Alle Artikel in der Kategorie “Bibliotheksmanagement

Bibliotheken bewegen sich in einem Umfeld, das sich aufgrund wandelnder gesellschaftlicher Strukturen im digitalen Zeitalter rasant verändert. Nie zuvor mussten sich Bibliotheken so intensiv mit neuen Entwicklungen auseinandersetzen, ihre Handlungsfelder auf ihre Aktualität überprüfen und in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess auf diese Entwicklungen reagieren…
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Papierflieger durchbricht Hindernis
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Change Management: Was passiert in einem Veränderungsprozess? Welche Phasen gibt es?

Veränderungen sind in der modernen Arbeitswelt unvermeidlich, insbesondere in Organisationen wie Bibliotheken, die sich kontinuierlich an technologische Entwicklungen und veränderte Nutzerbedürfnisse anpassen müssen. Der Veränderungsprozess kann jedoch komplex und herausfordernd sein. Ein fundiertes Verständnis der verschiedenen Phasen, die Menschen in einem solchen Prozess durchlaufen können, ist daher entscheidend. In diesem Beitrag stützen wir uns auf das Change Management-Modell von Richard K. Streich.

Einführung in das Change Management-Modell von Richard K. Streich

Richard K. Streichs Modell des Change Managements umfasst sieben Phasen, die den Verlauf eines Veränderungsprozesses abbilden. Zu wissen, das es diese Phasen gibt, hilft, die emotionalen und praktischen Reaktionen auf Veränderungen zu verstehen und zu steuern. Die Teilnehmenden unseres Strategieprogramms „Der rote Faden“ werden das sicherlich bestätigen.

Phase 1: Schock / Euphorie

Die erste Reaktion auf eine Veränderung kann stark variieren und reicht von Schock bis hin zu Euphorie. Diese initiale Reaktion hängt davon ab, ob die Veränderung unvorhergesehen ist oder von der betroffenen Person selbst initiiert wurde.

Nehmen wir zum Beispiel die Einführung einer neuen Bibliothekssystems. Bibliotheksmitarbeitende könnten anfangs euphorisch reagieren, da das System die Effizienz steigert und den Nutzerinnen und Nutzern einen verbesserten Service bietet. Diese positiven Aspekte könnten die Mitarbeitenden motivieren und sie ermutigen, sich auf die neuen Technologien einzulassen.

Auf der anderen Seite könnte die Einführung neuer digitaler Technologien auch Schock auslösen, besonders bei Mitarbeitenden, die weniger technologieaffin sind oder Bedenken hinsichtlich ihrer Fähigkeit haben, sich an die neuen Systeme anzupassen. Der Schock könnte aus der Sorge resultieren, dass ihre bisherigen Fähigkeiten möglicherweise nicht ausreichen, um mit den neuen Anforderungen Schritt zu halten.

Diese Phase ist gekennzeichnet durch starke emotionale Reaktionen, die die Grundlage für den weiteren Verlauf des Veränderungsprozesses bilden.

In beiden Fällen zeigt sich, wie wichtig es ist, Veränderungen in Bibliotheken einfühlsam zu kommunizieren und die Mitarbeiter aktiv einzubinden, um ihre Sorgen und Ängste zu adressieren und sie auf die positiven Aspekte der Veränderung hinzuweisen.

Diese Phase der Schock oder Euphorie ist entscheidend, da sie den emotionalen Startpunkt für den gesamten Veränderungsprozess bildet und den Ton für die weiteren Phasen des Change Managements setzt.

Phase 2: Verneinung

Nach dem ersten Schock oder der Euphorie folgt oft die Phase der Verneinung. In dieser Phase lehnen die Betroffenen die tatsächlichen Auswirkungen der Veränderung ab. Nach der ersten Euphorie oder dem Schock können Mitarbeiter dazu neigen, die Veränderung zu verleugnen oder ihre Auswirkungen zu minimieren. Sie könnten Schwierigkeiten haben zu akzeptieren, dass das alte System durch ein neues ersetzt wird, und könnten in ihrer Ablehnung verschiedene Gründe finden, sei es wegen der zusätzlichen Lernkurve, des Verlusts vertrauter Arbeitsabläufe oder der Befürchtung, dass ihre bisherigen Fähigkeiten nicht mehr ausreichen.

Phase 3: Einsicht

Die Mitarbeiter erkennen, dass das neue Bibliothekssystem eingeführt wird, und beginnen, sich auf die Realität einzustellen, dass sie sich anpassen müssen. Diese Einsicht wird oft von einem emotionalen Auf und Ab begleitet, da die Betroffenen zwischen Widerstand und Akzeptanz schwanken.

Phase 4: Das Tal der Tränen

Die Erkenntnis der Unvermeidlichkeit der Veränderung kann zu Verzweiflung und einem Gefühl der Überforderung führen. Dies ist das sogenannte Tal der Tränen, der tiefste Punkt im Veränderungsprozess. Die Mitarbeitenden fühlen sich hilflos und unsicher darüber, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Diese Phase ist emotional sehr belastend, da sie mit starken negativen Gefühlen und der Frage einhergeht, wie es weitergehen soll.

Phase 5: Akzeptanz

Mit der Zeit setzt eine Phase der Akzeptanz ein. Die Mitarbeitenden erkennen, dass sie sich mit der neuen Situation arrangieren müssen. Diese Phase ist ein Wendepunkt, da sie die Bereitschaft signalisiert, die Veränderung anzunehmen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Die Akzeptanz erleichtert den Übergang zu den nächsten Phasen des Veränderungsprozesses.

Phase 6: Ausprobieren

In der Phase des Ausprobierens beginnen die Mitarbeiter, sich aktiv mit dem neuen System vertraut zu machen. Sie testen verschiedene Funktionen und Möglichkeiten, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht.

Phase 7: Integration

Die letzte Phase des Veränderungsprozesses ist die Integration. Erfolgreiche Strategien und Verhaltensweisen werden in den Alltag integriert und zur neuen Normalität. Die Betroffenen haben sich an die Veränderung angepasst und sie vollständig in ihr Leben und ihre Arbeit übernommen. Diese Phase markiert das Ende des aktiven Veränderungsprozesses und den Beginn eines neuen, stabilen Zustands.

Fazit: Der erfolgreiche Umgang mit Veränderung

Das Change Management-Modell von Richard K. Streich bietet eine klare und strukturierte Herangehensweise an Veränderungsprozesse. Jede Phase – von der initialen Reaktion über die Verneinung und Einsicht bis hin zur Akzeptanz, dem Ausprobieren und schließlich der Integration – hat ihre eigenen Herausforderungen und erfordert spezifische Maßnahmen und Ansätze. Natürlich kann die individuelle Erfahrung dieser Phasen stark variieren. Manche Menschen durchlaufen sie schneller oder langsamer, intensiver oder weniger intensiv als andere. Es kommt vor, dass einzelne Phasen nur oberflächlich berührt werden oder dass Personen in einer bestimmten Phase feststecken bleiben, ohne jemals den Punkt der Akzeptanz zu erreichen.

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit Veränderungen gemacht? Was hat Ihnen geholfen, das Tal der Tränen zu überwinden?

Quellen und Literaturhinweise:

Allgemeines Change Management:

  1. Streich, R. K. (2008). Change Management in der Praxis: Veränderungsprozesse in Unternehmen erfolgreich gestalten. Gabler Verlag.
  2. Doppler, K., & Lauterburg, C. (2014). Change Management: Den Unternehmenswandel gestalten. Campus Verlag.
  3. Krüger, W. (2009). Excellence in Change: Wege zur strategischen Erneuerung. Gabler Verlag.
  4. Bleicher, K. (2011). Das Konzept Integriertes Management: Visionen – Missionen – Programme. Campus Verlag.

Veränderungsmanagement im Bibliothekswesen:

  1. Ballod, M., & Herbst, W. (2013). Change Management und Organisationsentwicklung in Bibliotheken. De Gruyter Saur.
  2. Borchardt, F. (2005). Change Management in wissenschaftlichen Bibliotheken: Eine empirische Untersuchung. VDM Verlag Dr. Müller.
  3. Knorz, M. (2014). Veränderungsmanagement in Bibliotheken: Theorie und Praxisbeispiele. Lambert Academic Publishing.
  4. Schade, S., & Nicolai, S. (2015). Wandel gestalten: Change Management und Organisationsentwicklung in Bibliotheken und Informationseinrichtungen. Bock + Herchen Verlag.
  5. Nüesch, A. (2009). Bibliotheken im Wandel: Change Management und Innovationsmanagement in Bibliotheken. Universitätsverlag Winter.

Goldfische springen aus Glas (Symbolbild)
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Change Management in Bibliotheken – Strategien für den Wandel: Kommunikation ist alles

Die digitale Transformation, gesellschaftliche Entwicklungen und sich ändernde Nutzerbedürfnisse erfordern, sich ständig anzupassen und zu erneuern. Das gilt auch für Bibliotheken. Ob es sich um technologische Neuerungen, organisatorische Umstrukturierungen oder neue Serviceangebote handelt – Veränderungen können Herausforderungen und Chancen zugleich mit sich bringen. Eine erfolgreiche Kommunikation ist der Schlüssel, um Ihr Team auf diese Reise mitzunehmen und Widerstände zu minimieren. Doch wie kann dieser Wandel erfolgreich gestaltet werden? In diesem Beitrag geben wir Tipps, die Bibliotheken dabei helfen können, Veränderungen erfolgreich umzusetzen.

Aber warum empfinden viele Menschen Veränderungen als unangenehm? Veränderungen verursachen oft Unsicherheit und lösen Ängste aus. Viele Menschen ziehen es daher vor, bei dem zu bleiben, was ihnen vertraut ist und was sie einschätzen können – selbst wenn Veränderungen auch Chancen bieten. Es geht ihnen also um Risikovermeidung. Ziel sollte es daher sein, Gefühle wie Unsicherheit und Angst auf ein Minimum zu reduzieren. Nur dann können Veränderungsprozesse erfolgreich umgesetzt werden. Aber was bedeutet das nun konkret?

1. Die Notwendigkeit der Veränderung erklären: Es ist entscheidend, dass das Team versteht, warum die Veränderung notwendig ist. Erläutern Sie die Hintergründe und Ziele der Veränderung klar und transparent. Nutzen Sie Daten und Fakten, um die Dringlichkeit zu unterstreichen. Zeigen Sie auf, welche Vorteile die Veränderung für die Bibliothek, die Mitarbeitenden und die Nutzerinnen und Nutzer mit sich bringt.

2. Frühzeitig und regelmäßig kommunizieren: Veränderungen sollten frühzeitig kommuniziert werden, um Spekulationen und Unsicherheiten vorzubeugen. Nutzen Sie verschiedene Kommunikationskanäle wie Besprechungen, E-Mails und Intranetseiten, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden informiert sind. Regelmäßige Updates und Fortschrittsberichte helfen, das Team auf dem Laufenden zu halten und Vertrauen aufzubauen.

3. Dialog und Feedback fördern: Ermutigen Sie Ihr Team, Fragen zu stellen und Feedback zu geben. Schaffen Sie Foren für offene Diskussionen, wie z.B. regelmäßige Teammeetings oder Workshops. Zeigen Sie, dass Sie das Feedback ernst nehmen und in den Veränderungsprozess einfließen lassen. Dies fördert die Akzeptanz und das Engagement der Mitarbeitenden.

4. Emotionale Unterstützung bieten: Veränderungen können Ängste und Unsicherheiten hervorrufen. Zeigen Sie Empathie und Verständnis für die Sorgen Ihres Teams. Bieten Sie Unterstützung durch Einzelgespräche, Mentoring oder externe Beratungsangebote an. Ein offenes Ohr und die Bereitschaft, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen, sind in dieser Phase besonders wichtig.

5. Vorbild sein: Als Führungskraft spielen Sie eine entscheidende Rolle im Veränderungsprozess. Ihr Verhalten und Ihre Einstellung gegenüber der Veränderung werden vom Team genau beobachtet. Zeigen Sie Zuversicht und Entschlossenheit, aber auch Flexibilität und Offenheit für neue Ideen. Ihre positive Haltung kann die Akzeptanz und das Engagement im Team erheblich beeinflussen.

6. Experimentieren und lernen: Veränderung ist ein iterativer Prozess, der Experimentieren und Lernen erfordert. Ermutigen Sie Ihr Team, neue Ideen auszuprobieren, auch wenn sie möglicherweise nicht sofort erfolgreich sind. Wichtig ist, aus Fehlern zu lernen, Anpassungen vorzunehmen und sich kontinuierlich zu verbessern.

7. Schulungen und Weiterbildungen anbieten: Oft erfordern Veränderungen neue Fähigkeiten und Kenntnisse. Bieten Sie gezielte Schulungen und Weiterbildungen an, um Ihr Team auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Investieren Sie in die Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden, um ihnen den Übergang zu erleichtern und ihre Kompetenzen zu stärken.

8. Erfolge feiern: Feiern Sie kleine und große Erfolge im Veränderungsprozess. Anerkennung und Wertschätzung motivieren das Team und stärken den Zusammenhalt. Markieren Sie Meilensteine und zeigen Sie auf, welche Fortschritte bereits erzielt wurden. Dies schafft positive Energie und unterstützt den Wandel.

Fazit: Eine effektive Kommunikation ist das Rückgrat eines erfolgreichen Veränderungsmanagements. Indem Sie die Notwendigkeit der Veränderung erklären, frühzeitig und regelmäßig kommunizieren, Dialog und Feedback fördern, emotionale Unterstützung bieten, als Vorbild agieren, Schulungen anbieten und Erfolge feiern, können Sie Ihr Bibliotheksteam erfolgreich durch den Veränderungsprozess führen. Denken Sie daran, dass Veränderung ein kontinuierlicher Prozess ist und Ihre Rolle als Führungskraft entscheidend für den Erfolg ist. Gemeinsam können Sie die Herausforderungen meistern und die Chancen nutzen, die Veränderungen mit sich bringen.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wir freuen uns über Ihre Kommentare.

Quellen und Literaturhinweise:

Allgemeines Change Management:

  1. Streich, R. K. (2008). Change Management in der Praxis: Veränderungsprozesse in Unternehmen erfolgreich gestalten. Gabler Verlag.
  2. Doppler, K., & Lauterburg, C. (2014). Change Management: Den Unternehmenswandel gestalten. Campus Verlag.
  3. Krüger, W. (2009). Excellence in Change: Wege zur strategischen Erneuerung. Gabler Verlag.
  4. Bleicher, K. (2011). Das Konzept Integriertes Management: Visionen – Missionen – Programme. Campus Verlag.

Veränderungsmanagement im Bibliothekswesen:

  1. Ballod, M., & Herbst, W. (2013). Change Management und Organisationsentwicklung in Bibliotheken. De Gruyter Saur.
  2. Borchardt, F. (2005). Change Management in wissenschaftlichen Bibliotheken: Eine empirische Untersuchung. VDM Verlag Dr. Müller.
  3. Knorz, M. (2014). Veränderungsmanagement in Bibliotheken: Theorie und Praxisbeispiele. Lambert Academic Publishing.
  4. Schade, S., & Nicolai, S. (2015). Wandel gestalten: Change Management und Organisationsentwicklung in Bibliotheken und Informationseinrichtungen. Bock + Herchen Verlag.
  5. Nüesch, A. (2009). Bibliotheken im Wandel: Change Management und Innovationsmanagement in Bibliotheken. Universitätsverlag Winter.

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Strategieentwicklung für Stadtteilbibliotheken: Starke Stadtteile brauchen starke Stadtteilbibliotheken

Die zweite Runde des Programms zur Strategieentwicklung für Stadtteilbibliotheken von der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW ist erfolgreich abgeschlossen. Sieben Stadtteilbibliotheken aus Oberhausen, Köln, Mönchengladbach und Wuppertal haben in der Fortbildung ein Bibliotheksprofil entwickelt, das die spezifischen Bedürfnisse ihrer Stadtteile berücksichtigt.

Ein Blick auf den Prozess

Das Programm, bestehend aus fünf Workshops, wurde von der erfahrenen Coachin Barbara Gellermann begleitet. Ein zentrales Arbeitsinstrument war der von der Fachstelle entwickelte Funktionsrahmen „Bibliotheksfunktionen für eine digitale Gesellschaft“, der fünf zentrale Funktionen umfasst:

  • Ort für Wissen und Information
  • Digitales Kompetenzzentrum
  • Kultur- und Literaturort
  • Ort für Inspiration
  • Kommunaler Begegnungs- und Kommunikationsort

Der strategische Entwicklungsprozess begann mit der gründlichen Analyse des Ist-Zustands jeder Bibliothek. Dabei haben die Teilnehmenden nicht nur Stärken und Schwächen identifiziert, sondern auch das Umfeld analysiert. Faktoren wie demografische und sozio-ökonomische Strukturen des Einzugsgebiets flossen in die Überlegungen ein. Zu berücksichtigen waren auch Aussagen zur weiteren Entwicklung des Stadtteils aus Verwaltung und Politik. Miteinbezogen wurde auch das Angebot anderer Kultureinrichtungen, um mögliche Überschneidungen mit dem eigenen Angebot zu vermeiden oder ggf. geeignete Kooperationspartner zu identifizieren.

Ausgehend von den gesammelten Informationen konnten dann relevante Zielgruppen wie zum Beispiel Grundschüler oder junge Familien und die dazu passenden Bibliotheksfunktionen festgelegt werden.

Inhouse-Workshops: Das Team im Fokus

Ein Teil des Programms waren die Inhouse-Workshops vor Ort. Hier arbeiteten die Stadtteilbibliotheksleitungen und Koordinatorinnen gemeinsam mit dem gesamten Team der Stadtteilbibliothek an der Reflexion der ausgewählten Bibliotheksfunktionen, Zielgruppen und Angebote. Die Teilnehmenden entwickelten nicht nur eine klare Vorstellung davon, welche Funktionen die Bibliotheken in Zukunft erfüllen sollten, sondern auch, wie diese in der Praxis umgesetzt werden können.

Loslassen für Neues

Ein wichtiger Aspekt im Prozess war auch die Anerkennung der Notwendigkeit, Raum für Neues zu schaffen. Die Teams wurden ausdrücklich dazu ermutigt, sich von bestehenden Angeboten zu verabschieden, die nicht mehr in das zukünftige Profil passten. Diese schmerzhafte, aber notwendige Entscheidung ermöglichte es den Bibliotheken, sich auf ausgewählte Funktionen zu konzentrieren und dafür passende Angebote bereitzustellen.

Fazit: Programm stärkt Stadtteilbibliotheken und Stadtteile

Auch die zweite Runde des Programms zur Strategieentwicklung für Stadtteilbibliotheken zeigt deutlich, wie wichtig auch für die Stadtteilbibliotheken die Auseinandersetzung mit dem eigenen Profil ist. Die gewonnenen Erkenntnisse und die entwickelten Strategien ermöglichen es den teilnehmenden Bibliotheken, gestärkt und fokussiert in die Zukunft zu gehen, um weiterhin wertvolle Dienstleistungen für ihre Stadtteile bereitzustellen.

v.l.n.r.: Petra Köller, Arthur Walczak, Adriana Davide, Oscar Volkmann, Maria Töws, Daniel Theveßen, Birte Weinig, Michelle Etscheit, Laura Konrad und Yvonne Fischer.

„Programm eröffnet neue Horizonte“

Interview mit Yvonne Fischer, Leiterin der Stadtteilbibliothek in Köln-Porz und Teilnehmerin der zweiten Runde des Strategieprogramms.

Was hat Sie motiviert, an dem Programm teilzunehmen?
Für uns war es einfach der ideale Zeitpunkt, da wir uns in einer Phase der Orientierung und Veränderung befanden. Ich war erst ein Jahr in der Leitungsposition, das Team war in dieser Konstellation noch recht neu. Was wir bei der Anmeldung noch nicht wussten: Im Lauf des Prozesses kam dann noch der Umbau unserer Stadtteilbibliothek hinzu.

Welche Herausforderungen sehen Sie typischerweise in Stadtteilbibliotheken und welche Lösungsansätze haben Sie dazu entwickelt?
Eine große Herausforderung liegt häufig in den begrenzten personellen Ressourcen angesichts der umfangreichen Aufgaben in Stadtteilbibliotheken. Durch das Programm erhielten wir von Frau Gellermann und der Fachstelle wertvolle Methoden damit umzugehen, insbesondere zur Priorisierung von Aufgaben und Zielgruppen. Hilfreich war auch die Ermutigung, Dinge einfach wegzulassen.
Eine weitere Herausforderung besteht häufig in der fehlenden Sichtbarkeit sowohl innerhalb des Stadtteils als auch innerhalb des Gesamtsystems der Bibliothek. Da hat es einfach gutgetan, dass durch das Programm unsere Arbeit einmal im Mittelpunkt stand. Und dass wir die Möglichkeit bekommen haben, die strategische Ausrichtung unserer Bibliothek selbst vorzunehmen und nicht von der Zentrale vorgegeben zu bekommen.
Für eine bessere Sichtbarkeit im Stadtteil müssen wir in Porz mehr Gewicht auf unsere Öffentlichkeitsarbeit legen. Um uns von anderen Angeboten im Stadtteil abzuheben, ist es wichtig, unser Alleinstellungsmerkmal in den Vordergrund zu rücken: Unser kostenfreies Bildungsangebot! Und damit man uns besser findet, benötigen wir sowohl eine bessere Beschilderung am Gebäude als auch im Stadtteil.

Wie war die Zusammenarbeit mit den anderen Stadtteilbibliotheken?
Die meisten Workshops fanden als Präsenzveranstaltungen statt, so dass es genügend Raum und Zeit gab, sich auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Der Blick über den eigenen Tellerrand öffnet einfach neue Horizonte. Dadurch haben wir Lösungen und Ideen für die eigene Arbeit bekommen.

Welches persönliche Fazit ziehen Sie aus der Weiterbildung?
Das Programm war durchaus anspruchsvoll, aber unglaublich nützlich. Vor allem wurde mir klar, wie wichtig es ist, ein klares Profil zu haben – zu wissen, warum man tut, was man tut. Dieses genaue Aufgabenprofil nun zu haben, hilft uns vor allem bei der Zusammenarbeit mit lokalen Partnern. Auf die können wir nun ganz anders zugehen.

Wem würden Sie die Weiterbildung empfehlen?
Großstadtsystemen, die den Mut haben, ihren Stadtteilbibliotheken eine gewisse Autonomie zu gewähren und es schätzen, wenn diese ihre Angebote an die spezifischen Bedürfnisse ihres Umfelds anpassen. Wichtig ist auch die Bereitschaft des Teams, Veränderungen anzunehmen. Die Strategieentwicklung erfordert eine Beteiligung und Akzeptanz aller Teammitglieder. Es reicht nicht aus, wenn nur die Leitung die Umsetzung vorantreiben möchte. Ein echter Wandel ist nur möglich, wenn das gesamte Team hinter dem Projekt steht.

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Zielgruppenanalyse für Bibliotheken: Warum Familien mit Kindern keine gut definierte Zielgruppe ist

Wenn wir in unseren Qualifizierungsprogrammen wie „Strategieentwicklung für Stadtteilbibliotheken“ die Teilnehmenden fragen, welche Zielgruppen sie in ihren Bibliotheken bedienen, so lautet eine häufige Antwort: Familien mit Kindern oder Senioren über 60 Jahre. Hierbei handelt es sich allerdings um keine gut definierten Zielgruppen, sondern um viel zu breit gefasste Gruppen, da sich diese Einteilung auf demografische Merkmale (Familienstand und Alter) beschränkt. Schließlich haben auch Senioren individuelle Interessen und Mediennutzungsgewohnheiten.

In diesem Beitrag soll es darum gehen, die Zielgruppenbestimmung genauer zu betrachten und Methoden für eine genauere Beschreibung und Analyse von Zielgruppen vorzustellen. Aber zunächst wollen wir uns anschauen, warum eine Zielgruppenanalyse für Bibliotheken sinnvoll ist.

  • Verbesserung der Kundenzufriedenheit
    Mithilfe einer Zielgruppenanalyse können Bibliotheken die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Nutzer besser verstehen und entsprechend darauf reagieren. Dies führt zu einer höheren Kundenzufriedenheit, da Bibliotheken ihre Dienstleistungen und Angebote auf die Wünsche ihrer Nutzer anpassen können.
  • Effektivere Ressourcenplanung
    Eine Zielgruppenanalyse kann Bibliotheken dabei unterstützen, ihre Ressourcen effektiver einzusetzen. Wenn Bibliotheken ihre Dienstleistungen und Angebote auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen abstimmen, können sie ihre finanziellen und personellen Ressourcen gezielter einsetzen und planen.
  • Gezieltere Werbemaßnahmen
    Wenn Bibliotheken wissen, wer ihre Kunden sind und welche Bedürfnisse und Wünsche sie haben, hilft ihnen dies auch, gezielte Marketing- und Werbemaßnahmen zu entwickeln, um die Zielgruppen auf den passenden Kanälen anzusprechen. Auf diese Weise kann es der Bibliothek auch gelingen, mehr Kunden für ihre Angebote und Dienstleistungen zu gewinnen.

Zielgruppensegmentierung

Der erste Schritt einer Zielgruppenanalyse sollte die Segmentierung sein. Hier gibt es verschiedene Methoden, um Zielgruppen zu beschreiben und zu kategorisieren. Eine der gängigsten Methoden ist die Beschreibung mithilfe von Segmentierungsvariablen. Diese kann nach verschiedenen Arten vorgenommen werden, wie zum Beispiel nach

  1. Demografischen Merkmalen
    Eine Definition nach demografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Wohnort, Religion ist eine der am häufigsten angewandten Methoden, um Zielgruppen einzuteilen.
  2. Sozioökonomischen Merkmalen wie Ausbildung, Beruf oder Einkommensniveau
  3. Verhaltensorientierten Merkmalen
    Zielgruppen können auch anhand ihre Verhaltens beschrieben werden, zum Beispiel wie oft sie die Bibliothek besuchen, welche Medien sie ausleihen oder welche Online-Ressourcen sie nutzen.
  4. Psychografischen Merkmalen
    Dazu gehören Persönlichkeitsmerkmale wie Innovationsfreude, Sicherheitsstreben, Lebensstil oder Gewohnheiten. Diese Art der Merkmalseinteilung ist eher für Großunternehmen geeignet, da diese einen schnellen Überblick über eine Trendentwicklung gewährleisten.
  5. Medienorientierten Merkmalen
    Zielgruppen können auch anhand ihrer Mediennutzung kategorisiert werden wie zum Beispiel Internetnutzer, Zeitungsleser oder Radiohörer.

Personas: Die personifizierte Zielgruppe

Wenn die Zielgruppen definiert sind, helfen Personas, eine genauere Vorstellung von den Zielgruppen zu haben. Eine Persona ist eine fiktive Person, die den idealtypischen Vertreter einer Zielgruppe darstellt. Mithilfe von Personas kann man die Bedürfnisse und Vorlieben der ausgewählten Zielgruppe genau beschreiben – sie geben der Zielgruppe ein Gesicht.

Bei der Erstellung von Personas sollte man in erster Linie über die Bedürfnisse und nicht über die soziodemografischen Eigenschaften differenzieren. Daher können folgende Leitfragen bei der Erstellung einer Persona hilfreich sein.

Leitfragen für Personas:

  • Was macht mein Kunde? Welche Interessen/Vorlieben/Hobbies hat er?
  • Was braucht er dazu?
  • Wie löst er das Problem jetzt?
  • Was biete ich schon an?
  • Was könnte ich noch anbieten?

Auch beim Marketing sind Personas eine große Hilfe. Wie und auf welchen Kanälen erreiche ich diese Persona am besten? Welches Bedürfnis dieser Persona kann ich durch eine klare Botschaft abdecken?

Sehr hilfreich zum Thema Personas ist dieser Artikel der TUB Leipzig: https://blogs.tib.eu/wp/tib/2014/11/27/personas-geben-sie-den-nutzern-ein-gesicht/

Fazit: Eine Investition, die sich lohnt

Eine Zielgruppenanalyse ist nicht innerhalb eines Tages gemacht. Aber wie wollen Bibliotheken kundenorientiert arbeiten, ohne ihre Zielgruppen genau zu kennen? Noch so gute Veranstaltungen und Services laufen ins Leere, wenn sie sich an die falschen Personengruppen richten. Bibliotheken sollten ihre Zielgruppen kennen – nur so können Sie passgenaue Angebote entwickeln und möglichst viele Personen erreichen und eine hohe Kundenzufriedenheit erreichen. Eine Beschäftigung mit den Themen Zielgruppen und Zielgruppenanalyse ist daher eine Investition, die sich lohnt.

Quellen:
Hans-Georg Häusel; Harald Henzler: Buyer Personas. Wie man seine Zielgruppe erkennt und begeistert. Freiburg 2018.

https://marcel-schrepel.biz/zielgruppenbestimmung-10-tipps-zu-kriterien-methodik/#5_Kategorien_sind_besser_als_Sinus-Milieus

https://konkurrenzanalyse.net/zielgruppenanalyse-wer-sind-meine-kunden/

https://blogs.tib.eu/wp/tib/2014/11/27/personas-geben-sie-den-nutzern-ein-gesicht/

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„Strategieentwicklung für Stadtteilbibliotheken“: Auftaktworkshop traf ins Schwarze

Am 24. Oktober fand der Auftaktworkshop zur zweiten Runde des Qualifizierungsprogramms „Strategieentwicklung für Stadtteilbibliotheken“ statt. Im Unperfekthaus in Essen begrüßte Frau Büning die Stadtteilbibliotheksleitungen und deren Stellvertretungen aus Mönchengladbach-Rheydt, Köln-Porz, Köln-Mülheim, Oberhausen-Schmachtendorf, Oberhausen-Osterfeld, Wuppertal-Cronenberg, und Wuppertal-Wichlinghausen, sowie die Bibliotheksleitungen und Stadtteilbibliothekskoordinator*innen der Gesamtsysteme. Als weitere Programmbegleitung waren Frau Keyzers und Frau Steuten von der Fachstelle sowie Barbara Gellermann als Moderatorin und Coachin dabei.

Zunächst gab Frau Büning einen Überblick über den14-monatigen Programmablauf. Danach fand eine Vorstellungsrunde statt, in der die Teilnehmenden ihre Wünsche für ihre Stadtteilbibliothek und an das Programm formulierten.

Als zentrales Arbeitsinstrument für die Strategieentwicklung stellte Frau Büning den von der Fachstelle entwickelten Funktionsrahmen vor, der fünf Bibliotheksfunktionen für eine digitale Gesellschaft beschreibt: Ort für Wissen und Information, Digitales Kompetenzzentrum, Kultur- und Literaturort, Ort für Inspiration und Kommunaler Begegnungs- und Kommunikationsort. Mit diesem Instrument ist es im ersten Durchgang des Programms allen Teams gelungen, ein einheitliches Verständnis über Aufgaben und Funktion der Stadtteilbibliothek herzustellen.

Im Rahmen einer Gruppenarbeit galt es, die Erwartungen der verschiedenen Funktionsgruppen bewusst zu machen und zu klären. Welche Aufgabe habe ich als Stadtteilbibliotheksleiter*in, als Koordinator*in bzw. Gesamtleitung während des Programms? Und was erwarte und benötige ich von der jeweils anderen Funktionsgruppe, damit ich meine Aufgaben im Qualifizierungsprogramm erfüllen kann? Das für einige doch überraschende Ergebnis: Die formulierten Erwartungen waren fast deckungsgleich.

In der anschließenden Gruppenarbeit ging es dann um das Thema Ressourcenplanung. Im Team-internen Austausch diskutierten die Gesamtsysteme, wie die Stadtteilbibliotheksleitungen das Qualifizierungsprogramm im Bibliotheksalltag umsetzen können. Hier galt es, konkrete Lösungsansätze wie zum Beispiel Home-Office oder Unterstützung bei Recherchearbeiten zu finden, damit die Teilnehmenden am Ende des Programms ihr gesetztes Ziel erreichen: Ein passendes Konzept für ihre Stadtteilbibliothek zu entwickeln!

Das Bild zeigt: Wir haben mit unserem Workshop ins Schwarze getroffen. Gemeinsam mit den Teilnehmenden blicken wir daher motiviert und zuversichtlich auf den anstehenden Strategieprozess.

Mehr zum Programm finden Sie hier.

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Landeskulturbericht 2022 beleuchtet auch Lage und Weiterentwicklung der Bibliotheken

Mit dem Landeskulturbericht legt die NRW-Landesregierung eine umfassende Bestandsaufnahme zur Lage der Kultur in Nordrhein-Westfalen und ihrer Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren vor. Auf insgesamt 347 Seiten gibt der Bericht detaillierte Einblicke in die unterschiedlichen Facetten des kulturellen Lebens in Nordrhein-Westfalen und dokumentiert die Wegmarken des 2017 begonnenen kulturpolitischen Aufbruchs im Rahmen der Stärkungsinitiative Kultur.

Verabschiedung des Bibliotheksgesetzes

Der Bericht beleuchtet auch die Situation und die Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Bibliothekswesens in NRW. So wurde 2022 das Kulturgesetzbuch verabschiedet, das auch ein Bibliotheksgesetz umfasst. Damit erfolgte eine rechtliche Verankerung der Bibliotheksförderung.

Ein Kapitel des Landeskulturberichts widmet sich der Kulturstärkungsinitiative des Landes, von dem auch die Bibliotheken in vielfältiger Weise profitieren.

Zusätzliche Mittel für die Provenienzforschung

Bisher fehlten vielen Museen, Bibliotheken und Archiven in Nordrhein-Westfalen die Ressourcen, um dem wichtigen Thema Provenienzforschung systematisch, flächendeckend und nachhaltig nachzugehen. In der Stärkungsinitiative des Landes wurden die Mittel für die Provenienzforschung sukzessive bis zu einem Förderbetrag von 300.000 Euro in 2022 erhöht.

Weiterentwicklung der Bibliotheken zu Bildungsorten

Die Landesregierung ist sich bewusst, dass der gesellschaftliche und technische Wandel von den öffentlichen Bibliotheken einen umfassenden Veränderungsprozess erfordert, für den viele noch nicht ausreichend gerüstet sind. Vor allem bei der Ausstattung der Bibliotheken, insbesondere in technischer Hinsicht, und bei der Qualifizierung des Personals, besteht Handlungsbedarf. Grundsätzlich ist eine umfassende, vor allem inhaltliche Neukonzeption von Bibliotheksservices und -angeboten erforderlich.

Die Landesregierung hat daher zusätzliche Mittel aus der Stärkungsinitiative in Hohe von 750.000 Euro jährlich vor allem dafür verwendet, die Qualität der Informations- und Literaturversorgung durch Bibliotheken zu verbessern und an moderne Anforderungen anzupassen. Den Schwerpunkt bildeten dabei Maßnahmen zur technischen Ausstattung und die Entwicklung digitaler Angebote, z. B. Gaming, Robotik und Maker Spaces. Die Rahmenbedingungen für die Aufgabenerfüllung öffentlicher Bibliotheken wurden so grundlegend verbessert – explizit auch im Hinblick auf die Anforderungen der Digitalisierung.

Bestandsaktualisierung kirchlicher Bibliotheken

Auch konnten durch die Stärkungsinitiative Mittel bereitgestellt werden, um in den ehrenamtlich geführten, zumeist kirchlichen, Büchereien dringend benötigte Aktualisierungen der Medienbestände vorzunehmen und eine attraktivere Ausstattung zu erreichen. In einem vierjährigen Sonderprogramm wurden mit einem Gesamtvolumen von zwei Millionen Euro – jeweils 500.000 Euro von 2018 bis 2021 – diese Bedarfe bedient.

Förderprogramm zur Sonntagsöffnung in Bibliotheken

Vorgestellt wird auch die Initiative zur Sonntagsöffnung der Bibliotheken in NRW: Der nordrhein-westfälische Landtag hat im Oktober 2019 das Bibliotheksstärkungsgesetz verabschiedet, das es den Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen nun auch ermöglicht, auch sonntags zu öffnen.

Um für die Sonntagsöffnung nötige neue Konzepte zu erarbeiten, Personal zu finanzieren und die zusätzlichen Öffnungsstunden mit einem attraktiven Veranstaltungsprogramm zu bereichern, wurde im Rahmen der Stärkungsinitiative das Förderprogramm zur Sonntagsöffnung in Bibliotheken (ProSib) aufgelegt. Die Mittel aus der Stärkungsinitiative hierfür stiegen schrittweise bis zu einem Förderbetrag von 500.000 Euro in 2022 an.

Insgesamt ist im Bereich Literatur und Bibliotheken der Mittelaufwuchs um rund 2,6 Millionen Euro im Jahr 2022 gegenüber dem Jahr 2017 gestiegen. Dies entspricht einem Wachstum von circa 33 Prozent.

Förderung durch stufenübergreifende Programme

Im Landeskulturbericht werden auch eine Reihe von Programmen und Initiativen vorgestellt, von denen auch Bibliotheken profitieren konnten. So zum Beispiel das Programm „Dritte Orte“. Teil des Berichts sind auch stufenübergreifende Programme und Förderzugänge wie der Sommerleseclub (SLC), der von den öffentlichen Bibliotheken der beteiligten Städte (2021: 139 Kommunen) veranstaltet wird oder SchreibLand NRW, das das Literaturbüro NRW und der Verband der Bibliotheken des Landes NRW (vbnw) 2014 ins Leben gerufen haben.

Digitaler Wandel: Bibliotheken im Transformationsprozess

Am Beispiel der Bibliotheken Köln und Düsseldorf mit ihren vielfältigen neuen digitalen Angeboten wie dem Social-Media-Studio in Köln oder dem Library Lab in Düsseldorf macht der Bericht deutlich, was auch für Museen, Theater, Galerien und weitere Kultureinrichtungen gilt: Die zunehmende Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten, verändert aber auch die Orte selbst, da die Nutzung der Angebote nicht mehr zwingend die physische Präsenz vor Ort voraussetzt.

Dies zeigt, so der Landeskulturbericht, auch der Blick auf die NRW-Bibliotheken insgesamt. So ist die Zahl der öffentlichen Bibliotheken zwischen 2014 und 2019 um 122 gesunken. Fünf hauptamtlich geleitete Bibliotheken wurden seit 2014 geschlossen (-1,8 Prozent), bei Zählung aller Stadtteilbibliotheken sind es 24 Standorte (-4,8 Prozent). Von 2010 bis 2019 ist die Zahl der hauptamtlich geleiteten Bibliotheken um 6,6 Prozent gesunken, die der einzelnen Standorte um 10,7 Prozent. Deutlich höher ist der Rückgang bei den neben- oder ehrenamtlich betreuten, überwiegend kirchlichen Büchereien: Hier sank die Zahl seit 2014 um knapp zehn Prozent, seit 2010 sogar um rund 16 Prozent.

Die Ausleihzahlen sind um mehr als zehn Millionen gesunken. Dagegen verzeichneten die Bibliotheken insgesamt ein Plus von fast 323.000 bei den physischen Besuchen. 2019 zählten die Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen fast 26 Millionen Besuche. Die Landesregierung sieht dies als Zeichen dafür, dass die Interessierten die Bibliothek nicht mehr nur als Ausleihstelle wahrnehmen, sondern zunehmend als Lern- und Begegnungsort und um dort auch neue Angebote wie Maker Spaces, Repaircafés und Kurse für Robotik und Gaming zu nutzen.

Der Landeskulturbericht steht auf der Website des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft zum Download zur Verfügung: https://www.mkw.nrw/kultur/rahmen-der-kulturpolitik/landeskulturbericht

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Landesstatistik NRW 2020

Das Team der Fachstelle hat auf Basis des Bibliotheksmonitors der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) eine detaillierte Auswertung der Bibliotheksstatistik für das Land NRW erstellt. Die Landesstatistik NRW umfasst die kommunalen öffentlichen Bibliotheken. Sie ist gegliedert nach den Regierungsbezirken und beinhaltet auch einen zusammenfassenden NRW-weiten Überblick. 

Aufgrund der Corona-Pandemie ist die Landesstatistik 2020 nicht mit den Ergebnissen des Vorjahres vergleichbar. Dies betrifft vor allem die Zahl der der physischen Entleihungen. Die Statistik weist einen Rückgang um fast 30% aus. Dieser ist nicht nur auf die Schließzeiten während der Pandemie zurückzuführen. Da einige Bibliotheken die automatischen Verlängerungen gemäß DBS-Definition nicht herausrechnen konnten, wurden ihre Entleihungen in der Statistik nicht erfasst. Gleichzeitig haben viele Bibliotheken ihr digitales Medienangebot gestärkt. Landesweit sind die Erwerbungsausgaben um 25% gestiegen. Das ausgebaute E-Medien-Angebot wurde von den Nutzerinnen und Nutzern sehr gut angenommen, so dass die Entleihungen um 26% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind. https://fachstelle-oeffentliche-bibliotheken.nrw/bibliotheksstatistik/

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Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie: Die SWOT-Analyse als Vorbereitung zur strategischen Positionierung

In unserer Fortbildung „Den roten Faden finden – wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“ erarbeiten sich die Teilnehmer*innen eine Bibliotheksstrategie für die nächsten Jahre. Hierbei kommen Methoden und Denkansätze zum Einsatz, die einem in dem Strategieprozess helfen können. Ein paar Beispiele stellen wir in unserer Blogreihe vor. Im aktuellen Beitrag geht es um die SWOT-Analyse.

Bereits veröffentlicht wurde der Artikel „Über die Bedeutung einer Vision“  sowie „Die Analyse der Bibliothek und des Umfelds“. Eine weiterer wichtiger Baustein zur strategischen Analyse und als Vorbereitung zur strategischen Positionierung ist die SWOT-Analyse. In dieser Methode werden die Stärken (Strength) und Schwächen (Weakness) einer Bibliothek, den Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) des Umfeldes gegenübergestellt. Die Methode öffnet den Blick, da hierfür nicht nur intern die Stärken und Schwächen angesehen werden, sondern auch das Umfeld mit in den Blick genommen wird.

Wie sieht eine SWOT-Analyse aus?

Eine SWOT-Analyse ist eine Matrix, in der positive Aspekte den negativen gegenübergestellt werden. Dies wird einmal mit dem Blick auf die Bibliothek (intern) und einmal mit dem Blick auf das Umfeld gemacht.

Roter Faden - SWOT-Analyse (Schema)

Um diese Matrix ausfüllen zu können, ist es wichtig eine solide Analyse der Bibliothek (intern /extern) gemacht zu haben. An der Qualität der Vor-Analyse hängt nun auch die Aussagekraft der SWOT-Analyse. Es ist zu beachten, dass eine SWOT-Analyse Zustände und keine Strategien beschreibt. Strategien werden erst im Anschluss abgeleitet.

So könnte zum Beispiel eine fertige SWOT-Analyse einer Bibliothek aussehen:

Beispiel einer SWOT-Analyse

Daraus ergeben sich in diesem Beispiel nun 4 mögliche Strategieplanungen bzw. Herangehensweisen:

  1. Stärken-Chancen-Strategie:
    • Stärke „Pädagogisches und Informationskompetentes Personal“ + Chance „Informationskompetenzvermittlung wird in Kommune als nötig angesehen“ = Informationskompetenz bewerben und ausbauen
    • Stärke „Pädagogisches und Informationskompetentes Personal“ + Chance „einziger nicht kommerzieller Aufenthaltsort für Kinder“ = Aufenthaltsort mit Angeboten für Kinder ausbauen
  2. Schwächen-Chancen-Strategie:
    • Schwäche „kleine Räumlichkeiten“ + Chance „einziger nicht kommerzieller Aufenthaltsort für Kinder“ = Raum anpassen und für Ausbau werben
    • Schwäche „mangelhafte technische Ausstattung“ + Chancen „Informationskompetenzvermittlung wird in Kommune als nötig angesehen“ + „sozialen Medien sind gesamtgesellschaftliche genutzt“ = für technische Ausstattung für Informationskompetenzvermittlung werben und anpassen
  3. Stärken-Risiken-Strategie:
    • Stärke „gute Zusammenarbeit mit Kita und Schule“ + Risiko „sinkendes Leseinteresse“ = Ausbau der Lesemotivationsförderung mit Partnern
  4. Schwächen-Risiko-Strategie (sogenannte Verteidigungsstrategie):
    • Schwäche „schwaches Image bei Entscheidern in Kommune“ +  Risiko „Budgetkürzungen“ = Lobbyarbeit verstärken, Drittmittelakquise

Fazit:

Vorteile dieser Methode: Eine SWOT-Analyse ist einfach, sie gibt einen Überblick und offenbart Zusammenhänge und Lücken, die im Alltag sonst untergehen.

Nachteil dieser Methode: Die Qualität der Aussagen hängt von der Qualität der Voranalyse der Bibliothek und des Umfelds ab. Die Aussagen sind nicht mit Zahlen unterlegt.      

(Der Beitrag ist in ähnlicher Form bereits am 30.05.2018 erschienen)

Über das Qualifizierungsprogramm „Den Roten Faden finden – Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“:
Strategisch denken und handeln und das Ziel vor Augen haben: Damit aus guten Ansätzen starke Bibliotheken werden, darf eines nicht fehlen, der rote Faden – die Bibliotheksstrategie! Mit diesem Weiterbildungsangebot der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken, bestehend aus vier Workshops, machen sich maximal zehn Bibliotheken auf den Weg und erarbeiten ihre eigene Bibliotheksstrategie für die nächsten Jahre. Die Verschriftlichung des Bibliothekskonzeptes erfolgt durch die Bibliotheksleitung und wird von der Fachstelle und den Dozenten eng begleitet. Insgesamt 38 NRW-Bibliotheken haben diese Fortbildung in den vergangenen vier Jahren bereits erfolgreich durchlaufen.

                                             

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Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie: Die Analyse der Bibliothek und des Umfelds

In unserer Fortbildung „Den roten Faden finden – wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“ erarbeiten die Teilnehmer*innen eine Bibliotheksstrategie für die nächsten Jahre. Über unseren Blog geben wir Ihnen in mehreren Beiträgen einen Einblick in die Themen dieser Veranstaltung und zeigen, welche Schritte bei der Konzepterstellung für Bibliotheken von Bedeutung sind.

Im ersten Beitrag ging es um das Thema „Vision“ und warum das Wissen, wo man hinmöchte, so entscheidend für einen gelungenen Weg ist. Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine ausführliche Analyse der bisherigen Arbeit der Bibliothek und ihres Umfelds.

Die Analyse von Zahlenmaterial als solches ist immer sogenannte Fleißarbeit und nicht unbedingt beliebt. Aber da die Konzepterstellung nicht im luftleeren Raum beginnt, muss der Ist-Zustand der Bibliothek genau betrachtet werden.

Unterschieden wird in diesem Teil zwischen zwei Bereichen. Zum einen geht es um die Basisdaten der Bibliothek. Zum anderen wird das Umfeld der Bibliothek – die Kommune und ihre Besonderheiten – genauer beleuchtet.

Die Basisdaten

Hinter den Basisdaten der Bibliothek verbergen sich viele Hinweise auf nötige Veränderungen, denen man anhand von Zahlen auf die Spur kommen kann. Hierzu ist es wichtig, die Zahlen nicht nur für sich zu betrachten, sondern in Bezug zueinander zu setzen.  So sagt zum Beispiel die Bestandsgröße einer Sachgruppe alleine zunächst nicht viel aus. Wird diese Zahl ins Verhältnis zu den Ausleihen dieser Bestandsgruppe gesetzt, lässt sich eine Aussage über die Effizienz dieser Bestandsgruppe treffen.

Gleiches gilt zum Beispiel auch bei für die Öffnungszeiten. Auch hier muss die Anzahl der Wochenöffnungsstunden in Relation zur Nutzung gesehen werden, um Aussagen zu künftig erforderlichen Öffnungszeiten treffen zu können.  Analog dazu kann dieser Vergleich auch Bibliotheksübergreifend geschehen. Mit dem Bibliotheksmonitor des HBZ (Hochschulbibliothekszentrum des Landes NRW) haben die Bibliotheken ein starkes Instrument an der Hand,  um sich mit Bibliotheken vergleichbarer Größe zu messen.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass der genaue Blick auf die Zahlen manchmal durchaus schmerzhaft sein kann. Nichts desto trotz ist dieser Blick für ein funktionierendes Konzept unabdingbar und offenbart auch „Hidden Champions“- also gut laufende Bereiche, die einem vorher nicht so bewusst gewesen sind.

Das Umfeld

In jeder Kommune sind die Voraussetzungen für die Bibliothek unterschiedlich. Es gilt auch hier herauszufinden, welche Aufgaben die Bibliothek in der Kommune übernimmt. Daher wird an diesem Punkt der Blick von der bestehenden Bibliotheksarbeit gelöst und geschaut, was in der Kommune vorhanden ist.

Es lohnt sich die anderen Akteure in der Kommune zu betrachten und herauszufinden, wo Kooperationen ausgebaut bzw. aufgebaut werden können, wo sich Angebotslücken auftun oder Konkurrenzangebote vermieden werden können.

Zudem werden hier grundsätzliche Entwicklungen in den Blick genommen: Wächst meine Kommune oder wird sie kleiner? Habe ich eine Flächenkommune oder ist alles sehr zentral orientiert? Welche Altersstruktur gibt es? Was sind kommunale Problemfelder, die sich auch auf die Bibliothek auswirken könnten oder in ihr wiederspiegeln? Gibt es kommunale Entwicklungsschwerpunkte? Diese und weitere Fragen gilt es je nach Bedarf zu beantworten, um dann die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Bei dieser Arbeit knirschen einige Teilnehmer*innen zwischenzeitlich ganz schön mit den Zähnen. Schließlich ist und bleibt das Zusammentragen des Datenmaterials und dessen Auswertung, auch in einem begleiteten Strategieprozess, immer noch Fleißarbeit. 

Die Leistung, die zuvor erhobenen Daten ins Verhältnis zu setzen und ihre eigenen Daten mit den Daten der Kommune abzugleichen, erfordert einen geschärften Blick und führt leicht dazu, den roten Faden aus dem Blick zu verlieren. Hier hilft es, sich an folgenden Fragen zu orientieren: Welche Daten betreffen die Bibliothek? Und: Welche betreffen sie nicht?

(Der Beitrag ist in ähnlicher Form bereits am 26.07.2017 erschienen)

Über das Qualifizierungsprogramm „Den Roten Faden finden – Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“:
Strategisch denken und handeln und das Ziel vor Augen haben: Damit aus guten Ansätzen starke Bibliotheken werden, darf eines nicht fehlen, der rote Faden – die Bibliotheksstrategie! Mit diesem Weiterbildungsangebot der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken, bestehend aus vier Workshops, machen sich maximal zehn Bibliotheken auf den Weg und erarbeiten ihre eigene Bibliotheksstrategie für die nächsten Jahre. Die Verschriftlichung des Bibliothekskonzeptes erfolgt durch die Bibliotheksleitung und wird von der Fachstelle und den Dozenten eng begleitet. Insgesamt 38 NRW-Bibliotheken haben diese Fortbildung in den vergangenen vier Jahren bereits erfolgreich durchlaufen.

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Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie: Über die Bedeutung einer Vision

Im März ist die vierte Runde unserer Fortbildungsreihe „Den Roten Faden finden – Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“ gestartet. Zehn Bibliotheken machen sich gemeinsam auf den Weg, eine für ihre Bibliothek passende Strategie für die nächsten Jahre zu entwickeln. Mit dabei sind auch wieder die Dozent*innen Andreas Mittrowann, Sonja Bluhm und Marion Creß. Über unseren Blog geben wir Ihnen in mehreren Beiträgen einen Einblick in die Themen unserer Fortbildung und zeigen, welche Schritte bei der Konzepterstellung für Bibliotheken von Bedeutung sind.

Zu Beginn des ersten Workshops stand das Thema „Visionsarbeit“ auf der Agenda. Wozu ist diese eigentlich nötig? Und was unterscheidet eine Vision von einem Ziel?

Dieses Zitat veranschaulicht ganz gut, worum es bei der Formulierung einer Vision geht:

„Träume und Gedanken kennen keine Schranken.“

(Deutsches Sprichwort)

Visionen gleichen einem großen Traum. In unserem Fall sprechen wir hier von Ihrer Traumvorstellung von Bibliotheken. Und so wie jeder Mensch unterschiedliche Träume hat, sind auch Visionen individuell.

Eine Vision oder Traumvorstellung trägt jeder in sich. Es geht darum, sie hervorzuholen. Ggf. braucht sie nur noch einen Feinschliff. Dies ist der große Unterschied zu Zielen. Diese tragen Sie in der Regel nicht schon im Kopf mit sich herum. Diese setzen Sie sich ganz bewusst, um Ihrer Vision ein Stückchen näher zu kommen.

Es reicht jedoch nicht aus, diese Vision für sich zu behalten. Diese muss in Worte und ggf. Bilder gefasst werden. Und kommuniziert werden. Sowohl nach innen gegenüber Ihrem Team und der Kommune als auch nach außen zu Ihren Kunden. Dies ist ein elementarer Schritt in der strategischen Bibliotheksarbeit.

Hier kommt in der Regel die Schere im Kopf ins Spiel. Gedanken an fehlende finanzielle oder personelle Ressourcen hindern viele Menschen daran, groß zu denken. Lassen Sie einmal alle Bedenken bei Seite und schnappen Sie sich die rosarote Brille. Träumen ist an dieser Stelle ausdrücklich erlaubt!

Sie werden Ihre Vision nie von heute auf morgen in die Tat umsetzten können.

Das müssen Sie aber auch nicht. Wie sagt man so schön: Der Weg ist das Ziel!

Bibliotheksvision_18_01_16
Quelle: Vahs, Dietmar (2005): Organisation – Einführung in die Organsiationstheorie und –praxis. 5. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel. S. 128

Jetzt könnte man sich ja aber auch auf den Standpunkt stellen, dass das alles völliger Quatsch ist. Wir lassen das mit der ganzen Träumerei bleiben und widmen uns der Realität im Alltag. Das hat doch noch immer am besten funktioniert.

Warum das ein Denkfehler ist, veranschaulicht folgende Grafik:

Grafik Verwaltungsreform_18_01_16
Quelle: Schriften zur Verwaltungsreform: Qualitätsmanagement und lernende Organisationen in der Landesverwaltung Baden-Württemberg. Band 19

Dieses Modell zeigt, dass sechs Handlungsblöcke entscheidend für die Gestaltung eines tatsächlichen Wandels sind: Vision, Kommunikation, Fähigkeiten & Einsicht, Ressourcen, Anreize und Aktionspläne. Fehlt einer dieser Handlungsblöcke, wird keine Veränderung erreicht. Stattdessen kommt es zu Konfusion, Ablehnung, Angst, Frustration, Langsamen Wandel oder Chaos.

Wenn in Ihrer Strategieentwicklung also eine Vision fehlt, wird der Wandel durch Konfusion behindert. Ihnen fehlt in diesem Fall eine Vorstellung, in welche Richtung Sie laufen wollen. Und wenn Sie als Bibliotheksleitung das nicht wissen, können Sie das kaum von Ihren Mitarbeitern oder Ihrem Umfeld erwarten.

Es ist wichtig, dass Sie anhand einer Vision vorgeben, welchen Weg Sie einschlagen und warum Sie das tun. Ansonsten werden Sie mit ziemlicher Sicherheit auf Ablehnung stoßen. Schlicht und ergreifend deswegen, weil nicht verstanden wird, warum Sie einen neuen Weg einschlagen.

Nehmen Sie sich also die Zeit zum Träumen – sprich der Formulierung einer Vision. Sie bildet den Grundstein für jedes Bibliothekskonzept.

Eine Frage bleibt zum Schluss. Warum reden wir davon, einen tatsächlichen Wandel gestalten zu wollen?

Weil strategische Neuausrichtungen immer Veränderungen für die Bibliothek und ihr Team bedeuten. Und zudem der einzig richtige Weg, auf den Wandel in der Bibliothekslandschaft zu reagieren. Und auch auf die sich schnell ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in einer digitalen Gesellschaft. Schließlich sind die Herausforderungen für Bibliotheken vielfältig: die Bibliothek als realer und digitaler Ort, Integration und Chancengleichheit, Kooperation und Vernetzung sowie Lebenslanges Lernen und Leseförderung. Bei der Arbeit mit knappen Ressourcen, Verankerung von Veränderungen im Team oder bei der Auswahl von neuen Angeboten in der Bibliothek, muss eine Zielrichtung erkennbar sein, um sich in der Vielzahl der Möglichkeiten nicht zu verlieren.

Also seien Sie mutig und erfinden Sie frei nach Joseph Beuys Ihre Zukunft selbst:

Die Zukunft, die wir wollen,
muss erfunden werden.
Sonst bekommen wir eine,
die wir nicht wollen.“
(Joseph Beuys)

(Der Beitrag ist in ähnlicher Form bereits am 17.01.2018 erschienen)

Über das Qualifizierungsprogramm „Den Roten Faden finden – Wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“:
Strategisch denken und handeln und das Ziel vor Augen haben: Damit aus guten Ansätzen starke Bibliotheken werden, darf eines nicht fehlen, der rote Faden – die Bibliotheksstrategie! Mit diesem Weiterbildungsangebot der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken, bestehend aus vier Workshops, machen sich maximal zehn Bibliotheken auf den Weg und erarbeiten ihre eigene Bibliotheksstrategie für die nächsten Jahre. Die Verschriftlichung des Bibliothekskonzeptes erfolgt durch die Bibliotheksleitung und wird von der Fachstelle und den Dozenten eng begleitet. Insgesamt 38 NRW-Bibliotheken haben diese Fortbildung in den vergangenen vier Jahren bereits erfolgreich durchlaufen.