Die 2016 eröffnete Stadtbibliothek in Den Helder „School 7“ befindet sich, wie der Name bereits zu erkennen gibt, in einem ehemaligen Schulgebäude, welches aufwendig saniert und umgebaut wurde. Ziel der Architekten war es dabei, möglichst viel der Grundsubstanz des Gebäudes zu erhalten und auch sichtbar zu machen. Um einen neuen Eingang zu schaffen, wurde um das alte Schulgebäude teilweise herumgebaut. So blickt man beim Betreten der Bibliothek auf die Fassade des Ursprungsgebäudes. In diesem wurden teilweise die Klassenräume erhalten und dienen nun als Arbeits- und Seminarräume.
Sogar die ehemaligen Toilettenkabinen wurden nicht abgerissen, sondern dienen nun unter anderem den Nutzern als kleine Arbeitskabinen, um sich dort z.B. mit dem eigenen mobilen Endgerät zurückzuziehen oder aber als kleine, kuschlige Vorlesekojen für Eltern und Kinder. Natürlich wurden neue moderne WC-Räume für die Nutzer im Erdgeschoss des Gebäudes eingebaut.
Das Schulgebäude im Kern der Bibliothek beherbergt generell Räumlichkeiten, die zum Aufenthalt einladen. Neben Arbeitsbereichen gibt es hier ein wirklich schönes Lesecafé, in welchem den Bibliotheksnutzern Getränke und kleine Speisen angeboten werden. In bequemen Polster-Sitzgruppen und Einzelsesseln kann entspannt relaxt werden oder aber man nimmt mit einer Zeitschrift zum Schmökern am großen Lesetisch Platz.
Im Dachgeschoss des Gebäudes befindet sich neben einem Seminarraum und den Mitarbeiterbüros ein ganz besonderes Schmuckstück: ein Theater-/Kinosaal. Durch den Blick von unten in das freigelegte Giebeldach, erhält dieser Raum trotz moderner technischer Ausstattung eine ganz besondere Atmosphäre. Wir haben während unserer Besichtigungstour hier einen Film angesehen, sodass ich aus eigener Erfahrung berichten kann, dass auch die Akustik in diesem Raum wirklich toll ist. Die hellen Sitze des Saals bilden einen schönen Kontrast zum erhaltenen Holzgebälk.
Das Herz der Bibliothek bildet die große Holztreppe, welche aus dem Erdgeschoss hoch ins erste Obergeschoss und direkt ins Lesecafé führt. Sie dient nicht nur als offener Erschließungsweg, sondern auch als Lesetreppe und als Sitzpodest bei Veranstaltungen. In den Seitenwänden, von der Treppe aus zugänglich, werden Medien präsentiert. Die einzigen Medien im Gebäude, die nicht barrierefrei zugänglich sind. Hier hilft dann bei Bedarf ein Mitarbeiter weiter, falls man ein Medium aus dieser Aufstellung benötigt und aufgrund einer Einschränkung selbst nicht dorthin gelangt.
In den Außenbereichen, um den alten Schulgebäudekern herum, befindet sich größtenteils die Medienaufstellung. Im Erdgeschoss werden im Eingangsbereich der Bibliothek Bücher auf ausladenden, würfelförmigen Präsentationsmöbeln angeboten. Höhere Möbel/Regale sind so gestaltet, dass Sie durch fensterförmig angelegte Aussparungen den „Durchblick“ ermöglichen. Hierdurch wird eine offene Raumwirkung unterstützt.
Linksseitig der Theke, auf welche man direkt beim Eintreten in das Gebäude zuläuft, eröffnet sich ein Bereich, in welchem die Nutzer an fest installierten Computern, mit mobilen Endgeräten oder aber einfach einem Buch arbeiten können. Diese Einzelarbeitsplätze sind durch filzbespannte Wände voneinander getrennt, welche sowohl zum Sicht- als auch zum Lärmschutz dienen.
Im hinteren Teil des Erdgeschosses und damit wieder im ehemaligen Schulgebäude finden sich Veranstaltungs- und Arbeitsräume. Betritt man diese, erfährt man sofort den Eindruck eines Klassenzimmers. Zwar wurden die Räume mit modernen Designertischen und Stühlen ausgestattet und im Frontbereich durch ein modernes Whiteboard ergänzt, jedoch finden sich an den Seitenwänden auch noch ursprüngliche, natürlich aufgearbeitete, Tafelanlagen wie man sie aus der Zeit kennt, in der man noch selbst die Schulbank drücken musste.
Im ersten Obergeschoss befinden sich angrenzend an das Lesecafé im „Neubau“ die Bereiche der Belletristik, Sachliteratur und die Kinderbibliothek. Die Regale sind hier entweder in der Raummitte oder auch an den Wänden sehr strukturiert aufgestellt und schaffen in den Zwischenzonen immer wieder Plätze, die zum Aufhalten einladen. Sei es in Form einer Sofa- oder Sesselgruppe, eines großen Arbeitstisches oder Einzelarbeitsplätzen an den Fenstern, welche den Blick nach Außen ermöglichen. Im Bereich der Belletristik hat es mir eine Sesselgruppe besonders angetan, die sich vor einem Fenster befindet, von welchem aus man direkt auf den benachbarten Hafen blickt.
Neben den liebevoll ausgewählten, unterschiedlichen Sitzmöbeln zeichnen sich die Aufenthaltsflächen dadurch aus, dass sie häufig durch Teppiche ergänzt werden, auf denen Fotografien abgedruckt sind, welche in geschichtlichem Zusammenhang mit der Schule oder der Kommune stehen. Auch wenn ich ansonsten kein großer Freund von dekorativen Teppichen in Öffentlichen Bibliotheken bin, da diese auch Stolperfallen darstellen, gefällt mir diese individuelle Art der Gestaltung sehr gut.
Bei der Gestaltung der Bibliothek wurde neben dem größtmöglichen Erhalt der ehemaligen Schule viel Wert auf die Verwendung „realer“ Materialien gelegt. So schaut man, je nachdem, wo man sich im Gebäude befindet, auf unverputzte Backsteinwände oder lasierte Dachziegel. Wie im skandinavischen Design nicht unüblich, wird in der Raum- sowie in der Möbelgestaltung viel Massivholz verwendet, was der Bibliothek einen gemütlichen, warmen Charakter verleiht. Daneben ergänzen Sitzmöbel, die mit verschiedenfarbigen Textilien oder Leder bezogen sind, das haptische Erlebnis der Nutzer.
Wenn ich mir meine Ausführungen so im Nachhinein noch einmal durchlese, liest es sich fast wie ein Liebesbrief an die meiner Meinung nach vollkommen zu Recht zur Bibliothek des Jahres 2018 ernannten „School 7“. Neben den Räumlichkeiten der Bibliothek gibt es dafür natürlich noch einige andere nennenswerte Punkte, aber Sie werden es mir nachsehen, dass ich mich aufgrund meines beruflichen Hintergrundes zunächst einmal hierauf beschränke. Und wenn Sie mehr Informationen haben möchten, ist das Bibliotheksteams in Den Helder sehr offen und nett und die Stadt auf jeden Fall einen Besuch wert!
Weitere Beiträge dieser Reihe:
Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)