durch Corona zeigt sich, dass einige Schülerinnen und Schüler kein Internet Zuhause haben, weshalb wir Online Schooling anbieten. Es gibt Queer Cafés und andere Meetups,“ zählte Van Vlimmeren auf. Wichtig ist hierbei, dass Angebote und Informationen für jeden frei zugänglich sind.

Nachhaltigkeitsprojekte in deutschen Bibliotheken

Das betonte auch Jaqueline Breidlid vom Deutschen Bibliotheksverband Berlin. Sie beobachtet: „Deutsche Bibliotheken entwickeln sich zu öffentlichen Räumen, die wesentlich mehr beinhalten als die Ausleihe. Viele Bibliotheken organisieren Veranstaltungen und initiieren Projekte, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Es gibt Food Sharing Projekte, die mit lokalen Partnern durchgeführt werden, um zu vermitteln, woher unsere Ressourcen stammen.“

Darüber hinaus engagieren sich Bibliotheken im Bereich der Inklusion. Wie zum Beispiel in der Stadtbibliothek Köln . Hier wurden Bücher von einem Digitalisierungsroboter erst gescannt und dann zu Audiodateien weiterverarbeitet. Auf diese Weise werden Bücher lesbar für jeden.

Wichtig ist auch die politische Ebene. „Die Arbeit des Deutschen Bibliotheksverbands zielt darauf ab, in der Politik das Bewusstsein zu entwickeln, dass die Bibliothek eine wichtige Rolle spielt, wenn es um Nachhaltigkeit geht,“ führte Breidlid aus. Der Deutsche Bibliotheksverband hat im Oktober 2020 eine Stellungnahme mit dem Titel Potenzial von Bibliotheken durch strategische Einbindung nutzen zur Aktualisierung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2020 veröffentlicht. Breidlid berichtete zum Schluss von dem Projekt Aktionstage Nachhaltigkeit. Hier können sich nicht nur Bibliotheken, sondern auch andere Institutionen mit ihren Projekten bewerben, die Menschen dazu anregen sollen nachhaltig zu handeln. Unter dem Hashtag #tatenfuermorgen lassen sich auch Aktionen von Bibliotheken finden, die beispielsweise Ausstellungen zum Thema Plastik umsetzen.

Internationale Perspektive: Die Rolle der IFLA und EBLIDA

Um Bibliotheken international bei umweltverträglicheren Maßnahmen zu unterstützen hat die IFLA die Abteilung ENSULIB (Environment, Sustainability and Libraries – Umwelt, Nachhaltigkeit und Bibliotheken) ins Leben gerufen. ENSULIB bietet Materialien zum Thema grünes Bibliothekswesen und in einem internationalen Diskussionsforum die Möglichkeit zum Austausch. Um eine Vergleichbarkeit mit internationalen Bibliotheken zu schaffen, führte die IFLA zuletzt die Library Map of the World auf ihrer Internetplattform ein, in der aus allen Regionen dieser Welt Bibliotheken gesucht werden können. Dazu werden für Bibliotheken und Regionen verschiedene Kennzahlen angezeigt, wie die Anzahl an Internetzugängen, Nutzerzahlen oder physische und digitale Medien. Zum Schluss des Seminars stellte Van Vlimmeren als Präsident der EBLIDA noch einen aktuellen Bericht mit dem Titel A post Covid-19 European Library Agenda meeting Sustainable Development Goals and funded through the European Structural and Investment Funds (2021-2027) vor. Der Bericht setzt sich kritisch mit den Folgen der Corona-Krise und mit den Problemen der Bibliotheken, die sich erst durch die Pandemie gezeigt haben, auseinander. Hierzu gehört zum Beispiel die Beobachtung, dass viele Bibliotheken über keine Online-Präsenz verfügen, über die sie ihre Nutzer*innen erreichen können und deshalb bisher benachteiligt sind.

Das Seminar hat gezeigt, dass in beiden Ländern viele Bibliotheken bereits ein Verständnis für Nachhaltigkeit entwickelt haben und das, obwohl sie vielerorts noch nicht von der Politik miteinbezogen werden, wenn es um die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien geht. Der Einblick in die unterschiedlichen Projekte macht deutlich, wie facettenreich Nachhaltigkeit sein kann. Auch kleine Projekte von Bibliotheken können den Blick bei ihren Nutzer*innen schärfen für umweltbewusstes Handeln.

Weiterführende Informationen unter:

biblio2030.de

German-Dutch dialogue on the future of libraries

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Bibliotheken im Ausland – „Biblo Tøyen“ – für Erwachsene verboten (Teil 5)

Biblo Tøyen in Olso wurde als erste Jugendbibliothek Norwegens im Dezember 2017 eröffnet. Eingerichtet hat sie der niederländische Architekt Aat Vos. Die Bilder, die wir im Internet sahen, weckten sofort unsere Neugierde und warfen gleichzeitig Fragen auf. Was hat die Deichmanske bibliotek dazu bewogen, diese Zweigstelle einzurichten? Grund genug, 2018 einen privaten Besuch in Norwegens Hauptstadt mit einem Besuch der Jugendbibliothek Biblo Tøyen zu verbinden.

Im Nachhinein hat es sich als großes Glück herausgestellt, dass meine Freundin vor Ort zum Telefonhörer griff und eine private Führung organisierte. Und so wurden wir sehr freundlich zur verabredeten Zeit empfangen. Das erste jedoch worauf wir hingewiesen wurden, war das „Stop-Schild“ auf dem Boden: bis hierher und nicht weiter! Diese Bibliothek gehört den Jugendlichen im Alter von 10 bis 15 Jahren! Zu normalen Öffnungszeiten hätten wir die Bibliothek überhaupt nicht betreten dürfen. Eltern, andere Erwachsene, jüngeren oder älteren Kindern wird der Zutritt konsequent verwehrt. Einfach einmal vorbeischauen und durchschlendern geht nicht. Es wurde uns versichert, dass man es ernst meine mit dieser Regel. Denn sie ist Teil eines ganz besonderen Konzepts.

Als nächstes hieß es „Schuhe ausziehen“. Für jeden, der in Norwegen schon einmal einen privaten Besuch gemacht hat, ist dies nicht ungewöhnlich. Automatisch zieht jeder die Schuhe aus, wenn er über die Türschwelle tritt. Und da die Kids die Bibliothek als ihren ganz speziellen Ort empfinden sollen, heißt es eben auch hier „Schuhe ausziehen“ – auch für zwei Besucherinnen, denen ausnahmsweise Zutritt gewährt wird.

Die übrigen Regeln waren schnell erklärt. „Wir erwarten einen respektvollen Umgang miteinander.“ Und – man höre und staune – es darf nicht laut werden (Ausnahmen bestätigen die Regel, wurde augenzwinkernd ergänzt. Zum Beispiel bei einer Klassenführung, wenn die Schülerinnen und Schüler zum ersten Mal die Bibliothek erkunden. Dann dürfen sie 10 Minuten laut kreischend die unbekannten Räumlichkeiten durchstreifen). Jeder muss sich für die Bibliothek und ihre Einrichtung verantwortlich fühlen und pfleglich mit den Dingen umgehen. Womit man es allerdings nicht so genau nimmt, sind die Rückgabedaten für die entliehenen Medien. „Schließlich möchten wir, dass die Kinder sich wohl fühlen und sie nicht vertreiben. Die Bibliothek ist ihr Rückzugsgebiet, das nur ihnen zur Verfügung steht.“ Geduldig wird deshalb hinterher telefoniert, in der Regel mit Erfolg.

Dann wurde uns erläutert, wie es zu den Planungen dieser Bibliothek gekommen ist. Denn einen Katzensprung entfernt, gibt es noch eine Bibliothek. Ebenfalls von Aat Vos eingerichtet, übernimmt sie die „normale“ Funktion einer Stadtteilbibliothek.

Der Stadtteil gehört zu den Gebieten in Oslo, die als soziale Brennpunkte gelten. Die Gründung der Jugendbibliothek ist eine von vielen Maßnahmen, die zur Aufwertung der Lebensqualität ergriffen wurden. In Oslo ist die Nachmittags-Betreuung für Kinder bis 10 Jahre durch schulische Ergänzungsangebote sichergestellt. Doch ab 10 Jahre sind die Kinder nachmittags auf sich gestellt. Diese Lücke wollte man mit den Angeboten der Jugendbibliothek schließen. Die Bibliothek hat sieben Tage die Woche auf. An Wochentagen von 14 bis 19 Uhr, am Samstag und Sonntag von 10 bis 16 Uhr.

Dass das Konzept aufgeht zeigen die Besuchszahlen. Zwischen 70 und 80 Kinder suchen die Bibliothek an wenig frequentierten Tagen auf. Ab und zu kann es richtig voll werden, wenn sich an einem Nachmittag bis zu 250 Kinder in der Bibliothek aufhalten. Und am Wochenende kommen auch Kinder aus anderen Stadtteilen in die Bibliothek.

Auf unsere Frage nach dem Personal kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. In der Bibliothek arbeiten fünf Vollzeitkräfte, die alle keine bibliothekarische Ausbildung haben. Vielmehr steht im weitesten Sinne eine künstlerische Ausbildung im Vordergrund. Mari Østby Kjøll, unsere Ansprechpartnerin, hat beispielsweise einen Abschluss im Bereich fine Arts. Zum Angebot gehört eine Hausaufgabenbetreuung an allen Werktagen von 14 bis 16 Uhr. Hier wird das Team von zwei ehrenamtlich tätigen Lehrkräften unterstützt. Überhaupt gibt es viele Ehrenamtliche, die sich freiwillig zur Mitarbeit melden. Jeder ist willkommen, so dass es ein umfangreiches Veranstaltungsangebot gibt.

Die fünf hauptamtlichen Kräfte bereiten in den Vormittagsstunden die Programmarbeit vor. Fünfmal pro Jahr gibt es einen Themenschwerpunkt. Bei unserem Besuch stand das Thema „BiblioBotanic“ im Mittelpunkt. Die Themen werden ganzheitlich aufbereitet. So haben die Kinder zunächst unterschiedliche Pflanzen ausgesät und lernen die Früchte kennen. Anhand einer Landkarte verfolgen sie den Weg vom Anbaugebiet nach Oslo. U.a. wurden auch Kartoffeln in einem „Hochbeet“ gepflanzt. Und wie zufällig findet man überall Bücher zum Thema, die die Kinder durchblättern und natürlich auch ausleihen können.

Kochen gehört zum festen Veranstaltungsangebot. Hier können Kinder, die in ihren Familien nicht selber kochen lernen, Erfahrungen mit Lebensmitteln machen. Und wer bekommt nicht Lust in dieser Bibliothek zu kochen? Die Unterbringung einer Küche in einem alten LKW sieht man ja nicht alle Tage! Passend zum aktuellen Themenschwerpunkt wurden natürlich viele Kartoffelgerichte gekocht.

Bücher und andere Medien sind nach Themenkreisen sortiert in der Bibliothek verteilt, stehen aber nicht im Mittelpunkt. Direkt in der Nähe des Eingangs gibt es Fächer, die verschiedene Kreativ-Materialien bereithalten. Ausleihen kann man sie ausschließlich zur Präsenznutzung ganz klassisch mit dem Bibliotheksausweis.

Und natürlich gibt es auch Rückzugsorte in der Bibliothek wie kuschelige Leseecken oder Gruppenräume zum Chillen. Und wer Lust auf Verwandlung hat, kann bei einem Besuch im Spiegelkabinett seine Gestalt schnell ändern – mal dick, mal dünn. Die PC-Arbeitsplätze stehen erst nach der Hausaufgabenzeit für Mindcraft und andere Computerspiele bereit. Und an der großen Lego-Wand kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen.

Das Team hat außerdem die Aufgabe, das Erscheinungsbild der Bibliothek monatlich zu ändern. Dafür wird gerückt und geschoben. Deshalb wurden die Ski-Gondeln an einem Schienensystem unter der Decke befestigt. Wenn die Arretierung gelöst wird, können die Gondeln leicht an einen anderen Platz verschoben werden. Auch alle anderen Fahrzeuge werden dann innerhalb des Raumes verschoben.

Die Bibliothek verfügt über ein Grundbudget, um viele neue Ideen umzusetzen. Das Team ist jedoch auch angehalten, andere Finanzquellen wie beispielsweise Stiftungsgelder zu akquirieren.

 

Die Besichtigung der Bibliothek verging wie im Fluge. Hier wurde ein ganz neues Konzept umgesetzt, eng abgestimmt auf die Bedürfnisse des Stadtteils und der Zielgruppe. Herzlichen Dank an Mari Østby Kjøll für die vielen Informationen und Eindrücke und die Erlaubnis, die Fotos von der Biblio Tøyen veröffentlichen zu dürfen!

Weitere Beiträge dieser Reihe:

Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Bibliotheken im Ausland – „School 7“ in Den Helder (Teil 2)

Bibliotheken im Ausland: Schiedam – die erste grüne Bibliothek der Niederlande (Teil 3)

Bibliotheken im Ausland – Oodi in Helsinki (Teil 4)


		
			
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Bibliotheken im Ausland – Oodi Helsinki (Teil 4)

Im Dezember 2018 wurde Oodi, die neue Filiale der Stadtbibliotheken in Helsinki eröffnet. Aufgrund ihrer Größe und der zentralen Lage, neben dem Bahnhof, wird sie häufig fälschlicherweise für die Zentralbibliothek gehalten, welche jedoch auch weiterhin die Pasila-Bibliothek sein wird. Passend zu unserem, zugegeben zufällig für August geplanten Besuch in Helsinki wurde Oodi kurz zuvor von der IFLA zur „Weltbesten Öffentlichen Bibliothek des Jahres 2019“ ernannt. Und wir konnten uns direkt einen Eindruck davon machen, warum das so ist.

Das vom finnischen Architekten-Team ALA entworfene Gebäude war in den vergangenen Jahren, seit Planung des Baubeginns bereits vielfach im Gespräch. An der Gestaltung der Bibliothek, so wurde auf der Public! 2018 in München während eines Vortrages berichtet, waren maßgeblich auch die Bürger*innen von Helsinki beteiligt, die durch Umfragen und Workshops die Idee einer Bibliothek der Zukunft mitentwickeln konnten. Projektbeginn des Ganzen war bereits im Jahr 2012.

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Außenansicht von der Parkseite aus auf die geschwungene Fassade von Oodi

Nun steht das neue Flaggschiff des Öffentlichen Bibliothekwesens mitten in Helsinki und verbindet den auf der einen Seite gelegenen Stadtkern mit dem auf der anderen Seite gelegenen Park. Die Fassade des Gebäudes zeichnet sich in der Gestaltung durch das für Finnland typische Fichtenholz aus und wird unterbrochen von großen geschwundenen Glasflächen, vor allem an den Eingängen und im Bereich des 2. Obergeschosses. Sobald es draußen dunkel und das Gebäude aus dem Inneren heraus beleuchtet wird, verstärkt diese Beleuchtung den eh schon vorhandenen skulpturalen Eindruck. Das Gestaltungselement Holz zieht sich auch im Inneren der Bibliothek weiter durch die Räumlichkeiten.

Betreten werden kann das Foyer sowohl von der Stadt-, als auch von der Parkseite aus. Das offen gestaltete Erdgeschoss beherbergt neben der Informationstheke der Bibliothek auch Theken einiger ihrer Kooperationspartner so z.B. des Bürgerservices „Helsinki-Info“ oder eine Anlaufstelle für EU-Informationen. Zudem findet der Nutzer hier eine gemütlich gestaltete Cafeteria/Restaurant, eine Küche in Welcher Kurse stattfinden können, einen Veranstaltungs- und sogar einen Kinosaal. Im, in der einen Spitze liegenden (hinteren) Gebäudeteil finden Betreuungsgruppen für Kinder einen Bereich, in dem gespielt werden kann.

 

Über die im Kern des Gebäudes liegende, imposante Wendeltreppe (oder auch über den Aufzug und Rolltreppen) gelangt der Nutzer in das erste Obergeschoss des rund 10.000 m² großen Gebäudes. Hier befinden sich die Flächen für alle Schaffenden und Kreativen. Der „Urban Workspace“ bietet auf einer großen Fläche Platz für einen Makerspace mit 3D-Druckern, Plottern, Overlock-Nähmaschinen oder auch Stickmaschinen. Es gibt abgetrennte Gruppen- und Einzelarbeitsräume. Diese können gegen eine Gebühr reserviert werden. Ansonsten ist die Nutzung der Bibliothek entgegen den meisten Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland kostenfrei. Neben den Arbeitsräumen gibt es hier auch mehrere schallisolierte Probenräume und Tonstudios für Musiker, was wie wir erfahren haben in Finnland völlig normal zu sein scheint. Man möchte auch Menschen, die finanziell weniger gut aufgestellt sind, die Möglichkeit geben ihre Musik aufzunehmen. Auch Instrumente können hier geliehen werden.

Ein wichtiges, räumliches Gestaltungselement im ersten Obergeschoss ist die Stufenlandschaft. Hier sitzen die Nutzer, lesen, hören Musik oder laden einfach ihre mobilen Endgeräte auf. Vor einer bepflanzten, grünen Wand, einem sogenannten vertikalen Garten stehen Loungemöbel zum Relaxen oder Lernen zur Verfügung.

Im zweiten Obergeschoss eröffnet sich dem Nutzer dann das, was am ehesten unserem Bild einer Öffentlichen Bibliothek entspricht: der sogenannte Lesehimmel. Hier sind auf einer großen lichtdurchfluteten Fläche etwa 100.000 Medien aufgestellt. Das klingt im ersten Moment nach viel und vollgestellt, wirkt aber ganz und gar nicht so. Die an sich sehr strukturierte Medienaufstellung wird regelmäßig von Sitzgruppen oder Sesseln unterbrochen, die auf eigens für Oodi gefertigten Teppichen stehen. Es gibt Pflanzbehälter, in welchen kleine Bäume stehen, die zusätzlich zu den großen Glasflächen dafür sorgen, dass eine Verbindung von Drinnen und Draußen hergestellt wird.

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Der Lesehimmel lädt zum schmökern und zum Aufenthalt ein.

Die Decke des zweiten Obergeschosses ist so gestaltet, dass sie sich immer wieder wölbt. In den Spitzen der Wölbungen befinden sich weitere Öffnungen die Tageslicht in den Raum hineinlassen.

Vor der Glasfassade Richtung Park und dem finnischen Parlament, auf welches man von hier oben blickt, befindet sich ein weiteres Lesecafé. Die Nutzer können die Getränke hier zu sich nehmen, mit in die Bibliothek oder bei gutem Wetter nach draußen auf die großflächige Dachterrasse.

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Ausblick Richtung Park durch die gebogen gestaltete Glasfront.

An beiden Enden des Gebäudes erhebt sich das Obergeschoss. Linksseitig über eine Treppe und eine Rampe aus Parkettholz, wo die Nutzer lesen können, welche aber auch gerne zum Toben genutzt wird. Auf der anderen Seite befindet sich die Kinderbibliothek. Während des Zeitpunkts unseres Besuches wurde dieser von einer Gruppe aus etwa 25 Müttern mit ihren Babys genutzt, die sich fröhlich auf dem Boden herumrollten. An der Fensterfassade daneben standen auf den gekennzeichneten Parkplätzen nebeneinander aufgereiht die Kinderwägen. Mit Ausnahme eines Kinderwagens der etwas näher an der Gruppe an einer Säule geparkt wurde, die als Schlafplatz für Kinder in ihren Kinderwägen gekennzeichnet ist. Unter der Erhöhung im Kinderbereich, auf welchem Bilderbuchtröge auf den Stufen stehen und sich oben ein Spielbereich befindet, befindet sich ein weiterer Veranstaltungsraum.

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Kinderwagenparkplätze und „Kinderschlafplatz“

Die Akustik auf dieser Etage ist ganz erstaunlich. Trotz der vielen Menschen, die sich hier aufhalten, kommunizieren, lesen oder spielen, entsteht nicht der Eindruck von Lärm. Dies könnte aber, wie man uns berichtete auch daran liegen, dass die Finnen sich generell in der Öffentlichkeit leiser unterhalten, als es bei uns der Fall ist. Wobei Oodi bei den durchschnittlich 10.000 Besuchern am Tag durchaus nicht nur von Finnen genutzt wird. Ein großer Teil der Besucher sind tatsächlich Bibliothekstouristen, so wie wir.


Weitere Beiträge dieser Reihe:

Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Bibliotheken im Ausland – „School 7“ in Den Helder (Teil 2)

Bibliotheken im Ausland: Schiedam – die erste grüne Bibliothek der Niederlande (Teil 3)

Bibliotheken im Ausland – „Biblo Tøyen“ – für Erwachsene verboten (Teil 5)erwachseverboten-teil-5/

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Bibliotheken im Ausland: Schiedam – die erste grüne Bibliothek der Niederlande (Teil 3)

Wer sich einmal eine ganz anders aussehende Bibliothek in den Niederlanden ansehen möchte, sollte unbedingt nach Schiedam reisen. Die hier 2015 neu eröffnete Stadtbibliothek befindet sich in einer ehemaligen „Korenbeurs“ (Getreidebörse), also einer Markthalle. Das denkmalgeschützte Gebäude hat die Planer und Gestalter vor die eine oder andere Herausforderung gestellt, die meiner Meinung nach alle gut gemeistert wurden.

Neben dem monumentalen Bestandsgebäude ist das ausschlaggebende Kennzeichen der Bibliothek in Schiedam, dass es die erste grüne Bibliothek der Niederlande ist. Das bezieht sich natürlich auch auf den Aspekt der Nachhaltigkeit, aber nicht nur. Denn wenn man die Bibliothek betritt, ist dies das erste was man sieht und denkt: „Grün!“

Der Innenhof des Gebäudes wurde überdacht und dient nun in Form eines Atriums als Treffpunkt und Aufenthaltsort der Bibliothek. Neben einem großen Lesetisch und Nutzerarbeitsplätzen gibt es hier vor allem viele Pflanzen. Aber nicht die üblichen kleinen Drachenbäume wie man sie aus der einen oder anderen hiesigen Bibliothek kennt, sondern Bäume, die bis zu 6 Meter hoch sind. Vorwiegend Tamarinde, Ficus und Olivengewächse. Bewässert werden die Pflanzen über ein ausgeklügeltes System, das in den Pflanzgefäßen eingebaut wurde. Es muss also nicht jeden Abend jemand durch die Bibliothek wandern und händisch gießen. Für alle Nichtpflanzenkennern unter den Bibliotheksnutzern ist an jedem Strauch oder Baum ein Schild angebracht mit der Bezeichnung der Pflanze.

Zwischen den Tischen und Pflanzbehältern gibt es im Innenhof auch einen Bereich zum „Chillen“: Auf einer Art Liegewiese können zwei Personen entspannen und über Kopfhörer Musik hören. Die beiden Liegestühle sind zwar aus künstlichem Rasen, trotzdem ist es fast wie im Sommer auf der Wiese im Park.

Auch Zeitschriften zum Schmökern gibt es im Innenhof.  Nicht versteckt, aber gut integriert,  in einem oder besser gesagt unter einem Hochbeet.

Über dem direkt daneben liegenden Lesetisch hängt ein weiteres Highlight. Eine Leuchte aus vielen kleinen Genever-Gläsern. Schiedam ist für die Herstellung von Genever bekannt und somit ist dieses kleine, verspielte Detail eine schöne Widmung an die eigene Stadt.

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Schiedam ist für die Herstellung von Genever bekannt.

Insgesamt mutet der überdachte Innenhof wie ein wilder Garten an, in den man sich bei jedem Wetter zurückziehen kann und trotzdem das Gefühl hat, sich im Freien zu befinden.

In einem am Rande gelegenen, extern betriebenem Lesecafé können sich die Besucher mit Getränken und Speisen stärken, sodass es nicht schwer fällt, in der Bibliothek einen ganzen Tag zu verbringen. Den Hinweis „Essen verboten“  findet man hier nicht. Mit vielen Salaten sowie Sandwiches ist die Auswahl recht groß und ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, auch wirklich lecker.

Um das Atrium herum befindet sich unter dem Gewölbe ein Teil der Medienaufstellung. Dieser Bereich ist zum Innenhof hin offen gestaltet, sodass beide Bereiche zu einer Einheit werden.

Das Bestandsgebäude hat noch eine statische Besonderheit: Der Boden ist nicht ganz gerade – das Gebäude steht sozusagen minimal schief. Im Innenhof fällt einem das nicht so sehr auf. Jedoch spätestens, wenn man durch den Außenbereich schlendert. Dies stellte die für die Ausstattung zuständigen Architekten vor die Frage, ob sie die Regale an den Boden anpassen oder durch Unterbauten ausrichten und gerade aufstellen. Tatsächlich stehen nun auch die Regale leicht schief. Hätte man die Regale mit einer Wasserwaage ausgerichtet, wäre bei dem Nutzer der Eindruck entstanden, dass der Raum noch viel schiefer ist. Vielen Nutzern fällt deshalb der leicht abfallende Boden oft gar nicht auf.

Eine weitere Besonderheit sind die Bilderbuchtröge in der Kinderbücherei und die Präsentationsmöbel. Sie bestehen schlichtweg aus Papier. Dieses wird maschinell aufgewickelt und verklebt, sodass eine sehr stabile Kartonage entsteht. Quadratisch, jedoch mit abgerundeten Ecken, bilden sie in verschiedenen Höhen Buchtröge. Sie sind mit leuchtend orangenen Spanngurten zu kleinen Einheiten zusammengefügt oder können mit einem eigens dafür entworfenem Deckel zum Hocker umfunktioniert werden.

In das erste Obergeschoss gelangt man über eine dem Design der Regale angepasste, hölzerne Wendeltreppe oder aber barrierefrei über einen aufwändig in das Gebäude integrierten Aufzug. Hier oben sind die Regale aus eben jenen Kartonagen. Aufeinander gestapelt, durch Holzkästen ergänzt und mit Gurten befestigt, stehen hier freistehende Regale, die kostengünstig in der Herstellung und trotzdem äußerst stabil sind. Damit die Regale nicht von unten her aufweichen, wenn nass gewischt wird, stehen sie auf einer kleinen Unterkonstruktion aus Holzbalken.

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Freistehende Regale aus Karton

Im Obergeschoss des Gebäudes befinden sich neben der Medienaufstellung vor den Fenstern noch weitere Nutzerarbeitsplätze, von denen man einen tollen Blick auf den historischen Stadtkern hat. Zudem ist hier oben ein Veranstaltungs-/Seminarraum.

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Blick vom Obergeschoss ins grüne Atrium

Mein Gesamteindruck: Die Gestaltung der Stadtbibliothek in Schiedam ist alles andere als gewöhnlich. Der Mix aus historischem Gebäude, den vielen Pflanzen, dem hellen Holz der Einbauten und den Kartonregalen ist so spannend und doch so stimmig, dass die Bibliothek zu einem beliebten Treffpunkt für die Bürger von Schiedam geworden ist und auch ein sehenswertes Ausflugsziel für Bibliotheksinteressierte darstellt.


Weitere Beiträge dieser Reihe:

Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Bibliotheken im Ausland – „School 7“ in Den Helder (Teil 2)

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Bibliotheken im Ausland – „School 7“ in Den Helder (Teil 2)

Die 2016 eröffnete Stadtbibliothek in Den Helder „School 7“ befindet sich, wie der Name bereits zu erkennen gibt, in einem ehemaligen Schulgebäude, welches aufwendig saniert und umgebaut wurde. Ziel der Architekten war es dabei, möglichst viel der Grundsubstanz des Gebäudes zu erhalten und auch sichtbar zu machen. Um einen neuen Eingang zu schaffen, wurde um das alte Schulgebäude teilweise herumgebaut. So blickt man beim Betreten der Bibliothek auf die Fassade des Ursprungsgebäudes. In diesem wurden teilweise die Klassenräume erhalten und dienen nun als Arbeits- und Seminarräume.

Sogar die ehemaligen Toilettenkabinen wurden nicht abgerissen, sondern dienen nun unter anderem den Nutzern als kleine Arbeitskabinen, um sich dort z.B. mit dem eigenen mobilen Endgerät zurückzuziehen oder aber als kleine, kuschlige Vorlesekojen für Eltern und Kinder. Natürlich wurden neue moderne WC-Räume für die Nutzer im Erdgeschoss des Gebäudes eingebaut.

Das Schulgebäude im Kern der Bibliothek beherbergt generell Räumlichkeiten, die zum Aufenthalt einladen. Neben  Arbeitsbereichen gibt es hier ein wirklich schönes Lesecafé, in welchem den Bibliotheksnutzern Getränke und kleine Speisen angeboten werden. In bequemen Polster-Sitzgruppen und Einzelsesseln kann entspannt relaxt werden oder aber man nimmt mit einer Zeitschrift zum Schmökern am großen Lesetisch Platz.

Im Dachgeschoss des Gebäudes befindet sich neben einem Seminarraum und den Mitarbeiterbüros ein ganz besonderes Schmuckstück: ein Theater-/Kinosaal. Durch den Blick von unten in das freigelegte Giebeldach, erhält dieser Raum trotz moderner technischer Ausstattung eine ganz besondere Atmosphäre. Wir haben während unserer Besichtigungstour hier einen Film angesehen, sodass ich aus eigener Erfahrung berichten kann, dass auch die Akustik in diesem Raum wirklich toll ist. Die hellen Sitze des Saals bilden einen schönen Kontrast zum erhaltenen Holzgebälk.

Das Herz der Bibliothek bildet die große Holztreppe, welche aus dem Erdgeschoss hoch ins erste Obergeschoss und direkt ins Lesecafé führt. Sie dient nicht nur als offener Erschließungsweg, sondern auch als Lesetreppe und als Sitzpodest bei Veranstaltungen. In den Seitenwänden, von der Treppe aus zugänglich, werden Medien präsentiert. Die einzigen Medien im Gebäude, die nicht barrierefrei zugänglich sind. Hier hilft dann bei Bedarf ein Mitarbeiter weiter, falls man ein Medium aus dieser Aufstellung benötigt und aufgrund einer Einschränkung selbst nicht dorthin gelangt.

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Eindrucksvolle Holztreppe im Kern der School 7.

In den Außenbereichen, um den alten Schulgebäudekern herum, befindet sich größtenteils die Medienaufstellung. Im Erdgeschoss werden im Eingangsbereich der Bibliothek Bücher auf ausladenden, würfelförmigen Präsentationsmöbeln angeboten. Höhere Möbel/Regale sind so gestaltet, dass Sie durch fensterförmig angelegte Aussparungen den „Durchblick“ ermöglichen. Hierdurch wird eine offene Raumwirkung unterstützt.

Linksseitig der Theke, auf welche man direkt beim Eintreten in das Gebäude zuläuft, eröffnet sich ein Bereich, in welchem die Nutzer an fest installierten Computern, mit mobilen Endgeräten oder aber einfach einem Buch arbeiten können. Diese Einzelarbeitsplätze sind durch filzbespannte Wände voneinander getrennt, welche sowohl zum Sicht- als auch zum Lärmschutz dienen.

Im hinteren Teil des Erdgeschosses und damit wieder im ehemaligen Schulgebäude finden sich Veranstaltungs- und Arbeitsräume. Betritt man diese, erfährt man sofort den Eindruck eines Klassenzimmers. Zwar wurden die Räume mit modernen Designertischen und Stühlen ausgestattet und im Frontbereich durch ein modernes Whiteboard ergänzt, jedoch finden sich an den Seitenwänden auch noch ursprüngliche, natürlich aufgearbeitete, Tafelanlagen wie man sie aus der Zeit kennt, in der man noch selbst die Schulbank drücken musste.

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Seminarraum im Stil eines Klassenzimmers

Im ersten Obergeschoss befinden sich angrenzend an das Lesecafé im „Neubau“ die Bereiche der Belletristik, Sachliteratur und die Kinderbibliothek. Die Regale sind hier entweder in der Raummitte oder auch an den Wänden sehr strukturiert aufgestellt und schaffen in den Zwischenzonen immer wieder Plätze, die zum Aufhalten einladen. Sei es in Form einer Sofa- oder Sesselgruppe, eines großen Arbeitstisches oder Einzelarbeitsplätzen an den Fenstern, welche den Blick nach Außen ermöglichen. Im Bereich der Belletristik hat es mir eine Sesselgruppe besonders angetan, die sich vor einem Fenster befindet, von welchem aus man direkt auf den benachbarten Hafen blickt.

Neben den liebevoll ausgewählten, unterschiedlichen Sitzmöbeln zeichnen sich die Aufenthaltsflächen dadurch aus, dass sie häufig durch Teppiche ergänzt werden, auf denen Fotografien abgedruckt sind, welche in geschichtlichem Zusammenhang mit der Schule oder der Kommune stehen. Auch wenn ich ansonsten kein großer Freund von dekorativen Teppichen in Öffentlichen Bibliotheken bin, da diese auch Stolperfallen darstellen, gefällt mir diese individuelle Art der Gestaltung sehr gut.

Bei der Gestaltung der Bibliothek wurde neben dem größtmöglichen Erhalt der ehemaligen Schule viel Wert auf die Verwendung „realer“ Materialien gelegt. So schaut man, je nachdem, wo man sich im Gebäude befindet, auf unverputzte Backsteinwände oder lasierte Dachziegel. Wie im skandinavischen Design nicht unüblich, wird in der Raum- sowie in der Möbelgestaltung viel Massivholz verwendet, was der Bibliothek einen gemütlichen, warmen Charakter verleiht. Daneben ergänzen Sitzmöbel, die mit verschiedenfarbigen Textilien oder Leder bezogen sind, das haptische Erlebnis der Nutzer.

Wenn ich mir meine Ausführungen so im Nachhinein noch einmal durchlese, liest es sich fast wie ein Liebesbrief an die meiner Meinung nach vollkommen zu Recht zur Bibliothek des Jahres 2018 ernannten „School 7“. Neben den Räumlichkeiten der Bibliothek gibt es dafür natürlich noch einige andere nennenswerte Punkte, aber Sie werden es mir nachsehen, dass ich mich aufgrund meines beruflichen Hintergrundes zunächst einmal hierauf beschränke. Und wenn Sie mehr Informationen haben möchten,  ist das Bibliotheksteams in Den Helder sehr offen und nett und die Stadt auf jeden Fall einen Besuch wert!


Weitere Beiträge dieser Reihe:

Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

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Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Anfang 2019 hatte ich die Möglichkeit, auf einer durch die Fachstelle für das Öffentliche Bibliothekswesen in Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Goethe-Institut organisierten Besichtigungstour, einige Bibliotheken in den Niederlanden anzusehen. Auch wenn es sich hierbei um unser Nachbarland handelt, sind für mich dabei einige Unterschiede zu unseren Öffentlichen Bibliotheken sichtbar geworden.

Und um bei den Niederländern zu bleiben, zumindest im entferntesten Sinne, konnte sich Frau Büning im vergangenen Jahr auf einer Reise nach Oslo dort die vom niederländischen Architekten und Creative Guide Aat Vos gestaltete Kinderbibliothek „Biblo Toyen“ anschauen, deren Zugang für Erwachsene normalerweise streng verboten ist.

Doch damit nicht genug. Im Dezember 2018 wurde die von der IFLA im Jahr 2019 zur besten Bibliothek der Welt gewählte Zweigstelle „Oodi“ in Helsinki eröffnet. Was für mich und Frau Büning Anlass war, nach Helsinki zu reisen und uns auch drei finnische Bibliotheken einmal näher anzuschauen.

Unsere Eindrücke der besichtigten Bibliotheken möchten wir natürlich nicht für uns behalten und sie gerne auf dieser Plattform mit Ihnen teilen. In den kommenden Wochen werden Sie also an dieser Stelle Blogbeiträge zu lesen bekommen, in denen wir versuchen zu vermitteln, wie die gesehenen Bibliotheken im Ausland arbeiten und (besonders aus meiner Sicht beschrieben) räumlich gestaltet werden.

Zu Beginn ist es vielleicht gut, kurz zu beschreiben, wie sich wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu unseren Öffentlichen Bibliotheken  darstellen.

Die Ziele, die Öffentliche Bibliotheken verfolgen, sind in der Regel die gleichen. Man möchte das Lesen fördern, schon von klein auf. Informationen sollen möglichst uneingeschränkt zur Verfügung stehen und Öffentliche Bibliotheken sollen ein Aufenthaltsort in der Kommune sein.

 

Den niederländischen Bibliotheken steht hierfür im Gegensatz zu den meisten unserer Öffentlichen Bibliotheken mehr Geld zur Verfügung. Zum einen durch die Kommunen, zum anderen sind die Bibliotheksgebühren für die Nutzer im Vergleich zu deutschen Bibliotheken verhältnismäßig hoch. In der OBA (Openbare Bibliotheek Amsterdam) z.B. können die Nutzer zwischen verschiedenen Tarifen wählen. Für 33 Euro/ Jahr können die Nutzer nur eine begrenzte Medienanzahl von 50 Medien im Jahr ausleihen und nicht mehr als 10 pro Bibliotheksbesuch. Im „OBA Total“ Tarif (für 43 Euro/ Jahr) hingegen ist die Medienanzahl für die Ausleihe zwar pro Besuch auf 10 ME begrenzt, jedoch für das gesamte Jahr nicht limitiert. Kinder und Jugendliche leihen, wie auch in den meisten unserer Bibliotheken kostenfrei aus.

In den finnischen Bibliotheken stellt es sich noch einmal ganz anders dar. Hier zahlen die Nutzer, egal welcher Altersklasse sie angehören, keine Nutzergebühren für die Öffentliche Bibliothek. Die Gebühren sind sozusagen bereits mit den Steuern beglichen. Man muss sich lediglich anmelden, um Medien ausleihen zu können. Dafür sind einige Sonderleistungen, wie das Buchen bestimmter Räume eventuell mit Kosten verbunden.

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Diese Lernküche in Oodi in Helsinki kann kostenpflichtig gebucht werden.

Das Bibliothekspersonal war in allen von uns besichtigten Bibliotheken auf der Fläche gut erkennbar, da es entweder einheitliche Oberteile trug oder eine  Art Uniform. Das Thema der Berufskleidung wird bei uns zulande ja mitunter sehr kritisch betrachtet. Auf Nachfrage, wie die Mitarbeiter das Thema der Berufskleidung  sehen, wurde uns in der OBA erklärt, dass diese absolut kein Problem damit haben. Es wird den Mitarbeitern nur eingeschränkt vorgeschrieben, was Sie zu tragen haben. Jeder kann seinem Kleidungsstil gerecht auswählen, ob er lieber ein T-Shirt tragen möchte oder doch lieber ein Poloshirt, eine Bluse, ein Hemd, ein Jackett oder eine Strickjacke. Es gibt eine große Auswahl an Kleidungsstücken, die mit dem Logo der Bibliothek versehen sind.

Und die Nutzer freuen sich über den Service, denn so ist gerade in einem großen Haus wie der OBA, wo das Personal sich viel auf der Publikumsfläche bewegt und nicht nur hinter einer Servicetheke zu finden ist, ein Ansprechpartner leicht zu erkennen.

Was das Thema der Aufenthaltsqualität  angeht, so lässt sich feststellen, dass viele der niederländischen Bibliotheken ein extern betriebenes Lesecafé in Ihren Räumlichkeiten haben. Also nicht nur den bei uns häufig gesehenen Kaffeeautomaten, sondern eine Theke an der Getränke und auch Speisen während der Öffnungszeiten verkauft werden. Die Sitzplätze in diesem Bereich werden gerne angenommen, da auch hier, anders als in außenliegenden Cafés, kein Konsumzwang herrscht. Ein Nebeneffekt: Es riecht herrlich nach Kaffee, was für eine gemütliche Atmosphäre sorgt.

 

In Finnland haben wir dann noch einen komplett anderen Typ  Bibliothek kennengelernt. Die Iso Omena Library in Espoo liegt in einem Einkaufszentrum. Einkaufszentren gibt es in Finnland viele und sie erfüllen hier vielmehr den Zweck eines kommunalen Treffpunktes, als sie es bei uns tun, was mitunter den finnischen Wetterverhältnissen geschuldet ist. Das vierte Obergeschoss dieses Einkaufszentrums in Espoo wird zum Großteil durch die Bibliothek bespielt. Sie bildet hier das Zentrum des Iso Omena Service Center. Darum herum liegen Einrichtungen für die Bürger, wie eine Klinik für werdende Mütter und Kinder, diverse andere Gesundheitseinrichtungen, ein Jugendzentrum oder ein Service-Center für Neubürger in Finnland.  Es können Meeting-Räume angemietet und für berufliche Termine genutzt werden und es gibt ein Aufnahmestudio für Musiker. Zwischen all diesen Randbereichen, befinden sich im Kern die klassische Medienaufstellung, Aufenthaltsbereiche, die als Wartezonen genutzt werden können und Nutzerarbeitsplätze. Hier fungiert die Bibliothek als Kommunales Bürger- und Kommunikationscenter.

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Übersichtplan des Iso Omena Service Center in Espoo.

Sie sehen, es gibt neben vielen Ähnlichkeiten auch diverse Unterschiede. Diese alle im Detail zu benennen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. In den kommenden Wochen werden wir Ihnen aber vier Bibliotheken noch einmal etwas genauer vorstellen. Und ich kann jedem, dem sich die Möglichkeit bietet nur empfehlen, sich Bibliotheken in den Niederlanden, Finnland oder auch Norwegen einmal vor Ort anzusehen und sich selbst einen Eindruck zu machen.

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Barrierefreie Bibliothek – Barrierefreie und inklusive Öffentlichkeitsarbeit (Teil 3)

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag:

Evaa Rantamo ist Kulturwissenschaftlerin und arbeitet seit 15 Jahren in den Bereichen Inklusion und Zugänglichkeit von Kultur, Bildung und Tourismus. Als Projektkoordinatorin, Referentin, Dozentin und Beraterin unterstützt Sie mit Ihrem Büro, Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit bei verschiedenen Fragen und Belangen zum Thema der Barrierefreiheit…

Nachdem an dieser Stelle bereits zwei sehr fundierte Beiträge zum Thema Barrierefreiheit in Bibliotheken erschienen sind, freue ich mich sehr, diese kleine Serie fortsetzen zu dürfen.

Die hier bereits beschriebenen Regelungen und Vorschläge zu den baulichen und technischen Aspekten von Barrierefreiheit und Inklusion sind äußerst wichtige Voraussetzungen zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und werden dem entsprechend in vielen Fällen auch vom Gesetzgeber gefordert.

Ich möchte hier jedoch auf die eher „weichen“ Faktoren von Barrierefreiheit und Inklusion eingehen, die ich für umso bedeutsamer halte, als diese Faktoren nicht unbedingt den Einsatz von (viel) Geld erfordern, andererseits aber manche Schwäche oder Unzulänglichkeit der Gebäude oder Ausstattungen zu lindern vermögen. Dazu werde ich im Folgenden den Begriff „Inklusion“ verwenden, der in vielerlei Hinsicht nicht nur eine gedankliche Erweiterung des Begriffes Barrierefreiheit darstellt, sondern auch deutlich machen soll, dass praktisch alle hier vorgestellten Ideen und Ansätze grundsätzlich allen Nutzer*innen einer Bibliothek zu Gute kommen.

Denn gerade dieser Aspekt scheint mir oft etwas vernachlässigt zu werden: das persönliche Engagement und die viele Mühe dienen ja nicht nur dazu, den Nöten einiger weniger zu entsprechen, sondern das Nachdenken über Inklusion und die aktive Auseinandersetzung mit besonderen Besucher*innen und ihren Bedürfnissen ist gleichzeitig auch ein Laboratorium für die Weiterentwicklung aller Angebote und Möglichkeiten einer Bibliothek.

Die wichtigste Rolle im täglichen Betrieb fällt hier selbstverständlich den Mitarbeiterinnen zu. Von ihren Haltungen, Kenntnissen und Fähigkeiten hängt das Gelingen von Inklusion am stärksten ab. Wie können sie Menschen mit Behinderungen gegenüber treten? Wie bieten sie sinnvoll Hilfe an? Wie informieren sie Nutzerinnen, die nicht durch Sprechen kommunizieren können oder nur über wenige Deutschkenntnisse verfügen? Hier können vor allem unterschiedliche Fortbildungen die Mitarbeiterinnen im Umgang mit Kundinnen unterstützen und Hilfsmittel zur Kommunikation zur Verfügung stellen.

Doch damit dies wirksam werden kann, muss eine Vorentscheidung schon gefallen sein: der Gast hat sich schon zum Besuch der Bibliothek entschlossen und er hat die Bibliothek bereits aufgesucht.
Auf welcher Grundlage geschah das? Je mehr Barrieren einem Besuch entgegenstehen, desto weniger wird sich eine Besucherin auf ihr Glück verlassen wollen. In dieser Situation nehmen die Informationen, die über die Bibliothek öffentlich verfügbar und zugänglich sind, eine zentrale Bedeutung ein.

Auf welche Weise informiert eine Bibliothek über ihre Angebote? Wie kann sie Menschen erreichen, denen die klassischen Informationswege nicht zur Verfügung stehen? Auch hier ergibt sich eine Fülle von niedrigschwelligen Möglichkeiten, den inklusiven Charakter der Bibliotheksarbeit zu stärken.

Eine inklusive Öffentlichkeitsarbeit hat also zwei wesentliche Elemente: das eine ist die umfassende, praktische und immer aktuelle Information über die Barrierefreiheit, die im Haus (Einrichtungen, Angebote, Veranstaltungen) und seiner Umgebung (Anfahrtswege, Eingangsbereich, Parkmöglichkeiten) geboten wird. Dazu gehören selbstverständlich auch möglichst tagesaktuelle Hinweise auf eventuelle Einschränkungen oder vorübergehende Probleme, wie z.B. durch Reparaturen, Bauarbeiten oder ähnliches.

Das andere ist die Zugänglichkeit dieser öffentlichen Informationen selbst, seien es schriftliche Werbung, andere Materialien, die digitale Kommunikation in den Sozialen Medien oder die Web-Seite. Hier gibt es eine Reihe von bedenkenswerten Gesichtspunkten, von denen einige im Folgenden genannt sein sollen.

  • Planen Sie Ihre Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit von Anfang an möglichst zugänglich. Achten Sie auf die Entwicklungsfähigkeit aller Lösungen – Sie werden immer wieder Dinge ergänzen oder verändern wollen und müssen.
  • Bemühen Sie sich, mit Expertinnen und den Adressatinnen ihrer Öffentlichkeitsarbeit ins Gespräch zu kommen um möglichst sorgfältig planen zu können. Setzen Sie sich nicht unnötig unter Zeitdruck – Schnellschüsse gehen häufig daneben.
  • Das Ziel der Inklusion trägt den Widerspruch in sich, einerseits niemanden von etwas auszuschließen, andererseits aber bestimmte Gruppen auf spezielle (und damit auch exklusive) Art ansprechen zu müssen. Auch wenn das eigentliche Ziel selbstverständlich in dem allgemein inklusiven Zugang zu Wissen und Kultur in der Bibliothek liegt und nicht vorrangig in den Wegen der Informationsverbreitung, so bleibt dieser Konflikt doch bestehen. Setzen Sie sich für Ihre Arbeit also möglichst klare Ziele, welche Gruppen Sie auf welchem Wege erreichen wollen. Entwickeln Sie Pläne für die nahe und die weitere Zukunft. Inklusion ist kein Zustand, sondern ein Weg.
  • Für alle Adressatinnen gilt eine Regel: Ihre Informationen sollen leicht verständlich sein. Das gilt sowohl für die Texte als auch für die grafische Gestaltung in allen Medien. So erreichen Sie ein breites Spektrum von Leserinnen, die aus verschiedensten Gründen über unterschiedliche Lesefähigkeiten, Sehfähigkeiten, etc. verfügen.
    Es existieren unterschiedliche Regeln für eine leicht verständliche Schrift- und Grafikgestaltung, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile haben. In jedem Fall sollte aber auf ein anspruchsvolles und ansprechendes Design geachtet werden.
  • Sprachliche Alternativen sind immer eine Hilfe. Vermutlich sprechen einige Ihrer Mitarbeiter*innen verschiedene Sprachen. Nutzen Sie diese Stärke! Könnte ein fremdsprachiger Gast leicht erkennen, wer ihm helfen könnte?
    Darüber hinaus wäre es sinnvoll, durch Fortbildungen auch andere Sprachformen wie leichte oder einfache Sprache oder die Gebärdensprache anbieten zu können. Wichtige Informationen zum Betrieb und zur Nutzung sollten nach Bedarf auch in anderen Sprachen vorliegen.
  • Die Webseite ist vermutlich die wichtigste Plattform der Informationsvermittlung. Sie soll visuell klar und leicht verständlich sein. Die technische Barrierefreiheit wird mittlerweile durch internationale Richtlinien und Standards für barrierefreie Webinhalte wie WCAG oder BITV 2.0 gewährleistet. Bei der Gestaltung sollten Sie möglichst frühzeitig verschiedene Nutzergruppen beteiligen um die praktische Nutzbarkeit sicher zu stellen und teure Fehlinvestitionen zu vermeiden.

Die permanente Zusammenarbeit mit den Nutzer*innen ist ein tragendes Element aller Anstrengungen. Genau so wie jede andere Einrichtung, wie jedes private Unternehmen, die oder das sich an die Öffentlichkeit richtet, ist es für eine Bibliothek wichtig, ihre Gäste zu kennen und sich um ein regelmäßiges Feedback zu bemühen.
Auf Gruppen, die man gewinnen möchte, sollte man aktiv mit Gesprächsangeboten und Einladungen zugehen. Im Zentrum dieser Angebote und Einladungen sollte das ehrliche Interesse stehen, diese Menschen kennen zu lernen, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu verstehen und mit ihnen einen neuen Weg der Zusammenarbeit zu suchen. Dabei kommt eine der schönsten Seiten der inklusiven Arbeit zum Vorschein: sie beanspruchen Ihre Kreativität und entdecken neue Lösungen und Kommunikationswege.

Mein Büro, Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit, leistet in diesem Bereich Hilfe. In unseren Schulungen vermitteln wir Grundwissen und fachliche Kenntnisse, informieren über aktuelle Entwicklungen und Diskussionen im In- und Ausland und entwickeln gemeinsam mit Ihnen Lösungsansätze und Strategien für Ihre Arbeit.
Wir führen Zugänglichkeitsanalysen für Kultureinrichtungen durch und erstellen mit den Ihnen maßgeschneiderte Inklusionskonzepte.

Eeva Rantamo
Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit
Innere Kanalst. 61
50823 Köln
info@inklusive-kulturarbeit.eu
www.inklusive-kulturarbeit.eu
Facebook: Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit
Twitter: InklKultur

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Public 2018!

Vom 9.-10. Februar fanden in diesem Jahr, wie auch bereits schon im letzten Jahr in der Münchner Stadtbibliothek am Gasteig Debatten über Bibliotheken und urbane Öffentlichkeit statt, kurz die „Public!“. Referenten aus der gesamten Bundesrepublik und sogar aus Belgien (vertreten durch einen Kollegen aus den Niederlanden) und Finnland beschäftigen sich mit Fragen um Erwartungen an Wissens- und Kultureinrichtungen. Wie können; und gehen wir sogar soweit und sagen wie MÜSSEN  entsprechende Räume oder Orte gestaltet werden und wie können sich die Bürger einer Kommune an dieser Gestaltung beteiligen? Und das alles in einer sich stetig wandelnden Gesellschaft, wie uns ein Vortrag zur Zukunftsschau München 2040+ des Fraunhofer-Instituts  noch einmal verdeutlichte.

Im Vortrag zur Collaborative City erklärte uns zum Sonja Beeck anhand von Beispielen, wie wichtig doch ein fließender Übergang  des öffentlichen Stadtraumes in die Einrichtungen ist. Das Erdgeschoss spielt dabei in den meisten Fällen eine wichtige Rolle. Bereits Giovanni Battista Nolli stellte in seinem Plan von Rom (1748) die Verbindung von öffentlichen Plätzen zu nicht öffentlichen Bereichen und Gebäuden dar. Bewundernswert dabei ist, dass er hierbei bereits Bereiche innerhalb von Gebäuden wie Kirchen oder Markthallen als öffentlichen Raum kennzeichnete. Unsere Bibliotheken zum Beispiel würden sich heute auch als öffentlichen Orte darstellen lassen. Ob sie hierbei mehr als öffentliches Wohnzimmer oder doch eher als Straße fungieren, lässt und ließ sich diskutieren.

Wie sich die Bürger und Bürgerinnen einer Stadt an der Gestaltung ihrer Kultur-, Wissens- und Bildungseinrichtungen beteiligen können, brachte uns unter anderem ein Beitrag über die neue Helsinki Central Library, welche im Dezember 2018 eröffnet werden soll, nahe. Hier ging es vor allem darum, mit den Nutzern und nicht nur für die Nutzer zu planen. Darum wurde eine Gruppe von 28 Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und verschiedenen Alters, welche zuvor über eine Marketing-Kampagne ermittelt wurden, aktiv am Planungsprozess beteiligt. Dies soll dazu führen, dass sich die Bibliothek letzten Endes sowohl in Angeboten, als auch in den Räumlichkeiten mit der Kommune identifizieren kann.

Genauso nur möglich mit der Beteiligung des Bürgervereines, war die Umsetzung des Lesezeichen Salbke. Ein öffentliches Bauwerk im Magdeburger Stadtteil Salbke, welches als Freilichtbibliothek, öffentlicher Bücherschrank und Veranstaltungsfläche geplant wurde. Zunächst als 1:1 Modell aus Getränkekisten und später architektonisch, baulich umgesetzt entstand das Lesezeichen auf einem Stück Brachland in dem wenig attraktiven Stadtteil als Projekt zur Gestaltung urbaner Freiräume.

Am zweiten Veranstaltungstag wurde dann die Stadtbibliothek de Krook in Gent vorgestellt. In der belgischen Bibliothek wurde neben dem Schlagwort Partizipation, viel Wert auf Flexibilität gelegt, um auf den konstanten Wandel in der Gesellschaft reagieren zu können. Auf Wunsch der Nutzer steht, entgegen einiger anderer aktueller Bibliothekskonzepte, immer noch die Mediensammlung im Mittelpunkt der Bibliothek, welche sich als Ort versteht, der den Leuten hilft, die Welt zu verstehen.

Spannend war auch die Vorstellung der Bibliotheken des Goethe-Institutes in Südafrika, welche teils in Gebieten gebaut werden, in welchen Strom- und Internetversorgung  auch im Zeitalter der Digitalisierung eher unzuverlässig sind. Hier müssen besonders kleinere Bibliotheken, wie die des Goethe-Instituts sich intentional auf die Bedürfnisse der Nutzer vor Ort einlassen.

Es ging auf der Public! 2018 allerdings nicht nur um Bibliotheken, sondern auch um andere Kultureinrichtungen, wie das PACT Zollverein, ein choreographisches Zentrum auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen und um Museen.

Welche Rolle spielen all diese Einrichtungen in der Zukunft? Welche Attribute müssen sie mitbringen außer z.B. digital, co-created, gegenwartsorientiert oder Teil des Stadtraumes? Und können wir überhaupt über die eine Zukunft reden oder müssen wir vielmehr mit „Zukünften“ planen? Viele Fragen sind entstanden.

Das Schöne am Format der Public! ist, dass man sich als Teilnehmer und Nicht-Referent aktiv an den Diskussionen beteiligen kann. Frauke Burgdorff, die uns als Moderatorin mit ihrer eigenen Begeisterung für die Themen fließend durch die Veranstaltung führte, brachte sich nach jedem Vortrag selbst mit Fragen ein und regte auch alle anderen an, nach vorne zu kommen und mit den Referenten ins Gespräch zu treten.

Einige Fragen konnten beantwortet werden, andere stehen noch heute offen im Raum. Was gut ist, denn die Debatten müssen weiter geführt werden, und so hoffe ich, dass im nächsten Jahr eine Public! 2019 stattfinden wird.

Eine Sache, die ich von der Public! 2018 mitgenommen habe, möchte ich zum Schluss noch mit Ihnen teilen: „Bibliotheken ist ein Verb!- Wir bibliotheken.“

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Wie bekomm ich Hygge in die Bibliothek?

Um die oben gestellte Frage zu beantworten, sollte ich für diejenigen von Ihnen, die ihn nicht kennen, den Begriff Hygge erklären.

Hygge beschreibt die dänische Glücksphilosophie, welche die Nation 2016 auf Platz 1 des World Happiness Report brachte und bedeutet so viel wie Gemütlichkeit. Es geht bei Hygge nicht um Gegenständlichkeiten und Dinge, sondern vielmehr um Atmosphäre und Erleben. Beides Dinge, die derzeit besonders wichtig sind für Öffentliche Bibliotheken. Ganz egal, ob man den Ort nutzt, um Zeit mit lieben Menschen zu verbringen oder sich alleine mit einem guten Buch in einen Sessel zu kuscheln. Hygge hat viele Seiten! Wollen wir nicht auch ein bisschen glücklicher sein, so wie die Menschen aus dem Norden? Und können wir dieses Lebensgefühl in unsere Bibliotheken holen und diese hyggelig machen?

Es gibt einige wichtige Aspekte bei Hygge, die man meiner Meinung in den Räumlichkeiten einer Bibliothek umsetzen kann.

Punkt 1: Licht

Maik Wiking beschreibt in seinem Buch „Hygge- eine Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“, dass die einfachste Art und Weise Hygge zu erzeugen sei, eine Kerze anzuzünden. Aber nicht nur Kerzen, welche sich schwer für öffentliche Einrichtungen eignen, sondern auch künstliches Licht, sorgen für eine hyggelige Atmosphäre. Wichtig dabei ist die Lichttemperatur, welche nicht zu hoch sein darf. Unter grellen Neonröhren ist es nicht besonders gemütlich. Natürlich muss in einer Bibliothek für eine ausreichende Beleuchtung gesorgt werden. Aber in Bereichen, welche zum Klönen einladen sollen, oder dort, wo sich der Nutzer einfach gemütlich in einem Ohrensessel zurücklehnt, darf es gerne etwas gedämpfter und wärmer sein. Auch die Gestaltung der Leuchten ist entscheidend. Die Dänen haben einen Faible für Designerlampen. Diese werden strategisch eingesetzt, um kleine Lichtinseln zu schaffen.

Punkt 2: Hyggekrog

 

Hyggekrog

Ein kuscheliger Platz in der Raumecke kann wunderbar als Hyggekrog dienen.

Hyggekrog bezeichnet eine besonders gemütliche Ecke, in die man sich gerne zurückzieht und sich dort aufhält: Eine gepolsterte Fensterbank mit Kissen und Decke, ein gemütlicher Sessel mit einem Beistelltischchen mit dem Blick nach draußen… Hauptsache hyggelig.

Punkt 3: Gemeinschaft

Natürlich kann man auch alleine Hygge erleben, aber nicht umsonst verbringen 60 % der Europäer mindestens einen Abend pro Woche mit Familie, Freunden oder auch Kollegen. Bei den hyggenden Dänen sind es sogar 78 %. Wir sind soziale Wesen und menschliche Beziehungen sind ein Schlüsselelement zu unserem Glück. Schaffen wir also Orte, an denen man eine schöne Zeit mit anderen verbringen und schöne Dinge erleben kann.

Punkt 4: Nähe zur Natur

Kinderbibliothek Stadtbibliothek Hanau

Auf/in diesen Vogelnestern, können die Kinder in der Stadtbibliothek Hanau lesen.

Wir lieben die Natur und die Nähe zu ihr wirkt entspannend auf uns. Einfachheit, Langsamkeit und Rustikalität entschleunigen abseits vom urbanen Alltag. Wie also bringen wir die Natur in die Bibliothek? Gegenstände und Möbel aus Holz geben uns das Gefühl der Natur näher zu sein. Auch Felle und alles was aus dem Wald kommt, wie Zweige, Wurzeln und Blätter erschaffen eine entsprechende Atmosphäre. Vielleicht können wir Formen und Farben dieser Elemente ja an der einen oder anderen Stelle in den Räumen aufgreifen.

Punkt 5: Bücher

Laut Maik Wiking gehört eine Pause mit einem guten Buch definitiv zur Vorstellung von Hygge. Welches Buch spielt dabei keine Rolle, je nach Geschmack. Und Bücher finden wir in unseren Bibliotheken ja wohl zu genüge. Also ab mit dem Lieblingsbuch in die Hyggekrog.

Punkt 6: Essen und Trinken (Heiße Getränke, Kuchen und Teilchen)

Kaffee und Kuchen

Bei einem leckeren Heißgetränk und einem schönen Stück Kuchen können wir entspannen. Nur keine Flecken in die Medien machen …. 🙂

Kuchen und süßes Gebäck machen uns glücklich. Die Mischung aus Zucker und Fetten kurbelt die Insulinproduktion an, was dazu führt, dass das Glückhormon Serotonin produziert wird. Dieser Botenstoff vermittelt uns Glückgefühle, Zufriedenheit und Entspannung, was dabei hilft ein Stück Stress aus unserem Alltag zu nehmen. Alles in Maßen natürlich. Ebenso entspannen wir uns bei einer schöner Tasse Kaffee, Tee oder heißer Schokolade. Heiße Getränke vermitteln uns ein tröstliches, wohliges Gefühl.

Ein Lesecafé in dem man sich gemütlich in einem schönen Sessel mit einer Tasse Kaffee und einem Stückchen Kuchen zurücklehnen kann, dabei in einer Zeitschrift blätternd oder in ein nettes Gespräch vertieft kann also ein richtig hyggeliger Ort in einer Bibliothek sein.

Natürlich gehören noch weitere Punkte bei Hygge dazu. Viele Elemente sind gut dafür geeignet Hygge in die Bibliothek zu bringen. Dass das Thema Hygge in den Medien verbreitet wurde mag zwar schon ein bis zwei Jahre zurück liegen, aber fragen Sie doch mal einen Dänen, ob Hygge jemals „out“ sein kann. Ein bisschen mehr Gemütlichkeit und Glücklichsein können wir doch alle gut gebrauchen, immer! Und wenn wir über Orte sprechen, die Hygge für Jeden bieten, warum sprechen wir dann nicht einfach auch über Bibliotheken?

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Barrierefreie Bibliothek –Räumlichkeiten für Alle (Teil 2)

Dass zu einer barrierefreien Bibliothek mehr gehört, als die Zugänglichkeit verschiedener Geschosse mit Hilfe eines Fahrstuhls, ist Ihnen Allen spätestens seit meinem letzten Beitrag zu diesem Thema sicherlich klar geworden. Und natürlich sind neben dem Zugang zu einem barrierefreien Raum auch entsprechende Angebote, Medien und Veranstaltungen wichtig. Doch um diese nutzen zu können muss ich nun einmal zunächst in die Räumlichkeiten gelangen. Daher möchte ich Ihnen noch ein bisschen detaillierter näher bringen, was alles dazu gehört eine Bibliothek (und natürlich auch andere öffentliche Einrichtungen) physisch barrierefrei zu gestalten.

Der Gebäudeeingang: Zugang für alle

Starten wir zunächst einmal vor dem Gebäude: Ist der Zugang zu Ihrer Bibliothek leicht auffindbar, z.B. durch eine kontrastreiche Gestaltung der Eingangstür und eine ausreichende Beleuchtung? Ist der Eingang ebenerdig gelegen oder über eine Rampe mit dem öffentlichen Raum davor verbunden? Der Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung muss für alle Menschen gleichermaßen nutzbar sein. Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bedeutet das, dass die Zugangswege einer Mindestbreite von 1,50 m entsprechen müssen. Treppenstufen und Schwellen sind zu vermeiden. Türen öffnen sich automatisch oder benötigen zumindest einen geringen Kraftaufwand bei der Benutzung. Türöffnungen sind mindestens 90 cm breit. Um Menschen mit Seheinschränkungen den Zugang zu erleichtern, werden taktile Bodenleitsysteme verwendet, welche durch Aufmerksamkeitsfelder Eingänge „sichtbar“ machen. Auch akustische Systeme können unterstützen, indem Sie z.B. darauf aufmerksam machen, dass eine Tür gerade geöffnet ist.

Info-Theke: Nah am Eingang und taktil erreichbar

Wenn der Besucher es denn dann ins Gebäude geschafft hat, stellen sich hier die nächsten Fragen, wie eine Nutzung für jedermann möglichst einfach gestaltet werden kann. Die Informationstheke sollte nah dem Eingang zu finden sein. Auch hierhin sollte ein taktiles Bodenleitsystem führen. Mindestens ein Beratungsplatz an der Theke sollte so gestaltet sein, dass er unterfahrbar ist. Hierfür muss eine lichte Höhe von 67 cm und eine Tiefe von mindestens 30 cm gegeben sein. Die Bewegungsfläche vor der Theke muss so groß sein, dass ein Rollstuhlfahrer dort problemlos rangieren kann.

Leitsystem: Finden statt Suchen

Ein taktiler Orientierungsplan im Eingangsbereich der Bücherei hilft besonders sehbehinderten Menschen dabei, sich eine Übersicht über die Räumlichkeiten zu verschaffen. Sowohl durch erhabene Profilschrift, als auch durch Brailleschrift sind Informationen lesbar. Natürlich hilft so ein Übersichtsplan auch allen anderen Nutzern sich besser zu orientieren. Das Leitsystem einer Bibliothek ist einer der Punkte, bei dem man sich im Bereich der barrierefreien Gestaltung so richtig austoben kann. Durch die Verwendung verschiedener Farben, leicht verständlicher Sprache und von Piktogrammen wird das Auffinden der einzelnen Bereiche der Bibliothek auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen erleichtert. Die Farbgestaltung dieser Bereiche kann zum Beispiel auch in der Signatur der Medien weitergeführt werden, auch am Regal können Piktogramme der Orientierung helfen… die Möglichkeiten sind quasi unerschöpflich.

Aufzug ist nicht gleich Aufzug

Die Erreichbarkeit unterschiedlicher Geschosse, sollte neben einer Treppe, welche über beidseitig angebrachte Handläufe verfügt, auch über einen Aufzug gewährleistet werden. Vor Treppenabgängen oder -aufgängen sollten sich bei einem taktilen Leitsystem Aufmerksamkeitsfelder befinden. Ebenso hilfreich für Menschen mit Seheinschränkungen ist die kontrastreiche Markierung der Trittstufen an der Vorderkante. Und ist ein Aufzug eigentlich grundsätzlich barrierefrei? Auch hier müssen verschiedene Punkte bedacht werden, wie die Erreichbarkeit von Tasten. Um in einer erreichbaren Höhe für Rollstuhlfahrer zu sein, können Sie sich zum Beispiel auf einem horizontal angebrachten Tableau im Aufzug befinden, mit einer Mindestgröße der Tasten von 5×5 cm. Die Beschriftung sollte entsprechend groß, kontrastreich und tastbar sein. Die akustische Ansage der verschiedenen Stockwerke erleichtert sehbehinderten Menschen zusätzlich die Orientierung. Natürlich ist auch die Mindestgröße eines Fahrstuhlkorbes zu beachten. Und haben Sie sich vielleicht auch schon einmal gefragt, warum die Rückseite eines Fahrstuhles häufig verspiegelt ist? Dieser Spiegel dient keinesfalls dazu, sein Äußeres überprüfen zu können, sondern ermöglicht einem Rollstuhlfahrer der vorwärts in den Fahrstuhl gefahren ist, beim Ausstieg den Blick nach hinten, ohne sich hierfür verrenken zu müssen. Sie sehen: Aufzug ist nicht gleich Aufzug.

Regalanordnung: Abstand halten

Um die Medien in einer Bibliothek für jeden erreichbar zu präsentieren, sind natürlich auch die Breiten von Verkehrswegen und die Gestaltung von Regalen zu berücksichtigen. Allgemeine Verkehrswege sollten so breit gestaltet sein, dass ein Rollstuhlfahrer und ein Nutzer ohne Rollstuhl gut aneinander vorbei kommen. Hierfür ist eine Breite von 1,50 m von Nöten. Damit sich Rollstuhlfahrer auch problemlos zwischen den Regalen in den Bediengängen bewegen können, ist ein Regalabstand von 1,20 m Abstand einzuhalten. Dass Medien, die zu hoch oder zu weit unten im Regal stehen, nicht für Jeden zu erreichen sind, ist denke ich auch allen verständlich. Regale sollten möglichst (eventuell durch Sockelleisten) bis auf Boden geführt werden, da Sie nur dann mit einem Langstock zu ertasten sind.

Sitzmöbel und Arbeitsplätze zum Lesen, Lernen und Arbeiten

Da unsere Öffentlichen Bibliotheken auch immer mehr zu Aufenthaltsorten werden, sollten natürlich auch Sitzmöglichkeiten und Arbeitsplätze in ihrer Gestaltung verschiedenen Bedürfnissen gerecht werden. Generell sind gleichmäßig auf der Fläche verteilte Sitzgelegenheiten angenehm für jeden Nutzer, der nicht gut zu Fuß ist.

Sitzmöbel mit Armlehnen, an denen man sich beim Aufstehen abstützen und nach oben drücken kann, sind besonders für mobilitätseingeschränkte Menschen eine Hilfe. Die Sitzfläche sollte nach Möglichkeit nicht zu tief sein, auch das erschwert das Aufstehen. Einige Tische, die zum Lesen, Lernen und Arbeiten dienen, sollten ebenso wie die Theken die Möglichkeit der Unterfahrbarkeit aufweisen, sprich bestimmte Maße berücksichtigen. Die Oberflächen von Möbeln sollten blendfrei gestaltet werden. Dies kann durch matte, nicht reflektierende Materialien umgesetzt werden. Sitzmöbel sollten sich in der Farbgebung kontrastreich vom Boden absetzen. Hierdurch wird vermieden, dass Sie für Menschen mit Seheinschränkungen zur Stolperfalle werden.

Und … Ich könnte meine Ausführungen an dieser Stelle natürlich noch vertiefen, allerdings würde alleine das Thema der Behindertentoiletten mehrere Seiten füllen. Daher möchte ich mit meiner Aufzählung der Möglichkeiten der barrierefreien Gestaltung von Räumen hier in diesem Rahmen enden. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesem kurzen Aufriss verdeutlichen, wie weitreichend und umfangreich das Thema ist und dass doch viele Dinge dazu gehören, die man im ersten Augenblick nicht bedenken würde. Es gibt natürlich gesetzliche Grundlagen und Richtlinien, wie die Landesbauordnung oder die DIN 18040-Teil 1, welche die wesentlichen Vorschriften für die Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden enthalten.

Tipp: Broschüre barrierefreies Bauen

Wenn Sie an der Umsetzung von Barrierefreiheit in Ihrer Einrichtung interessiert sind, möchte ich Sie gerne auf eine Broschüre der Agentur für Barrierefrei NRW aufmerksam machen. Diese enthält neben den schriftlichen Erläuterungen auch Bilder von Lösungsbeispielen, die der Veranschaulichung sehr dienlich sind:

Broschüre: barrierefreies Bauen (Agentur Barrierefrei NRW)