Als „Bücherbande“ haben sich drei kleine Bibliotheken aus dem Regierungsbezirk Detmold ins Web 2.0 gewagt. Michaela Nagel (Kirchlengern) und Susanne Sieker, die in Personalunion die Bibliotheken Porta Westfalica und Bad Oenhausen leitet, beschreiben, vor welchen Herausforderung ihr Verbund plötzlich stand.
:Ein Blick auf die Facebook-Seite lohnt sich: https://de-de.facebook.com/pages/B%C3%BCcherbande/119152968267092
„Im Rahmen seiner Bibliotheksförderung untersucht das Land Nordrhein-Westfalen seit 2009 im Projekt „Lernort Bibliothek“, wie bestehende und neue Bibliotheksangebote zu gestalten sind, damit Öffentliche Bibliotheken informelle Lernprozesse künftig zielgerichteter unterstützen können. Die Entwicklung und Umsetzung digitaler Services und Angebote hat sich als die Aufgabe herauskristallisiert, die für die Zukunft Öffentlicher Bibliotheken entscheidend ist.
Der damit verbundene Veränderungsprozesses stellt insbesondere kleine Bibliotheken vor erhebliche Herausforderungen. Aus diesem Grund sollen im Rahmen des Pilotprojektes „Web 2.0-Angebote und -Einsatz in kleinen Bibliotheken“ notwendige Rahmenbedingungen und Unterstützungsstrukturen für diese Bibliotheksgruppe untersucht und erprobt werden. Dazu können sich maximal fünf Bibliotheken mit bis zu vier Personalstellen zu einem Social-Media-Verbund zusammenschließen.
Der Verbund, der auf Facebook als „Bücherbande“ firmiert, umfasst die Büchereien von Bad Oeynhausen, Kirchlengern und Porta Westfalica. Dabei ist Bad Oeynhausen vom Personal her mit 3,5 Stellen am besten aufgestellt, während Porta Westfalica und Kirchlengern mit 1,5 Stellen in Minimalbesetzung arbeiten.
Die praktische Umsetzung der angesprochenen Vorgaben hatte mehrere Hemmschuhe:
- Datenschutzbedenken einzelner Mitarbeiterinnen
- Schwierigkeiten bei der individuellen Umstrukturierung der Arbeitsaufgaben
- Generell zu wenig Möglichkeit, im Internet auf Web 2.0-Angebote zuzugreifen.
- Teilweise schwierige Rahmenbedingungen bzgl. der Datenleitung (langsame Verbindung, immer wieder Einschränkungen verursacht durch die städt. EDV oder rechtliche Bedenken)
- Falsche Vorstellungen von den Coachingtagen. Individuelles Lernen ist ungewohnt, zumal während der Arbeitszeit, und viele Mitarbeiterinnen hätten sich genauere Anleitung gewünscht.
- Im größeren Team war nicht von Beginn an klar, dass alle Mitarbeiterinnen sich aktiv an der Arbeit beteiligen sollen. Man kannte Face-Book-Teams aus größeren Bibliotheken, so dass eine Erwartungshaltung entstand, dass eine oder zwei Kolleginnen die neue Aufgabe wahrnehmen, nicht alle.
- Im kleinen Team fehlt auch oft der „kreative Input“, da die Mitarbeiterinnen meistens allein in der Bücherei sind, so dass keine Ideen für Postings im Gespräch entstehen können.
Ziele des Pilotprojektes sind:
- die Vermittlung der notwendigen Web 2.0-Kenntnisse in allen beteiligten Bibliotheksteams, so dass diese in der Lage sind eigenständig, nachhaltig und umfassend mit eigenen Aktivitäten im Bereich Social-Media zu beginnen bzw. vorhandene Aktivitäten weiter zu entwickeln; soweit sind wir noch nicht
- der Aufbau von mindestens einem gemeinsamen Web 2.0-Angebot; mit Facebook klappt das schon ganz gut
- Aufbau und Erweiterung der Kundenkommunikation im Internet, so dass Bibliothekskunden verstärkt das Angebot ihrer Bibliothek aktiv mit gestalten und verbessern können; Es lesen viele mit, aber echte Kommunikation findet mehr im Kollegenkreis statt.
- die Etablierung einer Kooperationsstruktur im Bibliotheksverbund, durch die die dauerhafte Pflege und Weiterentwicklung des Web 2.0-Angebotes gewährleistet ist. was mit „Bücherbande intern“ und „Kleiner Lernort“, den internen Gruppen, leichter ist und auch gut angenommen wird. Deutlich ist: manche sind schon weiter als andere, und das leuchtende Beispiel von z.B. Martin Kramer macht manchen Angst. Da treten Probleme auf einem Niveau auf, welches 4 Regalbretter über unserem liegt.
Schulungs- und Coachingprogramm
Der Aufbau des Social-Media-Verbundes beginnt mit einem zweitägigen Kick-Off-Workshop mit dem Ziel
- die beteiligten Bibliotheken in das Thema Web 2.0 unter dem speziellen Blickwinkel der Einsatzmöglichkeiten im Bibliotheksbereich einzuführen;
- eine erste konkrete Planung der gemeinsamen Aktivitäten im Bereich Social-Media zu vereinbaren.
In den darauf folgenden 12 Monaten finden vierteljährlich dreistündige Coaching-Workshops statt. An den Coaching-Workshops nehmen die Teams aller im Social-Media-Verbund kooperierenden Bibliotheken teil. Während der Workshops wird die aktuelle Situation gemeinsam analysiert. Aus der Analyse werden weitere Vorgehensweisen und Arbeitsaufträge abgeleitet. Dies betrifft sowohl die eigentlichen Web 2.0-Aktivitäten als auch das Kooperationsmodell.
- Die Auftaktveranstaltung war zunächst sehr motivierend. Es wurde deutlich, dass alle Mitarbeiterinnen gefragt sind. Erste Unsicherheiten konnten relativiert werden.
- Den kleinen Verbünden hätte auch ein zusätzlicher Schulungstag gut getan, an dem es noch nicht um die Einsatzmöglichkeiten des Web 2.0 geht, sondern einfach darum, die Kolleginnen aus den anderen Büchereien mit ihren Interessen und besonderen Fähigkeiten kennenzulernen.So wäre es leichter gewesen, gemeinsame Inhalte für den Facebook-Auftritt dreier doch sehr unterschiedlicher Bibliotheken zu finden.
- Überhaupt fehlte neben der „technischen“ Einführung etwas die Zeit, ein gemeinsames, inhaltliches Konzept zu entwickeln.
- Nicht alle Teilnehmer können nachvollziehen, wofür die Bücherei ein Web 2.0-Angebot braucht, warum von einer Bibliothek Content generiert werden soll.
- Die halbtägigen WS waren so gebündelt und voll, dass manchesmal im Team nur Ratlosigkeit zurückblieb. Manchesmal hätte man gerne konkrete Arbeitshilfen gehabt.
- Das Coaching Nr. 3 & 4 ist aufgrund der Rückmeldungen als Ganztages-Veranstaltung anberaumt worden.
- Es ist ganz schwierig, Nachbereitung zu betreiben (hier grinst wieder das Zeitproblem …)
Fazit:
Trotz aller Startschwierigkeiten und Knackpunkte ist es ganz toll, dass dieses Projekt existiert.
Allein hätten wir Minibibliotheken uns vermutlich nicht an einen Web 2.0-Auftritt gewagt bzw. diesen kaum bei Verwaltung und IT-Abteilung durchsetzen können.
Und durch die (mehr oder weniger) regelmäßige Arbeit mit Facebook bekommt man einen guten Einblick in die Welt der SocialMedia-Plattformen und bewegt sich allmählich sicherer und selbstverständlicher darin.“
Michaela Nagel, Leitung Kirchlengern
Susanne Sieker, Leitung Bad Oeynhausen und Porta Westfalica