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Rangar Yogeshwar: „Die digitale Revolution wird uns fundamental verändern“

Rangar Yogeshwar schreibt in seinem Essay über die digitale Revolution: „Wir erleben den Anfang der digitalen Revolution. Wohin er führt? Schwierig. Selbst Wissenschaftler irren häufig, wenn es um Zukunftsprognosen geht. Das ist ganz menschlich, denn wir betrachten das Neue mit alten Augen und unterschätzen, dass diese Entwicklung uns selbst verändert, unsere Sicht, unsere Haltung und unser Selbstbewusstsein.“

Der Druck der Selbstoptimierung wird durch die Digitalisierung größer. Wir sehen nur noch retuschierte Körper und Gesichter, die uns als normal erscheinen. Die Schönheitschirurgie boomt.

Daneben lösen sich gelernte Rituale, traditionelle Geschäftspraktiken und bekannte Arbeitsabläufe auf, was zu einer gewissen Orientierungslosigkeit führt.

Neben der Ausnutzung der Datentransparenz der einzelnen Internetbenutzer für die Wirtschaft kommt noch das Gesundheitswesen dazu. Über eine App wird der Lebensstil bezüglich Fitness und Ernährung erfasst und damit Krankenkassenbeiträge generiert. Der Druck wächst, sein Leben zu ändern.

Das Zeitalter der Digitalisierung ist vergleichbar mit der Industrialisierung durch Erfindung der Dampfkraft und der Erfindung der Elektrizität. Um uns in der neuen Welt zurechtzufinden benötigen wir neue Kompetenzen, so wie die Erfindung des Buchdrucks das Erlernen von Lesen und Schreiben nach sich zog. Die Sprache des 21. Jahrhunderts ist das Programmieren, damit werden neue Apps und digital gesteuerte Prozesse entwickelt. Wer daran teilnimmt, gestaltet mit und wird nicht von der digitalen Revolution getrieben.

Quelle:

mobil : das Magazin der Deutschen Bahn. 06.2015, S. 32-34

1 Kommentar

  1. Jochen

    Auch kluge Menschen können sich irren. Bedingt durch häufiges Bahnfahren habe ich diesen Artikel auch gelesen. Man sollte ihn aufbewahren und vielleicht in 20 Jahren noch einmal hervor holen. Der Aufsatz ist ein vorzügliches Beispiel für ein herrschendes „Narrativ“, dem auch viele von uns blind glauben.
    „Fortschritt“ ist ein interessantes „Mem“. Er ist nämlich immer positiv, unvermeidlich, kann nicht rückgängig gmacht werden, man darf sich nicht abhängen lassen, sondern kann ihn gestalten. All das ist zweifelhaft. Es gibt schon mal keinen Fortschritt im Singular. Es gibt „Fortschritte“ in einzelnen Bereichen, mit Gewinnen und Verlusten, die aber oft sehr ungerecht zwischen den Menschen verteilt sind. Das schmucke iPhone, die miesen Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken und die himmelschreienden Verhältnisse in der asiatischen Recycling-Industrie gehören zusammen. „Fortschritte“ können auch in Sackgassen führen und da befinden wir uns zur Zeit. Die Digitalisierung bedarf unglaublicher Energie- und Rohstoffmengen und da wird es in den nächsten Jahrzehnten eng, sehr eng. Wesentliche Ressourcen wie Böden und Trinkwasser sind heute schon unter massivem Druck.
    Die Durch-Digitalisierung der Gesellschaft schafft nicht nur Möglichkeiten, sondern schränkt auch Gestaltungsmöglichkeiten ein. Vor allem erhöht sie massiv die Verwundbarkeit des Gesamtsystems. Die Rückseite ist eine Überwachungsparanoia. Es ist keine besonders smarte Idee, die Versorgung einer ganzen Gesellschaft von eng getakteten weltweiten Logistikketten und dem Funktionieren der IT-Infrastruktur abhängig zu machen. „Schwarze Schwäne“ – Ereignisse, die niemand vorher sehen kann und auf die man sich deshaln nicht vorbereiten kann – sind oft durch die Weltgeschichte geflogen.
    Die Aussage „Die Sprache des 21. Jahrhunderts ist das Programmieren“ halte ich für ausgemachten Blödsinn. Ich befürchte nur, dass nun mit „Coding“ nach „Makerspace“ und „3D-Druckern“ der nächste Hype durchs bibliothekarische Dorf getrieben wird.
    Jochen Dudeck

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