Die Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt beeinflusst und verändert die Gesellschaft seit mehr als zwei Jahrzehnten. Dabei stand zu Beginn die Umwandlung analoger Inhalte oder Prozesse in eine digitale Form oder Arbeitsweise im Mittelpunkt. Doch Digitalisierung hat mehr zu bieten. Sie führt in der Arbeitswelt zur Neuausrichtung und Veränderung von Arbeitsprozessen, vernetzt Geräte und Daten miteinander und hat die Kommunikation sowohl im privaten als auch in der Gesellschaft grundlegend verändert.
Diese grundlegenden Veränderungsprozesse werden auch als „digitale Transformation“ bezeichnet. Sie verändern Kundenbeziehungen, bieten neue Servicemöglichkeiten und schaffen so Mehrwerte für Kunden, die es vorher nicht gab. Die Corona-Pandemie hat diesen Veränderungsprozess noch einmal beschleunigt.
Dies betrifft auch die Öffentlichen Bibliotheken: Die digitalen Angebote Öffentlicher Bibliotheken sind aus dem Bibliotheksalltag nicht mehr wegzudenken sind. Mit einer Ausleihsteigerung von durchschnittlich 25 % 2020 hat die eAusleihe gezeigt, dass die digitale Bibliothek nun endgültig zum Basisangebot Öffentlicher Bibliotheken gehört. Insbesondere Bibliotheken, die seit der Teilnahme am Lernort-Programm über die sozialen Netzwerke mit ihren Nutzer*innen in Kontakt stehen, konnten ihre Nutzer*innen besonders gut durch die Pandemie begleiten.
Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation
Durch die Digitalisierung der gesamten Lebenswelt haben und werden sich die Ansprüche der Bibliothekskunden verändern. Von digitalen Bibliotheksangeboten wird dasselbe Servicelevel wie in anderen Lebensbereichen erwartet.
Gleichzeitig haben die hohen Besucherzahlen in Bibliotheken während der Öffnungsphasen in der Pandemie gezeigt, welchen hohen Stellenwert das analoge Bibliotheksangebot weiterhin hat.
Öffentliche Bibliotheken stehen deshalb vor der Herausforderung, künftig drei Bereiche der Bibliothek weiterzuentwickeln:
- Die Digitale Bibliothek, wobei das Angebot über die Bereitstellung von digitalen Ausleihbeständen hinausgehen wird.
- Die physische Bibliothek, die als „3.Ort“ in der Kommune ihre Funktion erweitert.
- Die digitale und analoge Vernetzung der Bibliothek mit ihren Nutzer*innen sowie anderen örtlichen Organisationen und Einrichtungen, um ihre Rolle als Begleiter durch die verschiedenen Lebensphasen bedarfsgerecht weiterentwickeln zu können.
Drei zentrale Bereiche der zukünftigen Bibliotheksentwicklung
Um diesen Entwicklungsprozess zu befördern, sind aus Sicht der Fachstelle drei Aspekte in den Mittelpunkt zu rücken:
- Der Veränderungsprozess durch die Digitalisierung der Gesellschaft, in dem sich auch Bibliotheken befinden, wird in seinem ganzen Ausmaß häufig noch nicht erfasst. Ohne eine inhaltliche Klärung, was Digitalisierung bzw. digitale Transformation für Öffentliche Bibliotheken bedeuten wird, ist jedoch eine strategische und zukunftsorientierte Neuausrichtung der Bibliotheksarbeit nicht möglich. Im Rahmen eines breit angelegten Diskurses wollen wir daher über über die Chancen und Grenzen der digitalen Transformation Öffentlicher Bibliotheken diskutieren.
- Die Corona-Pandemie hat die Bibliotheken auf ihre Funktion „Zugang zu Medien und Informationen schaffen“ reduziert. Gleichzeitig sind die eklatanten Defizite bei der technischen Infrastruktur deutlich geworden, die Voraussetzung für die Entwicklung und Durchführung digitaler Angebote ist. Diese Situation kann zu einem Stillstand der Weiterentwicklung Öffentlicher Bibliotheken nach dem Pandemie-Ende führen. Deshalb ist es erforderlich, zeitnah die technische Infrastruktur in den Bibliotheksgebäuden an die Bedarfe anzupassen.
- Die sich rasant entwickelnde Digitalisierung im Alltag jedes Einzelnen erfordert von den Bibliotheken eine permanente Anpassung ihrer Angebote und Strategien. Dies erfordert neue Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen in Bibliotheken. Um diese zielgerichtet angehen zu können, sind umfassende Qualifizierungsprogramme zur Kompetenzerweiterung der Bibliotheksmitarbeitenden erforderlich.
Die Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW möchte mit der Initiative „Digitale Transformation“ auf den oben beschriebenen Handlungsbedarf reagieren.
Die DigitiativeNRW: Dialog und Handlungsfelder
Die Fachstelle hat die DigitiativeNRW ins Leben gerufen, um gemeinsam mit den Bibliotheksbeschäftigten über den Auftrag Öffentlicher Bibliotheken in einer digitalen Gesellschaft nachzudenken und sich in sicheren Dialogräumen darüber auseinanderzusetzen, was die Digitale Transformation für die öffentlichen Bibliotheken bedeutet. Auf den Regionalen Bibliothekskonferenzen im Herbst 2022 haben wir daher gemeinsam nach zentralen Fragestellungen gesucht, die die Bibliotheksleitungen mit Blick auf die Digitalisierung der Gesellschaft und den damit verbundenen Veränderungsprozess der Öffentlicher Bibliotheken beschäftigen. Mit dem Ziel den Blick zu schärfen für Bedarfe und Rahmenbedingungen.
Diese Herangehensweise, einen ergebnisoffenen Prozess ohne konkrete Vorgaben zu starten, war ein außergewöhnlicher Prozess – auch für die Fachstelle. 5 Handlungsfelder konnten auf der Grundlage der gesammelten Fragen identifiziert werden – und bei keiner ging es um Technik und „irgendetwas mit online“.
- Lobbyarbeit und Advocacy
- Identität und Berufsbild
- Ressourcenmanagement
- Zielgruppen und Angebotsprofile
- Führung, Teamentwicklung, persönliches Selbstverständnis
5 Maßnahmen zur Unterstützung der Bibliotheken
Im Rahmen eines NRW-weiten Beteiligungsprozesses haben sich 5 Arbeitsgruppen mit den Handlungsfeldern intensiv beschäftigt. Als Ergebnis sind 5 konkrete Maßnahmenvorschläge entstanden, die die Fachstelle umsetzen möchte:
- Coaching als Unterstützung für Team und Leitung – ein Online-Stammtisch
- Bibliotheksexkursionen – ein Schwarzes Brett für einen Blick über den Tellerrand
- „Hier geht´s zur Sache“ – Online-Austausch zu Zielgruppen und Angeboten
- Den bunten Faden knüpfen – Qualifizierungsangebote zur Netzwerkarbeit
- Neue Organisations- und Arbeitszeitmodelle in Bibliotheken – ein Pilotprojekt
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