In unserem Blogbeitrag „1000 Dinge – Bestandsaufbau für Youtube-Videos?“ haben wir die Frage aufgeworfen, wie der Medienbestand der Bibliothek in Zukunft aussehen könnte. Heute möchten wir uns ansehen, welche Fragen die Integration von frei zugänglichen Internetquellen für die Lektoratsarbeit aufwirft.
A pro pro Fragen – auch in unserem Blogbeitrag zum Thema „Bestandsprofil“ haben wir Fragen aufgeworfen. Wäre es nicht toll, wenn es zu all den Fragen, die die schöne neue Welt des Web 2.0 mit sich bringt, bereits Antworten gäbe? Momentan sind wir noch nicht so weit. Aber – mit jeder guten Frage beginnt die Suche nach Lösungen.…
Die Lektorierung freier Internetquellen ist für Öffentliche Bibliotheken kein neues Thema. Seit 10 Jahren gibt es die Deutsche Internetbibliothek. 50 Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken haben ein Jahrzehnt lang das Internet nach bibliothekarischen Regeln durchforstet und einen geprüften Linkkatalog von heute ca. 7000 Quellen zusammengestellt und kontinuierlich aktualisiert. 2011 gab es 10 Mio. Zugriffe auf diesen Linkkatalog. Ende 2013 wird das Projekt, das Pionierarbeit geleistet hat, eingestellt: „Mittlerweile ermöglichen die technische Entwicklung und der bessere Wissensstand den Nutzern, selbst relevante Angebote im Internet zu erkennen, so dass ein durch Bibliotheken geprüfter und kommentierter Linkkatalog nicht mehr notwendig erscheint. Dieser Umstand spiegelt sich in den stark sinkenden Seitenaufrufen des Linkkatalogs wider.“ (Quelle: http://www.internetbibliothek.de/dib1/) – so ein Teil der Begründung für die Einstellung des Dienstes.
Was bedeutet diese Erkenntnis für Öffentliche Bibliotheken? Ist das Thema „Freie Internetquellen“ damit erledigt? Oder ist die „Deutsche Internetbibliothek“ einfach zu „weit weg“ für die eigenen Bibliothekskunden? Würde ein entsprechender Service bei Einbindung in die Bibliothekshomepage funktionieren? Oder müssen freie Internetquellen vielleicht in den Katalog eingebunden werden, damit der Service Bibliotheksnutzer erreicht?
Nähert man sich dem Thema, so stellt sich dem Lektoratsteam als erstes die Frage, welche Internetquellen für die Bibliothekskunden überhaupt von Interesse sein könnten:
- Filme und Videos? Zum Beispiel von YouTube oder Vimeo.
- Bilder? Zum Beispiel Fotos mit Commons-Lizenz von Flickr. Oder das im Aufbau befindliche WDR-Archiv „Digit“ , das private Fotos von NRW-Bürgern digitalisiert?
- Wie sieht es mit Anleitungen zu Themen wie Kochen (Chefkoch) und Handarbeiten (evtl. thematische Blogs?) aus?
- Oder kommen Zeitzeugenberichte zu aktuellen politischen Themen in Blogs als Ergänzung zum Geschichtsbestand in Frage? Vielleicht gibt es auch Blogs, die sich mit dem Geschehen in der eigenen Stadt beschäftigen? Evtl. auch der Video-Podcast der Kanzlerin? http://www.bundeskanzlerin.de/Webs/BKin/DE/Mediathek/mediathek_node.html?id=674736
- Ausgewählte Inhalte von sozialen Netzwerken? Twitter-Projekte wie z.B. https://twitter.com/9nov38
- Und wie sieht es mit den großen Digitalisierungsprojekten wie Europeana, Deutsche Digitale Bibliothek, Digital Public Library of America u.a. aus?
Welche Auswahlkriterien für die Aufnahme von freien Quellen könnten festgelegt werden? Macht es Sinn über Google leicht zu recherchierende Quellen aufzunehmen (man denke an die Deutsche Internetbibliothek)? Oder sollte man ein individuelles, auf die eigene Kommune zugeschnittenes Profil, entwickeln? Könnte ein solches individuelles Profil einen deutlichen Mehrwert für die Bibliothekskunden darstellen?
Sollte die Bibliothek künftig eigene Inhalte produzieren? So wie es die Stadtbibliothek Greven mit dem Projekt „Kennst du was, dann erklär’s“ begonnen hat? Oder bietet es sich an, „nur“ die Infrastruktur bereitzustellen, um Inhalte, die für die Bürgerinnen und Bürger von Interesse sind, zu sammeln? So wie es das DOK Library Concept Center mit dem „Culture Heritage Browser“ bereits macht: [youtube=http://www.youtube.com/watch?v=ppDz737DvPA]
Wenn eine Antwort auf die Frage nach dem „Was“ gefunden wurde, sollen dann „nur“ die Quellen (Linkliste) präsentiert oder sollen einzelne Elemente (Fotos, Textbeiträge, Videos, Musik) in den Katalog und damit in den Bestand integriert werden?
Und natürlich stellt sich immer wieder die Frage nach dem Urheberrecht und der technischen Machbarkeit. Wenn es schon Schwierigkeiten mit der Integration von Kataloganreicherungselementen in die aktuellen Bibliotheksmanagement-Systeme gibt, wie kann dann die Integration freier Interentquellen in diese Systeme realisiert werden?
Und natürlich die Kardinalsfrage beim Thema Bestandsaufbau: Wie sieht es mit der Aktualität der Angebote aus? Diese Frage haben wir ja bereits im Blogbeitrag „1000 Dinge – Bestandsprofile für online-Medien? Ja oder nein?“ diskutiert. Könnte man hier nicht mit den eigenen Kunden zusammenarbeiten? So wie dies die Musiklektorin der Stadtbibliothek Unna bereits bei der Auswahl von Metal-CDs praktiziert: https://www.facebook.com/metalshelf
Damit Bibliotheksteams die Möglichkeit haben, Antworten auf diese Fragen zu finden, benötigen Öffentliche Bibliotheken Rahmenbedingungen, die dies ermöglichen. Im Rahmen der Initiative „Lernort Bibliothek“ wurden diese Rahmenbedingungen bereits ausführlich diskutiert. Unter dem Titel „Lernort Bibliothek – auf dem Weg in eine digitale Zukunft“ hat die Pilotgruppe 2011 entsprechende Empfehlungen veröffentlicht. Was die Themen Bestandsaufbau und Lektorat angeht, so lohnt sich ein Blick in das Kapitel IV.3. Online-Services und –Angebote.
Welche Fragen beschäftigen Ihr Bibliotheksteam zum Thema „Bestandsaufbau der Zukunft“? Bitte melden!