Angesichts des Herausforderungen der Digitalisierung und der Wandels zur Wissensgesellschaft kommt dem Zugang zu Information, technischer Infrastruktur und digital-medialer Kompetenz eine enorme Bedeutung zu. Bibliotheken reagieren seit Jahren sehr engagiert auf die Veränderungsnotwendigkeit durch die Digitalisierung und tragen so maßgeblich zur digitalen Teilhabe für alle Bevölkerungsschichten und Generationen bei. Das Projekt „DigiHub – MediaLab – MakerSpace“ der Stadtbibliothek Mönchengladbach zeigt, wie Bibliotheken niederschwellig die digitale Teilhabe der Stadt(gesellschaft) stärken können. Gefördert wurde das Projekt durch Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen.
Gestartet hat die Stadtbibliothek das neue Angebot im Sommer 2020 mit Eröffnung der Pop-Up-Bib, dem 600 qm großen Interimsquartier der Zentralbibliothek in Mönchengladbach. Die Interims-Bibliothek ist Labor und Werkstatt für die Zentralbibliothek der Zukunft zb+. Daher wurden trotz der sehr begrenzten Fläche 80 qm für den MakerSpace eingeplant.
Vielfältige technische Ausstattung
Auszustattende Bereiche waren laut Konzept „Roboting, Konstruktion und
Programmierung“, „Virtual und Augmented Reality“, „Kreativität Maker“ und „Mobiles
Arbeiten“. So wurde ein Lasercutter, ein Schneideplotter – ergänzt durch eine
Thermotransferpresse -, ein 3D-Drucker und -Scanner sowie ein Hochleistungs-Rechner
nebst Grafik-Tablet gekauft. Zusätzlich wurden Heißluftgeräte und 3D-Pens beschafft, die
vor allem für die Veranstaltungsarbeit genutzt werden.
Für das MakerMobil wurde ein weiterer, mobiler 3D-Drucker erworben. Ergänzt wird der MakerSpace durch das MedienLabor, das zahlreiche Robotik- und Coding-Tools bereithält. Tools wie die Sense Box ermöglichen die Verbindung von digitaler Bildung mit Bildung für nachhaltige Entwicklung. Viele Tools sind in Gruppen-/Klassenstärke vorhanden und ausleihbar.
Zu den Geräten für das mobile Arbeiten gehören unter anderem ein iPad Koffer mit Apple Pencils und Apple TV für die bibliotheks- und medienpädagogische als auch Veranstaltungs-Arbeit, sowie Laptops und ergänzende Monitore – zum Beispiel für Coding-Workshops. Im Bereich Virtual und Augmented Reality werden nicht nur VR-Brillen, Merge Cubes und AR-Globen angeboten, sondern auch die App Expeditions Pro.
Der Raum verfügt über flächendeckendes W-LAN und wurde mit Maker-Tischen und Steckdosen-Würfeln ausgestattet.
Nutzung und Vermittlung: Vor Ort und auf zwei Rädern
Im Rahmen des Projekts „Hands on die digitale Welt begreifen: DigiHub – MediaLab –
Makerspace“ wurden verschiedene Nutzungs- und Vermittlungskonzepte umgesetzt. So ist die
Nutzung nicht nur vor Ort möglich: Neben dem Verleih von Tools wirkt die Bibliothek mit
ihrem elektro-getriebenen MakerMobil auch im öffentlichen Raum – Medienkompetenz auf
zwei Rädern! Vor dem Hintergrund von Corona wurden Veranstaltungen auch hybrid oder
vollständig digital durchgeführt. Die im Projekt beschafften Tablets konnten dabei
Teilnehmenden zur Verfügung gestellt werden, die nicht über eigene Ausstattung verfügen.
Der Workshop „3D Druck meets Cosplay“, der durch seinen kreativen und technischen
Ansatz sowohl generationenübergreifend, als auch unabhängig von der geschlechtlichen Identität Anklang gefunden hat, konnte aufgrund von Corona leider nur hybrid stattfinden. Die
Workshopleiter*innen demonstrierten den Teilnehmenden Geräte wie den 3D-Drucker online
aus dem MakerSpace. Kooperationspartner war das Jugendclubhaus Westend. Die
Bedeutung der Maker-Angebote als niedrigschwelligen Einstieg in und Motivation für digitale
Bildung hob das Team der Jugendfreizeiteinrichtung hervor.
Lizenz-Workshops ermöglichen eigenständige Nutzung
Das Konzept sah auch vor, dass Bibliothekskund*innen und Multiplikator*innen die Geräte im MakerSpace vor Ort auch unabhängig von den Bibliotheksmitarbeitenden nutzen können. Möglich wurde dies durch Lizenz-Workshops. Nach Teilnahme dürfen Bibliothekskundinnen Lasercutter, Schneideplotter und 3D-Drucker eigenständig nutzen. Die Lizenz-Workshops finden regelmäßig zweimal wöchentlich statt, sodass viele Interessierte erreicht werden können.
Bisher hat sich das Modell als zielführend erwiesen. Dabei reicht das Spektrum von Privatpersonen – Großvater und Enkelin, 50-jährige Hobby-Schmuckdesignerin, Musiker – über Schülerinnen, die z.B. im Informatik-Unterricht erstellte 3D-Dateien ausdrucken bis zu Profis, die die technische Ausstattung etwa für die Erstellung von Schablonen oder Prototyping nutzen. Auch Multiplikatorinnen wurden geschult, die die Geräte wiederum einer weiteren Zielgruppe gezeigt und Projekte umgesetzt haben, z.B. ein örtliches Berufsbildungszentrum mit insgesamt 100 Teilnehmenden. Die Nutzung ist nach Buchung kostenfrei während der Öffnungszeiten möglich.
Coding-Workshops: Kultuhacker und Mach dein DigiDing
Da der Raum auch über Laptops nebst Zubehör verfügt, konnten auch mehrere mehrtägige
Coding-Workshops in der Pop-Up-Bib durchgeführt werden. Unter anderem die „Kulturhacker“ und „Mach dein DigiDing“. Bei dem ersten Projekt konnten Jugendliche ihren eigenen Lieblingshelden via Scratch Leben einhauchen. Der zweite Workshop war ein Upcycling-Projekt, bei dem sowohl Roboter als auch Alarmanlagen kreiert und programmiert wurden. Beide Projekte wurden mit dem Kooperationspartner zdi Mönchengladbach durchgeführt. Beim MakerDay mit dem zdi Mönchengladbach galt: eine Gesamtschulklasse, ein MakerSpace mit vielen Stationen von 3D-Druck bis Robotik gleich jede Menge lernen und MINT-Spaß. Der Clou: Alle Teilnehmenden konnten eine individuell gestaltete Lampe als Gadget mit nach Hause nehmen.
Der iPad Koffer nebst Zubehör wird bei der bibliothekspädagogischen Arbeit mit Schulen und
Institutionen genutzt, aber auch bei Zeichen-Workshops mit der App Procreate eingesetzt. Die Workshops sind bei Alt und Jung sowie auch unabhängig von der geschlechtlichen Identität sehr beliebt.
Der Raum eignet sich auch für partizipative Formate. So fand eine Bürgerbeteiligung zum Thema Smart City statt. Mit dem technischen Angebot und der Ausstattung im Bereich Robotik und Coding konnte die Stadtbibliothek praktisch und zum Anfassen zeigen, was es bedeutet digital zu sein und digitales, lebenslanges Lernen greifbar machen.
Das MakerMobil: Wissen und Technik to go
Mit dem MakerMobil kommt der MakerSpace in die Stadt und zu den Menschen. Während des ParkingDays im Rahmen der Mobilitätswoche im September 2021 hat die Stadtbibliothek Mönchengladbach etwa gezeigt, wie man mit einem vollgepackten Lastenfahrrad nachhaltig unterwegs ist, dank 3D-Drucker Ersatzteile to go produzieren und mit der SenseBox Umweltemissionen messen kann. Beim SmartCity Summit im November 2021 wurde deutlich, dass die Stadt Mönchengladbach mit ihrer Stadtbibliothek schon smart unterwegs ist und für digitale Teilhabe sorgt. Während der „Pausenplattform“ beim Kooperationspartner Jugendclubhaus Westend präsentieren Bibliotheksmitarbeitende kreative Maker-Ideen und brachten Gaming mit für Schülerinnen der benachbarten Realschule. Wenn das MakerMobil nicht unterwegs ist, wird es im MakerSpace vor Ort bei Workshops mobil im Raum eingesetzt.
MakerSpace lebt von Kooperationen
Vernetzungen und Kooperationen wurden ausgebaut, neue Kooperationen kamen hinzu. Eine Auswahl von Partnerinnen: das zdi, die Hochschule Niederrhein, der Dorfcampus Wanlo e.V., Rockid e. V.. Die Bibliothek ist als assoziierte Partnerin aktiv im Verbundprojekt „MINT in Mind“ der Region Mittlerer Niederrhein. Das Projekt ist Teil der Maßnahme „Regionale Cluster für MINT-Bildung von Jugendlichen“ und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für den Zeitraum von Dezember 2020 bis Dezember 2023 gefördert. Hier sollen vor allem junge Frauen mit Migrationshintergrund für das Thema MINT begeistert werden.
In Kooperation mit den Medienberatern und dem Kompetenzteam wurden Einführungsveranstaltungen und Workshops für Erzieherinnen und Lehrerinnen durchgeführt, soweit Corona das möglich machte. Das Interesse war und ist groß. Die Leitung des Fachbereichs Schule und Sport ist begeistert von den Möglichkeiten des MakerSpace, der die schulische Digitalausstattung sehr gut ergänzt.
Zielgerichteter Marketing-Mix macht MakerSpace zur Marke
Die Stadtbibliothek hat gezielte Marketing-Maßnahmen entwickelt, um die neuen Angebote bekannt zu machen und den MakerSpace der Stadtbibliothek als Marke in Mönchengladbach zu etablieren. Ein City-Light-Plakat war in der ganzen Stadt nicht zu übersehen. Das gilt übrigens auch für das im Design des MakerSpace gestaltete elektrogetriebene MakerMobil. Das Stadtmagazin Port01 sprach mit einem Bericht und einer Anzeige speziell junge Leute an. In auffälliger runder Form kamen Flyer und Aufkleber daher. Die werden vor allem vom jüngeren Publikum gern genutzt, um ihre mobilen Endgeräte zu labeln. Blöcke in ansprechender Dot-Optik dienen der ganz analogen Entwicklung neuer Ideen und dem Notieren wichtiger Infos. Erstmals setzte die Stadtbibliothek bei Social Media nicht nur auf eigene Posts, sondern schaltete bei Facebook auch Anzeigen. Die Werbung hat sich ausgezahlt und wird zukünftig häufiger eingesetzt. Das praktische Machen unterstützt der MakerSpace-Zollstock. Kamera-Abdeckungen, so genannte „Webcam-Cover“, verbinden intelligente Werbung mit Sensibilisierung für Datenschutz/Datensicherheit.
Fazit: MakerSpace macht Potenzial der Stadtbibliothek bei Bürgern, Institutionen und Politik sichtbar
Das Projekt-Ziel wurde trotz erschwerter Bedingungen erreicht. Nicht nur haben Bibliothekskundinnen die Stadtbibliothek neu entdeckt – es konnten auch neue Personen und Gruppen für die Bibliothek und das Thema Digitalisierung gewonnen werden. Das Projekt inspiriert sogar Menschen für digitale Bildung, die vormals gar kein Interesse daran hatten. Die Stadtbibliothek hat ihr Potenzial zu niedrigschwelliger, professioneller Vermittlung von Medienkompetenz und digitaler Bildung für die Stadtgesellschaft und die Bildungsinstitutionen der Stadt sichtbar gemacht. Der MakerSpace lädt sowohl zum Ausprobieren und Selbermachen ein als auch zur Vernetzung, da gemeinschaftlich experimentiert wird, Erfahrungen geteilt und Wissen geschaffen wird: explore.create.share. Und das nicht nur in der Bibliothek, sondern mit einem elektro-getriebenen MakerMobil auch in der Stadt. Mit dem DigiHub MediaLab – Makerspace kann die Stadtbibliothek zudem die Digitalisierungsstrategie der Kommune unterstützen, umso wichtiger, als ein „Smart Climate“ nicht einfach zu generieren ist. Daher ist sie auch am Smart City Prozess beteiligt. Das kommt in der Politik nicht nur beim Oberbürgermeister gut an.