Deutet sich eine Zeitenwende in den sozialen Medien an? In dem Zeit-Artikel „Das Ende von Social Media“ beschreibt der Autor Lars Weisbrod eine sich verändernde Dynamik digitaler sozialer Netzwerke und stellt die Frage: Stehen wir vor dem Ende der Ära der sozialen Medien? Social-Media-Verantwortliche sollten genau hinsehen, denn Trends wie das Zurückziehen in kleinere digitale Sozialräume und die Fokussierung auf passiven Konsum verändern die Spielregeln.
Der Artikel stützt sich zunächst auf drei aktuelle Meldungen. So meiden vermehrt zahlungskräftige Anzeigenkunden den Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter). Instagram kündigt an, politische Inhalte nicht mehr vorzuschlagen, und das Marktforschungsinstitut Gartner prognostiziert, „dass bis zum Jahr 2025 die Hälfte der Verbraucher ihren Social-Media-Konsum erheblich einschränken oder ganz aufgeben wird.“
Die zentrale These des Artikels stammt vom britischen Wirtschaftsmagazin The Economist: „The end of the social network“ lautete die Zeile auf dem Titel der Zeitschrift. Soziale Medien zerfielen in zwei verschiedene Funktionslogiken – soziale Interaktion und massenmediale Kommunikation. Dabei ist die Faszination sozialer Netzwerke nach Ansicht von The Economist erst durch die Verknüpfung persönlicher Interaktionen mit massenmedialer Kommunikation entstanden. Diese besondere Kombination werde nun aufgebrochen und in ihre zwei grundlegenden Elemente zerlegt.
Zum einen der Trend in Richtung persönlicher und authentischer Kommunikation in kleineren Gruppen. Apps wie BeReal oder Whats App-Gruppen werden als Beispiel für diese Entwicklung genannt, da sie auf persönliche und authentische Kommunikation in kleinen Gruppen setzen. Zum anderen der massenmediale Aspekt, manifestiert durch das Aufkommen von postsozialen Medien wie TikTok.
Die postsozialen Medien wie TikTok hätten sich von der Notwendigkeit der Interaktion entfernt und setzten stattdessen auf einfache Reiz-Reaktions-Muster. Im Gegensatz zu früheren Plattformen liegt der Schwerpunkt weniger auf dem Teilen von Inhalten. Der Beitrag hebt hervor, dass die postsozialen Medien, aber auch Instagram, vermehrt auf Kurzvideos setzen und weniger darauf abzielen, bestimmte Inhalte zu teilen, sondern vielmehr, die Aufmerksamkeit der Nutzer zu bekommen.
Die Entwicklung von sozialen Medien zu postsozialen Medien sieht der Autor kritisch, da die neuen Plattformen weniger auf echte Aktivität abzielen und stattdessen Inhalte anbieten, die das Überfluten der Nutzenden mit visuellen Reizen fördern.
Wenn aber postsoziale Medien langfristig wahrscheinlich nicht die gleiche Wirkung entfalten wie die herkömmlichen sozialen Medien, die uns über viele Jahre hinweg fasziniert haben, so fragt sich der Autor Lars Weisbrod zurecht: Welche Entwicklungen erwarten uns als nächstes? Wie werden wir die entstehende Lücke füllen, die durch nachlassende Begeisterung für Social Media entstehen könnte?
Der Beitrag schließt mit einer für den Autor überraschenden Beobachtung der American Library Association in den USA, ironischerweise ausgelöst durch den TikTok-Trend BookTok: Die steigende Beliebtheit von Stadtbibliotheken und Büchern, vor allem bei Menschen unter 40 Jahren. In U-Bahnen sieht man vermehrt Zwanzigjährige, die vertieft in einem Buch lesen, sogar während sie auf der Rolltreppe stehen. „Als hätten die TikTok-Nutzer beschlossen: Wenn wir uns sowieso wieder in Sender und Empfänger spalten, oder, anders formuliert, in Autor und Leser, dann können wir gleich zurückkehren zum gedruckten Buch, das diese Unterscheidung einst begründete.“
Kommentar: Ein ungewisser Blick in die digitale Zukunft
Der Zeit-Artikel wirft wichtige Fragen zur Zukunft der sozialen Medien auf. Die aktuellen Meldungen und die Analyse des britischen Wirtschaftsmagazins The Economist lassen auf eine sich wandelnde Dynamik schließen.
Was glaubt Ihr, liebe Bibliotheksbeschäftigte? Sehen wir hier tatsächlich das Ende der Ära sozialer Medien? Oder sieht der Autor dies zu negativ? Welche Beobachtungen macht Ihr? Wir freuen uns über Eure Kommentare!
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