In den vergangenen Beiträgen haben wir vor allem über das zukünftige Bestandsprofil von Öffentlichen Bibliotheken gesprochen. Gerade die virtuellen Bestände werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Aus diesem Grund ist die geeignete Bereitstellung, also der Zugang zu diesen Beständen genauso wichtig, wie die Inhalte selbst. Besonders Öffentliche Bibliotheken stehen hier vor einer großen Aufgabe. Unser aller Ziel sollte es sein, Bibliothekskunden alle Informationen (ob real oder virtuell) über eine Oberfläche zugänglich zu machen. Dieses Ziel beinhaltet eine Vielzahl an Anforderungen. Aber wie muss die ideale Oberfläche aussehen?
Quelleneinbindung
Bibliotheken werden in Zukunft ihr Informationsangebot mit Hilfe vieler verschiedener Bezugsquellen zusammenstellen. Dazu gehören neben Buchbeständen auch kommerzielle Datenbanken wie Munzinger, Beck Online oder Statista, genauso wie kostenfreie Internet-Quellen (z.B. YouTube, Flickr, relevante Inhalte der Deutschen Digitalen Bibliothek oder ähnlicher Angebote). Wichtig ist daher eine möglichst flexible Arbeitsoberfläche, die vom Bibliothekspersonal leicht angepasst werden und über die man verschiedenste externe Inhalte einbinden kann. Die Integration neuer Angebote muss aus diesem Grund über weltweite Standards realisiert werden. Nur so können alle potentiellen Angebote über eine Oberfläche verfügbar gemacht werden. „Sonderlösungen“, für die Anpassungen durch den Softwarehersteller des Library Management Systems durchgeführt werden müssen, sollten von den Bibliotheken in Zukunft nicht mehr akzeptiert werden. Die Bibliotheken müssen sich aus eigenem Interesse aktiv an der Entwicklung der Oberflächen beteiligen und sich möglichst unabhängig von den Vorgaben der Softwarehersteller machen. Nicht der Softwarehersteller kann die Gestaltung des Bibliotheksangebotes bestimmen, sondern den Bibliotheken obliegt die Entscheidung, was in das System bzw. den Katalog aufgenommen werden soll.
Sucheinstieg und Darstellung der Ergebnisse
Neben der Arbeitsoberfläche für das Bibliothekspersonal ist die Darstellung bzw. Präsentation des Informationsangebotes für die Bibliothekskunden ganz entscheidend. Das größte Problem der momentan auf dem Markt befindlichen Softwaresysteme ist die Darstellung der Suchergebnisse. Mit der geradezu explosionsartigen Erweiterung des Informationsangebotes der Bibliothek geht auch die Übersichtlichkeit der Rechercheergebnisse verloren.
Heute wird das Informationsangebot über eine Metasuche durchforstet. Dabei werden die einzelnen Bezugsquellen nacheinander befragt und die Ergebnisse jeweils separat präsentiert. Diese Art der Präsentation wird von den Bibliothekskunden in der Regel als „zu sperrig“ und auch „zu kompliziert“ empfunden. Die Lösung für dieses Problem scheinen sogenannte Discovery-Dienste zu bieten. In diesem Fall werden die verschiedenen Bezugsquellen in einen gemeinsamen Index überführt und mit Hilfe von Suchmaschinentechnologie befragt. Der Sucheinstieg erfolgt in der Regel über einen einfachen Suchschlitz, wobei die Eingabe einer allgemeinen Suchphrase als Anstoß genügt. Das Suchergebnis ist abhängig von der Relevanz, nach welcher die Inhalte gelistet werden. Bisher wurde kein spezieller Index oder gar ein geeignetes Ranking-Verfahren für die Bedürfnisse Öffentlicher Bibliotheken entwickelt. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe für Öffentlichen Bibliotheken, die es jetzt zu lösen gilt.
Bei der Entwicklung eines solchen „Suchmodells“ sollten auch neben dem Sucheinstieg per Suchphrase Möglichkeiten zum Stöbern mitgedacht werden. Das heißt, die Verwaltungsoberfläche bietet – ähnlich wie dies heute viele Bibliotheken mit Sonderausstellungen für Printmedien realisieren – die Möglichkeit, einzelne Bestandsbereiche je nach Bedarf in der digitalen Welt herauszugreifen und gesondert zu präsentieren. Diese „Schaufenster“ in den Bibliotheksbestand sollte man auch auf Internetpräsenzen wie der Homepage, dem Bibliotheksblog oder Seiten in sozialen Netzwerken einbinden können. Auf diese Weise kann die Bibliothek ihren Kunden auf verschiedenen Wegen Inspiration und Anregungen bieten.
Der Bestand im „One-Stop-Shop“
Aus Kundensicht gibt es aber noch weitere Anforderungen an die Bibliothekssoftware. Kein Kunde möchte ein umständliches (im schlimmsten Falle sogar mehrere) LogIn-Verfahren durchlaufen, ehe er an die gewünschten Informationen gelangt. Mehrere Login-Verfahren setzen zudem voraus, dass der Kunde weiß, in welchem Bibliotheksangebot er die gewünschten Informationen suchen muss. Die Idee des „One-Stop-Shops“ weist den Weg in die Zukunft. Nach einer einmaligen Anmeldung im Bibliothekssystem erhält der Kunde Zugriff auf alle Informationsangebote seiner Bibliothek. Diese Idee hat weitreichende Folgen, denn eine konsequente Umsetzung würde auch bedeuten, dass:
- Kunden nach einer einmaligen Anmeldung auch auf die Angebot der Bibliothek zugreifen können, die nicht auf dem bibliothekseigenen Server liegen (Single-sign-on).
- Kunden auf alle Inhalte, unabhängig von der Bezugsquelle, in einer einheitlichen Umgebung zugreifen können
- Kunden mit jedem (für sie) relevanten Gerät mit einer auf das Gerät abgestimmten Oberfläche auf die verschiedenen Informationsquellen zugreifen können. Dazu gehören neben heimischen PCs bzw. Laptops auch Tablet-PCs und Smartphones.
Wie viele der oben genannten Anforderungen erfüllen die aktuellen Bibliothekssysteme und Internetauftritte der Öffentlichen Bibliotheken bereits heute? Sind uns diese Anforderungen und die damit verbundenen Konsequenzen in vollem Umfang bewusst? Nur indem Bibliotheken bereits heute eigenverantwortlich und aktiv die Weiterentwicklung der Arbeits- und Kundenoberflächen ihrer Softwareprogramme vorantreiben, werden in naher Zukunft geeignete Oberflächen für Kunden und Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Die Maßstäbe setzen kommerzielle Unternehmen.