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Robotik kreativ einsetzen: Innovative Wege in der Stadtbibliothek Bergheim

Roboter, die durch die Bibliothek führen, Avatare auf Tablets, die Fragen beantworten – in Bergheim wird Robotik nicht als Zukunftsmusik, sondern als reale Unterstützung für Besucherinnen und Besucher gedacht. Das Projekt „Robotik kreativ einsetzen“ zeigt, wie Technologie und Kreativität zusammenkommen, um Serviceangebote in öffentlichen Einrichtungen neu zu denken. Dabei steht der Mensch stets im Mittelpunkt – nicht nur als Nutzer, sondern auch als Ideengeber. Das Projekt wurde vom Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Landesförderung für Öffentliche Bibliotheken gefördert.

Projektstart und erste Entscheidungen

Im Sommer 2022 entwickelten die Stadtbibliothek Bergheim und die Fachabteilung „BM-Digital“ der Stadt Bergheim gemeinsam erste Ideen für ein Roboterprojekt. Parallel lief im benachbarten Rathaus bereits ein Versuch mit der Universität Köln zum Einsatz eines „Social-Robots“ für die digitalen Angebote der Stadt. Dort informiert der „Furhat“ Besucherinnen und Besucher des Rathauses und nimmt erste Anfragen entgegen.

Nach einer Marktanalyse entschied sich das Bibliotheksteam für den Serviceroboter TEMI und die Programmiersprache Plural.io der Firma HUMANIZING TECHNOLOGIES. Ergänzend bietet die Firma sogenannte Avatare an – digitale Begleiter, die gemeinsam mit den Robotern die Besucher durch die Bibliothek führen und mit zusätzlichen Informationen versorgen können.


Roboter und Avatare im Alltag

Insgesamt vier mobile Serviceassistenten – für jede Etage einer – unterstützen das Bergheimer Bibliotheksteam. Sie nehmen Besucherinnen und Besucher in Empfang, dienen als Orientierungshilfe und beantworten allgemeine Fragen. Ein integrierter Bildschirm ermöglicht es, Informationen visuell zu präsentieren und zu leiten. Ausgestattet mit Sensoren und Kameras bewegen sich die Roboter flüssig und sicher durch Räume und dynamische Umgebungen.

Auch bei Veranstaltungen wird TEMI verstärkt eingesetzt: Er begrüßt Gäste, begleitet sie vom Eingang zu den Veranstaltungsräumen und weist auf das Programm hin. Darüber hinaus kann er allgemeine Fragen beantworten, Inhalte und Aktionen bewerben und auch Feedback einholen. Dank der Funktion des autonomen Fahrens ist TEMI in der Lage, sich sicher im Raum zu bewegen – auch wenn Mitarbeitende einmal nicht direkt zur Verfügung stehen, um bei der Suche nach einem bestimmten Medium zu helfen.

Zusätzlich kommen sogenannte Avatare zum Einsatz, die auf an den Regalen befestigten Tablets installiert sind. Die Avatare selbst sind frei und individuell konfigurierbare „Software-Roboter“, die sich über einen Browser auf Tablets oder Smartphones darstellen lassen. Sie erkennen, ob eine Person vor ihnen steht, verfügen über Spracherkennung und Textausgabe und können über Schnittstellen sogar mit TEMI interagieren. Damit sollen zukünftig sein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Darstellung der Avatare sind seizt Mai 2024 teilautomatische Führungen durch die Bibliothek oder auch Schulführungen möglich.

Gemeinsam sorgen die TEMIS und die Avatare bei Veranstaltungen, Führungen oder Workshops einen echten Mehrwert.


Die Workshops: Beteiligung und Austausch

Symposium als Auftaktveranstaltung

In enger Zusammenarbeit mit den Projektpartnern – ITQ aus Duisburg, Humanizing Technologies aus München und Dr. Roman Briker von der Universität Maastricht – wurden insgesamt sechs Kreativ-Workshops geplant. Ziel ist es, die Bergheimerinnen und Bergheimer einzubinden und gemeinsam kreative Ideen für weitere Einsatzmöglichkeiten zu entwickeln.

Den Auftakt bildete am 21. November 2023 das Symposium „Robotik kreativ einsetzen – Neue Service-Roboter in der Stadtbibliothek Bergheim“. Gemeinsam mit den Partnern stellte das Team das Projekt einer breiten Öffentlichkeit vor. Eingeladen waren Vertreter aus Lokalpolitik, Medien, Bildung und Forschung.

Einmal programmiert, sauste TEMI an diesem Abend gezielt zu den Getränken – nur gebremst durch virtuelle Wände und andere Hindernisse. „Keine Angst, der tut nichts“, stellte Bibliothekarin Christina Pantelidu ihren neuen flinken Kollegen vor. Seine digitale Begleitung „Holly“ – ein Avatar in Gestalt einer freundlichen Dame – lächelte vom großen Bildschirm herab und trat in Dialog mit den Teilnehmenden.


Team-Workshop zur Vorbereitung

„Es geht gar nicht darum, unsere menschlichen Mitarbeiter zu ersetzen“, erklärte die stellvertretende Leiterin Lisa Joos. „Diese hätten dann mehr Zeit für andere Aufgaben.“ Gerade bei Fragen zur Orientierung oder zur Mediensuche kann TEMI eine Unterstützung sein, wenn nicht immer jemand vor Ort ist.

Bereits vor dem Symposium hatte Dr. Roman Briker in einem Workshop alle Mitarbeitenden auf das Projekt eingestimmt. Neben vielen Ideen wurden auch Sorgen angesprochen – etwa die Sorge um Arbeitsplätze. Diese Ängste wurden ernst genommen und flossen in die Projektgestaltung mit ein.


Co-Creation-Workshop zur Ideenfindung

Am 23. Januar 2024 wurde die Workshop-Reihe mit einem „Co-Creation-Workshop“ fortgesetzt. Gemeinsam mit den Teilnehmenden und den Projektpartnern wurde eine Roadmap für eine sinnvolle und nachhaltige Integration der Robotik in die Stadtbibliothek Bergheim entwickelt.

Der Workshop richtete sich nicht nur an Technikbegeisterte – auch für das Bibliotheksteam selbst war das Thema Neuland. Ein Student des Studiengangs „Bibliothek und digitale Kommunikation“ berichtete: „Die Roboter müssen vor allen Dingen auch Spaß machen!“ – ein Impuls, der das Projekt weiter inspirierte.

In zwei Gruppen wurden kreative Ideen gesammelt, diskutiert und geclustert: von interner Unterstützung und Veranstaltungsbegleitung über mögliche Kooperationen mit Bildungspartnern bis hin zu spezifischen Angeboten für einzelne Zielgruppen.


Makeathon: Technik und Kreativität

Anfang Juli lud das Bibliotheksteam gemeinsam mit den Projektpartnern motivierte Studierende, Schüler und Interessierte ein, eigene Ideen umzusetzen. Beim MAKEATHON kamen neben TEMI und den Avataren auch Microcontroller, 3D-Drucker sowie handwerkliche Werkzeuge wie Sägen und Bohrmaschinen zum Einsatz.

Von Projekten zur automatisierten Texterkennung für das Scannen von Medien bis hin zur „Fotobox“ von Henrik Flamm und Johannes Hillesheim – mit zwölf Jahren der jüngste Teilnehmer – reichte die Bandbreite der Ideen. Ziel war es, kreative Lösungen zu entwickeln, nicht fertige Produkte.

Auch Studierende der FH Aachen-Jülich und der Hochschule Rhein-Waal nahmen teil. Selbst die Viertelfinals der EM hielten die Teilnehmenden nicht von ihrer Arbeit ab – die Übernachtung mit Frühstück in der Bibliothek sorgte für Festivalstimmung. Alle lobten die tolle Atmosphäre und das liebevoll organisierte Catering. Besonders beeindruckte die starke Kooperation in den Teams, die zu schnellen und effektiven Lösungsansätzen führte.


Workshops für Schulen

Im November wurden abschließend Workshops für Schulklassen durchgeführt. In 90-minütigen Einheiten erhielten Schülerinnen und Schüler eine spielerische Einführung in die Programmiersprache „Plural.io“ und den Umgang mit Avataren – mit schnellen Lernerfolgen. Die Bibliothek profitierte erneut von der Unterstützung der Firma ITQ, die nicht nur Referentinnen und Referenten stellte, sondern auch das didaktische Konzept entwickelte.


Ausblick: Neue Partnerschaften und Perspektiven

Die Stadtbibliothek bleibt in regem Austausch mit potenziellen Projektpartnern – etwa dem KI-Village Hürth und der Firma Robolutions. Gemeinsam werden neue Konzepte und technische Innovationen entwickelt, die auch den Einsatz von TEMI betreffen.

Demnächst erhält TEMI ein Software-Update sowie ein technisches Upgrade, um seine Rolle im Unterricht – beispielsweise bei Führungen mit Schulklassen – weiter auszubauen. So sollen neue Zielgruppen angesprochen und das Interesse an Robotik und KI nachhaltig gefördert werden. TEMI und die Avatare leisten dabei auch einen Beitrag zur Integrationsarbeit, indem sie Besucherinnen und Besucher in verschiedenen Sprachen empfangen und begleiten.

Ein zentrales Projektziel für 2025 ist die Einführung eines digitalen Leitsystems in der Stadtbibliothek. Roboter, Avatare und digitale Info-Screens sollen Hand in Hand auf allen vier Etagen für Orientierung und umfassenden Service sorgen. Zudem wird an einer direkten Anbindung an die Bibliothekssoftware BIBLIOTECAnext gearbeitet. So könnten Besucherinnen und Besucher zukünftig direkt über einen Avatar im Katalog recherchieren und von TEMI gezielt zum gesuchten Medium begleitet werden.

Das Team der Bibliothek und seine Kooperationspartner blicken einem spannenden und zukunftsweisenden Weg entgegen!

Kontakt:
Werner Wieczorek, Bibliotheksleitung
Stadtbibliothek Bergheim
Konrad-Adenauer-Platz 1
50126 Bergheim

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Auf dem Weg zur Bibliothek der Zukunft: Die Stadtbibliothek Essen

Die Stadtbibliothek Essen hat im Jahr 2023 einen entscheidenden Meilenstein in ihrer Weiterentwicklung erreicht. Unter dem Leitgedanken, ein moderner und lebendiger Ort für Lesen, Lernen und Austausch zu bleiben, wurde gemeinsam mit Mitarbeitenden, Bürger*innen und externen Berater*innen ein umfassender strategischer Entwicklungsprozess auf den Weg gebracht. Ziel war es, die Bibliothek langfristig als zeitgemäßen Bildungs- und Begegnungsort für alle in Essen lebenden Menschen zu gestalten. Das Projekt wurde vom Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Landesförderung für Öffentliche Bibliotheken gefördert.

Vision und Zielsetzungen: Der Gesamtprozess im Überblick

Ausgehend von einer bereits vorliegenden Zukunftsvision wurden kurz-, mittel- und langfristige Ziele sowie konkrete Maßnahmen für das Gesamtsystem der Stadtbibliothek Essen definiert. Im Zentrum standen dabei:

  • Die Berücksichtigung veränderter Bedürfnisse der Bürger*innen
  • Die Weiterentwicklung der Bibliothek als Ort des lebenslangen Lernens
  • Die Erarbeitung einer zukunftsweisenden Bibliothekskonzeption mit konkreten Umsetzungsschritten.

Diese Gesamtkonzeption umfasste zentrale Themenbereiche wie die Zusammenarbeit zwischen Zentral- und Stadtteilbibliotheken, interne Organisation und Personalentwicklung, den Umgang mit analogen und digitalen Medien, Öffnungszeiten, Kooperationen sowie die Kommunikation nach innen und außen.

Prozessgestaltung: Beteiligung, Transparenz und Teamarbeit

Ein zentrales Anliegen war die breite Beteiligung aller Mitarbeitenden sowie die Einbindung von Bürgerinnen und Kooperationspartnern. Dies diente nicht nur der Akzeptanz, sondern stärkte auch die gemeinsame Verantwortung für die Umsetzung der Vision. Externe Beraterinnen begleiteten den Prozess mit einem kontinuierlichen Projektmanagement und stellten sicher, dass Entwicklung und Umsetzung Hand in Hand gingen.

Projektbausteine im Detail

Im Laufe des Jahres wurden verschiedene Projektbausteine erarbeitet und umgesetzt, darunter:

  • Profilbildung und Schwerpunktsetzung für die einzelnen Bibliotheksstandorte (Ziel- und Zielgruppendefinition, Profilierung, Design-Thinking): Planungs- und Organisationsworkshop (Kick-Off-Meeting), Zusammenstellung von Daten/Umfeldanalyse, Beteiligungsworkshops mit den Mitarbeitenden, Kreativ-Workshops mit Bürger*innen in der Zentralbibliothek, Dialogforen Stadtteilbibliotheken (Profilbildung), Interviews mit Schlüsselakteuren und Stakeholdern, Zielentwicklungsworkshops, Planung der Schwerpunktmaßnahmen
  • Aufgaben und Zusammenarbeit der Zentralbibliothek mit den Stadtteilbibliotheken: Begleitung der internen Abstimmungsprozesse hinsichtlich der Zusammenarbeit von Zentralbibliothek und der Stadtteilbibliotheken, Schnittstellenmanagement etc., Umsetzung der Profilierung der Stadtteilbibliotheken
  • Interne Organisation und Personalentwicklung: Arbeitsgruppe »Prozessgestaltung, Durchführung einer anonymen Online-Befragung aller Mitarbeitenden zu Optimierungspotenzialen der Ablauforganisation, Auswertung und Zusammenführung SWOT-Analyse (Berater), anonyme Online-Befragung durch die Berater, Erarbeitung von Zielstellungen und eine Umsetzungsplanes gemeinsam mit dem Team (Workshop), Überarbeitung der Organisationsstruktur, Entwicklung eines angepassten Stellenplans und entsprechender Arbeitsplatzbeschreibungen sowie einer Fortbildungskonzeption (Workshop)
  • Ressourcenmanagement: Fachliche Begutachtung des Geschäftsgangs Medien, Erarbeitung von Empfehlungen zur effizienteren Gestaltung der Einarbeitungsprozesse (Folierung, Signierung, Datenimport etc.), Prüfung von Möglichkeiten zum Outsourcing, Prüfung von technischen Optionen (Erweiterung der Zahlungsmodalitäten, Online-Anmeldung, verbesserte Selbstbedienungsfunktionen), Empfehlungen zur Kundenkommunikation
  • Medienkonzepte und Angebotsgestaltung: Analyse des Bestandsprofils anhand der vorliegenden Daten, u.a. Effizienzauswertung der einzelnen Bestandsgruppen, nach Möglichkeit Vergleich mit anderen Bibliotheken, Entwicklung von Zielen für eine neues Bestands- und Wissensvermittlungskonzeptes, Entwicklung eines mehrdimensionalen Bestands- und Wissensvermittlungskonzeptes: Physische Medien, digitale Medien, Wissens-Events, Lernen mit den Händen (MINT, Makerspaces, Repair-Cafés)
  • Öffnungszeiten und Open Library, Sonntagsöffnung: Entwicklung einer Gesamtkonzeption Open Library, Analyse der Aufbau- und Ablauforganisation und Benennung des Personaleinsatzes für die Sonntagsöffnung
  • Networking und Kooperation mit anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen: Workshops zur Analyse der Kooperationsstrukturen mit Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie lokalen Akteuren auf Stadtteilebene (Stakeholder- Analysen)
  • Kommunikationsstrategie (interne und externe Kommunikation): Workshop-Serie »Interne und externe Kommunikation planen und durchführen«
  • Bündelung aller Ergebnisse in einer Gesamtkonzeption für die Stadtbibliothek Essen: In der Bibliothekskonzeption werden die Ergebnisse aller Teilprozesse gebündelt. Im Laufe des Prozesses wird die Gliederung der Bibliothekskonzeption im Dialog der                 Verantwortlichen der Stadtbibliothek Essen mit den externen Beratern erarbeitet.

Realisierte Meilensteine 2023

April 2023: Arbeitsgruppen „Kommunikation“ und „Öffnung & Zugänge“
In diesen Gruppen wurde eine systematische Stärken-Schwächen-Analyse durchgeführt und gemeinsam mit Mitarbeitenden und Kund*innen zukünftige Chancen und Risiken identifiziert.
1. Analyse der Ist-Situation:
a) Über welche Stärken verfügt die Stadtbibliothek Essen im jeweiligen Arbeitsbereich?
b) Welche Schwächen sind zu benennen?

2. Blick in die Zukunft:
a) Welche Chancen sind für die Zukunft zu benennen?
b) Welche Risiken sind zu beachten?

3. Ableiten erster Handlungsbedarfe aus der Analyse:
a) Erarbeitung kurz-, mittel- und langfristiger Zielsetzungen sowie entsprechender Maßnahmen.
b) Die Ergebnisse wurden dem Ziel- und Maßnahmenkatalog hinzugefügt.

Viel Engagement und Diskussionen gab es bei der Erarbeitung der unterschiedlichen Zielsetzungen sowie geeigneter Maßnahmen. (Copyright Fotos: Anja Flicker).

Mai 2023: Strategische Abstimmungen
In zwei Sitzungen fanden Abstimmungen zwischen dem Führungsteam der Stadtbibliothek sowie den Berater*innen zur Koordinierung der Gesamtergebnisse sowie zur Gestaltung des Strategiekonzeptes statt. Aus dem Zielkatalog wurden insgesamt neun Oberziele abgeleitet.

Juni 2023: Präsentation der Zwischenergebnisse
Die bisherigen Ergebnisse wurden dem Geschäftsbereichsleiter Jugend, Bildung und Kultur, Herrn Muchtar Al Ghusain, vorgestellt.

Juli bis Oktober 2023: Entwicklung des Strategiekonzepts
Die Berater*innen erarbeiteten ein umfassendes Strategiekonzept, das in enger Abstimmung mit der Bibliotheksleitung entstand.

November 2023: Abschluss und Übergabe
Am 3. November 2023 wurde das fertige Strategiekonzept an die Stadtbibliothek Essen übergeben – ein Meilenstein auf dem Weg in die bibliothekarische Zukunft.

Fazit: Gemeinsam Zukunft gestalten

Der Entwicklungsprozess der Stadtbibliothek Essen zeigt eindrucksvoll, wie mit partizipativen Methoden, klarer Zielorientierung und professioneller Prozessbegleitung eine zukunftsfähige Bibliothekskonzeption entstehen kann. 2023 war ein Jahr intensiver Zusammenarbeit, kreativer Ideenfindung und strategischer Weichenstellung. Die Ergebnisse bieten eine stabile Grundlage für die nächsten Schritte – auf dem Weg zur Bibliothek der Zukunft.

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Fortbildungsprogramm 2. Halbjahr 2025. Jetzt anmelden und weiterbilden!

Im Fortbildungsprogramm für das zweite Halbjahr 2025, das wir in Kooperation mit dem ZBIW der TH Köln anbieten, stehen 15 verschiedene Themen auf der Agenda. Neben bewährten Formaten erwartet Sie im Weiterbildungsprogramm 2.2025 eine Reihe neuer, innovativer Seminare.

Unsere neuen Angebote setzen frische Impulse in zentralen Themenfeldern wie Künstliche Intelligenz, Demokratieförderung, Change Management, Nachhaltigkeit, mentale Gesundheit am Arbeitsplatz und strategische Weiterentwicklung. Zudem greifen wir aktuelle Diskurse rund um Diversität und Medienvielfalt auf – wie Comics und Mangas in öffentlichen Bibliotheken. Auch Fragen der visuellen Kommunikation und der konstruktive Umgang mit kontroversen Inhalten sind Teil des neuen Programms.

Im 2. Halbjahr 2025 startet auch der nächste Durchgang des Quereinsteigerkurses „Wie funktioniert eine Öffentliche Bibliothek? – Grundwissen Bibliothek“.

Das Fortbildungsprogramm für Öffentliche Bibliotheken NRW ist Teil der Landesförderung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW und ist für die Beschäftigten aus Öffentlichen Bibliotheken in NRW kostenfrei.

Zertifikatskurse speziell für Öffentliche Bibliotheken

Dieses Weiterbildungsangebot ist Teil der Landesförderung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW für Öffentliche Bibliotheken und wird ebenfalls in Kooperation mit dem ZBIW der TH Köln durchgeführt. Die Förderung für Beschäftigte aus Öffentlichen Bibliotheken in NRW beträgt 80% der Kursgebühr.

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Open Library in Haltern am See: Offen wie nie zuvor

Die Stadtbücherei Haltern am See hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Verwandlung durchlaufen. Von einer reinen Ausleihstation hat sie sich zu einer einladenden Familienbücherei entwickelt – einem Ort, an dem sich Jung und Alt gleichermaßen wohlfühlen und gerne verweilen. Mit der neuen Open Library können Besucherinnen und Besucher die Bücherei jetzt auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten nutzen. Erfahren Sie, wie die Bibliothek zum Treffpunkt für alle geworden ist. Das Projekt wurde im Rahmen der Landesförderung vom Land Nordrhein-Westfalen unterstützt.

Das Projekt „Treffpunkt Zukunft“

Die Umgestaltung wurde in mehreren Etappen von 2019 bis 2022 durchgeführt, wobei nicht nur neue Möbel angeschafft wurden, sondern auch der gesamte Charakter der Bibliothek neu definiert wurde.

Der letzte entscheidende Schritt zur Modernisierung erfolgte 2023 mit dem bewilligten Landesprojekt „Treffpunkt Zukunft“. Ziel war es, die Stadtbücherei noch zugänglicher zu machen und die Nutzungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger zu erweitern.

Herzstück des Projekts war die Einführung einer „Open Library“. Diese ermöglicht es den Besucherinnen und Besuchern, die Bücherei auch außerhalb der personell besetzten Zeiten zu nutzen. Mithilfe der RFID-Technologie können Nutzerinnen und Nutzer nun auch früh morgens oder am Abend in den Genuss der Bibliothek kommen – ein echter Gewinn für Berufstätige, Studierende und alle, die flexible Öffnungszeiten zu schätzen wissen.

Technische Innovation für eine smarte Bibliothek

Damit die Open Library sicher und reibungslos funktioniert, war eine umfangreiche technische Ausstattung nötig. Bereits in den Jahren zuvor hatte die Stadtbücherei mit Blick auf eine mögliche RFID-Einführung bereits vorausschauend in eine RFID-Verbuchung, eine automatische Lichtsteuerung, Lautsprechersysteme und eine Alarmanlage investiert.

Im Herbst 2023 wurden dann im Zuge des Landesprojekts die letzten technischen Maßnahmen umgesetzt: Kameras, RFID-Zutrittsterminals und eine passende Software wurden installiert und miteinander vernetzt. Ende Oktober traf die Hardware ein, im Dezember war das Projekt dann vollständig abgeschlossen. Besonders erfreulich: Von den bewilligten 28.500 Euro blieben sogar 332,86 Euro als Minderausgaben übrig.

Neue Öffnungszeiten – mehr Zeit für Wissen und Entspannung

Dank der Open Library hat sich die wöchentliche Öffnungszeit der Bücherei fast verdoppelt: Statt 28 Stunden ist sie nun 51 Stunden pro Woche geöffnet.

Diese Erweiterung wird von der Bevölkerung begeistert angenommen: Bereits jetzt haben sich über 280 Nutzerinnen und Nutzer für die Open Library freischalten lassen.

Die Stadtbücherei als Treffpunkt der Zukunft

Mit der Einführung der Open Library hat Haltern am See einen großen Schritt in die Zukunft gemacht. Die Stadtbücherei ist längst mehr als nur ein Ort zum Ausleihen von Büchern – sie ist ein Treffpunkt, ein Lernort und ein Platz zum Verweilen geworden.

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SommerLeseClub 2024: Gelungene Premiere für die Fachstelle

Der SommerLeseClub gehört zu den größten Leseförderprojekten Nordrhein-Westfalens und wird durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW gefördert. Von 2005 bis 2023 wurde er vom Kultursekretariat Gütersloh betreut, 2024 lag die Verantwortung erstmals bei der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW. Dort kümmerten sich Katrin Steuten und Melina Kortmann um die Koordination und die Kommunikation mit den teilnehmenden Bibliotheken. Hier ein Rückblick auf die Premiere.

Auch in 2024 präsentierten sich die Bibliotheken mit Lesungen sowie Veranstaltungen zu Making und Gaming oder medienpädagogischen Workshops als vielfältiger Kultur- und Freizeitort. Insgesamt boten 159 kommunale und kirchliche Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen den SommerLeseClub an. Mit 29.320 Teilnehmenden setzte sich der Trend steigender Teilnehmendenzahlen der letzten Jahre fort. Damit nähern sich die Zahlen allmählich wieder dem Niveau vor der Corona-Pandemie an, als im Jahr 2019 insgesamt 33.783 Personen teilnahmen.

Die Teilnehmenden haben dieses Mal mehr als 166.000 Stempel gesammelt. Davon entfiel die deutliche Mehrheit von mehr als 125.000 Stempeln auf gelesene Bücher. Hinzu kamen 30.000 Stempel für gehörte Hörbücher und fast 10.000 Stempel für Veranstaltungsbesuche.

Es fanden rund 2.000 Veranstaltungen einschließlich der Abschlussfeiern statt. So veranstaltete die Stadtbücherei Altena beispielsweise eine Büchereiolympiade, während das Team der Stadtbücherei Bochum eine Detektivwoche anbot. Die Stadtbibliothek Gütersloh hat ihren SommerLeseClub unter dem Motto „Fußball“ gestaltet. Absolutes Highlight: Eine Lesung und Schnitzeljagd im Stadion des FC Gütersloh.

Der SLC der Stadtbibliothek Gütersloh stand in diesem Jahr unter dem Motto „Fußball“ 
(Copyright Stadtbibliothek Gütersloh GmbH / Tatjana Wanner)

Höhere Motivation im Team

Interessant: Die Mehrheit der Teilnehmenden, nämlich 62 %, nahm in Teams teil – mit positiven Auswirkungen. Während 58 % der Einzelpersonen den SommerLeseClub erfolgreich abschlossen, lag die Erfolgsquote bei den Teams sogar bei 82 %.

Am stärksten vertreten waren die Altersgruppen zwischen 6 und 12 Jahren. Auch diese Verteilung entspricht in etwa jener der Vorjahre und zeigt, dass der SommerLeseClub vor allem Kinder von der ersten bis zur sechsten Schulklasse erreicht. Die hohen Teilnehmerraten in den Altersgruppen zwischen 30 und 49 Jahren sind wohl darauf zurückzuführen, dass viele Kinder gemeinsam mit ihren Eltern bzw. Familien am SommerLeseClub teilgenommen haben.

Bei den Schulformen ist die Verteilung fast identisch zu den Vorjahren: Etwa die Hälfte aller Teilnehmenden besucht eine Grundschule, gefolgt von Gymnasien und Gesamtschulen. Angesichts der Altersstruktur der Teilnehmenden ist der hohe Anteil von Grundschülerinnen und Grundschülern logisch.

„Es ist erfreulich, dass viele Bibliotheken nach Wegen suchen, um auch Jugendliche im Alter von 13 bis 19 Jahren aus Haupt-, Real- und Förderschulen stärker zu erreichen“, sagt Katrin Steuten von der Fachstelle.

Bei der Logbuch-Version zeichnet sich ein klarer Trend zum Analogen ab. Im Corona-Jahr 2021 boten noch 75 % der Bibliotheken das Online-Logbuch an, 2024 waren es nur noch 58 %. Folglich sank auch der Zahl der Teilnehmenden, die das Online-Logbuch wählten: 2021 nutzten rund 4.800 Personen das Online-Logbuch, was etwa 21 % der Gesamtanmeldungen entsprach – 2024 lag der Anteil nur noch bei 12 %. Trotzdem ist es vielen Bibliotheken wichtig, ihren Nutzenden auch in Zukunft beide Varianten anzubieten.

Im Herbst gab es auf mehreren Netzwerktreffen die Möglichkeit, sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen und Erfahrungen sowie Ideen zu teilen. Die Treffen fanden in der Stadtbücherei Bochum und in der Stadtbibliothek Gütersloh statt, ergänzt durch ein Online-Treffen. Neben der Präsentation der statistischen Auswertung durch die Fachstelle und interessanten Vorträgen verschiedener Bibliotheken hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich zu Themen wie Veranstaltungen (insbesondere Abschlussveranstaltungen), Sponsoring und Kooperationen sowie der Einbeziehung unterschiedlicher Altersgruppen auszutauschen. Dabei zeigte sich, dass viele Bibliotheken bereits ein kreatives und abwechslungsreiches Veranstaltungsangebot bieten – unabhängig von der Größe ihrer Kommune.

Beim Netzwerktreffen in der Stadtbücherei Bochum tauschten sich die Teilnehmenden rege zu Veranstaltungsformaten, Kooperationen und der Einbeziehung verschiedener Altersgruppen aus (Copyright Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW / Melina Kortmann)

„Wir freuen uns, dass unsere Premiere des SLC so reibungslos geklappt hat. Das zeigen uns auch die Rückmeldungen: 96 % der Bibliotheken haben die Durchführung des SommerLeseClubs mit ‚Ausgezeichnet‘ bis ‚Gut‘ bewertet. Ebenso positiv: Die gleiche Anzahl plant, den SommerLeseClub auch 2025 wieder anzubieten“, sagt Melina Kortmann.

Anmeldung für den SommerLeseClub 2025

Bibliotheken in NRW, die 2024 nicht teilgenommen haben, aber Interesse haben, den SommerLeseClub 2025 selbst durchzuführen, können sich per Mail an sommerleseclub@brd.nrw.de für den Newsletter anmelden und erhalten alle erforderlichen Informationen. Eine Anmeldung für 2025 ist noch bis zum 27. Januar 2025 möglich. Teilnehmende Bibliotheken erhalten auf www.sommerleseclub.de eine persönliche Landing-Page mit Veranstaltungskalender sowie Printmaterialien wie Poster, analoge Logbücher, Flyer etc. mit individuellem Eindruck. Die Bibliotheken, die das Online-Logbuch anbieten möchten, erhalten zusätzlich einen Zugang und eine Anleitung zur Nutzung.

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Analyse-Tipps als wertvolle Ergänzung zur Effizienzwertanalyse: Ein Leitfaden für Bibliotheken

Die Effizienzwertanalyse ist ein unverzichtbares Werkzeug für Bibliotheken, um ihre Bestände optimal an den Bedürfnissen und Interessen ihrer Nutzer*innen auszurichten. Durch die systematische Erfassung und Analyse von Ausleih- und Bestandsdaten können Bibliotheken die Effizienz einzelner Bestandsgruppen bewerten und fundierte Entscheidungen zur Bestandsentwicklung treffen. Diese Methode ermöglicht es, sowohl Überbestände als auch Lücken im Sortiment zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Die Fachstelle setzt im Rahmen ihrer Strategieentwicklungsprogramme auf eine Methode, bei der die statistische Auswertung der Daten um sogenannte spezifische Aktionsbeschreibungen ergänzt wird. Diese bieten praxisnahe Empfehlungen, die über die rein quantitative Analyse hinausgehen. Sie unterstützen Bibliotheken dabei, auch qualitative Aspekte wie Medienpräsentation, Aktualität und Zielgruppenrelevanz zu berücksichtigen. Dadurch wird die Effizienzwertanalyse zu einem umfassenden Werkzeug, das Bibliotheken in ihrer strategischen Bestandsplanung unterstützt.

Ziel der Effizienzwertanalyse

Das Ziel der Effizienzwertanalyse ist es, anhand von Kennziffern den Aufbau der einzelnen Bestandsgruppen passgenau an der Nachfrage auszurichten. Dafür werden Bestandszahlen der jeweiligen Bestandsgruppe sowie des Gesamtbestandes mit den Ausleihzahlen ins Verhältnis gesetzt. Auf diese Weise lässt sich erkennen, in welchen Gruppen Handlungsbedarf besteht. Gleichzeitig lassen sich Konsequenzen für die künftige Verteilung des Medienetats ableiten.

Vorbereitung der Effizienzwertanalyse

Grundsätzlich gehört zur Pflege des Medienbestandes auch die Aussonderung von beschädigten bzw. nicht mehr genutzten Beständen. Beschädigte Medien werden i.d.R. weniger ausgeliehen und verursachen schlechte Effizienzwerte. Gleiches gilt für Medien, die über einen längeren Zeitraum nicht mehr ausgeliehen werden. Deshalb sollten mithilfe von Null-Listen (seit mindestens einem Jahr nicht ausgeliehene Medien) mindestens alle zwei Jahre die Bestände bereinigt werden. Spätestens im Vorfeld einer Effizienzwertanalyse empfiehlt es sich, den Bestand zu bereinigen.

Ausführung und Zeitrahmen

Um einen Trend zu erfassen und evtl. Besonderheiten in einzelnen Jahren zu erkennen, empfehlen wir eine jährliche Durchführung der Effizienzwertanalyse. Für die Entscheidungsfindung sollte jeweils ein Zeitraum von drei Jahren in den Blick genommen werden. So können auch Veränderungen bei der Bestandsnutzung beispielsweise durch eine neue Medienpräsentation oder eine neue Anschaffungspolitik überprüft werden. Besonders vor Neueinrichtungsprojekten, der Einführung von RFID-Verbuchung o.ä. sollte eine Bereinigung des Bestands und die Überprüfung der Erwerbungsstrategie mithilfe der Effizienzwertanalyse erfolgen.

Tabellenvorlage

Eine Auswertung ist in Form einer Exceltabelle am einfachsten umzusetzen. Die folgende Tabelle wurde in unserer Fortbildung „Den roten Faden finden – wir entwickeln eine Bibliotheksstrategie“ bereits erfolgreich eingesetzt und steht zum Download zur Verfügung:

Zu beachten ist, dass nur physische Medien und deren Ausleihen in die Effizienzwertanalyse einfließen (DBS-Fragen 13 und 14.1). E-Medien können nicht mit einbezogen werden.

Die Effizienzwertanalyse ist unabhängig von der Art der Aufstellung des Bestandes zu nutzen (z.B. Allgemeine Systematik für Bibliotheken, Interessenskreise). Nach Bedarf können die Mediengruppen weiter untergliedert werden oder um weitere Gruppen wie zum Beispiel jahreszeitliche Literatur ergänzt werden.

Ggf. muss die Tabelle an die Systematik Ihrer Bibliothek angepasst werden. Zum Schutz vor Fehlern sollten die hinterlegten Formeln aber nicht verändert werden.

In der Tabelle hinterlegte Formeln:
– Ausleihe einer Sachgruppe x 100 / Gesamtausleihe = %-Anteil an der Gesamtausleihe
– Bestand einer Sachgruppe x 100 / Gesamtbestand = %-Anteil am Gesamtbestand
– Ausleihen / Bestand = Umsatz
– Ausleihanteil / Bestandsanteil = Effizienz

In Bibliothekssystemen sollten die Zentrale und jede Stadtteilbibliothek eine eigene Effizienzwertanalyse erstellen. Den Effizienzwert aller Standorte zu addieren ist nicht zu empfehlen. Ein direkter Vergleich zwischen Stadtteilbibliotheken ist möglich, sollte aber immer alle Faktoren (Lage, Barrierefreiheit, Zielgruppen, Öffnungszeiten etc.) berücksichtigen.

Nach Eintragen der Ausleih- und Bestandszahlen für jede Bestandsgruppe werden der %-Anteil an der Gesamtausleihe, der %-Anteil am Gesamtbestand, die Effizienz und der Umsatz automatisch anhand der hinterlegten Formeln berechnet.

Der Idealwert für die Effizienz liegt bei 1,0. In diesem Fall ist der Anteil der Bestandsgruppe am Gesamtbestand und ihr Anteil an der Gesamtausleihe identisch. Da dies nur selten der Fall ist, hat sich als Faustregel für die Bewertung des Ergebnisses in der Praxis folgende Einordnung bewährt:

  • Effizienz unter 0,8: zu viel Bestand bzw. Nachfrage ist zu gering
  • Effizienz über 1,2: zu wenig Bestand bzw. Nachfrage ist zu groß

Tipps für die Ergebnisanalyse

Nach vorliegen der Effizienzwerte folgt die Analysephase. Für eine bessere Ergebnisbewertung wurde diese Tabelle um drei Prüfverfahren, sogenannte Aktionsbeschreibungen, ergänzt. Diese werden in der o.g. Tabelle automatisiert angezeigt:

„Analysieren und erweitern“ (Der Bestand ist im Verhältnis zur Nutzung zu klein): Die hohe Nutzung der Mediengruppe bestätigt die Wirksamkeit der aktuellen Erwerbungsstrategie, dennoch ist das bestehende Angebot derzeit nicht ausreichend, um die hohe Nachfrage zu decken. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Bestandsgruppe in den folgenden Jahren zwingend weiter ausgebaut werden muss. Denn damit verbunden sind Auswirkungen auf den verfügbaren Etat für andere Bestandsgruppen, da der Gesamtetat i.d.R. nicht erhöht wird. Darüber hinaus ergeben sich Konsequenzen für die Bestandspräsentation. Falls neue Medien untergebracht werden müssen, könnte es erforderlich sein, auf die Frontalpräsentation zu verzichten oder zusätzliche Regale aufzustellen. Dies könnte jedoch zu einer weniger ansprechenden Präsentation der Medien führen, was sich möglicherweise negativ auf die Ausleihzahlen auswirken würde. Es empfiehlt sich daher, die Untergruppen der Bestandsgruppe genauer zu analysieren, um Ausleihschwerpunkte zu identifizieren und zunächst gezielt diese Bereiche auszubauen.

„OK“ (Bestandsgröße und Ausleihzahlen stehen in einem ausgewogen Verhältnis): Die Erwerbungsstrategie kann weiterverfolgt werden. An den Werbemaßnahmen und der Medienpräsentation muss nicht zwingend etwas verändert werden.

„Prüfen“ (Der Bestand ist im Verhältnis zur Nutzung zu groß): In diesem Fall empfehlen wir die Prüfung folgender Punkte:

  • Präsentation und Standort der Bestandsgruppe prüfen: Ist die Bestandsgruppe im Raum nicht sichtbar oder schwer zugänglich? Finden sich die Nutzer*innen in der Bibliothek nicht ohne Hilfe zurecht und benötigen häufig die Unterstützung der Mitarbeitenden? Ist das Regal zu voll und keine Frontalpräsentation möglich? Ist das Leitsystem aussagekräftig?
  • Passen die Zielgruppen der Bibliothek zur Bestandsgruppe? Hier kann ein Blick ins Bibliothekskonzept hilfreich sein! Evtl. trifft die Bestandsgruppe nicht die Interessen der Nutze*innen? Vielleicht sind die Öffnungszeiten für potentiell Interessierte ein Hindernis? Gibt es bessere Alternativangebote im Umkreis?
  • Werbung: Ist nicht bekannt, dass die Bibliothek über dieses Angebot verfügt? Wird der Bestand ausreichend beworben? Bspw. durch Veranstaltungen zum Thema. Ist der Bestand im OPAC leicht zu finden? Barrieren wie Bestandslisten für Sonderbestände anstelle von Katalogeinträgen sind evtl. eine Erklärung.
  • Aktualität der Medien: Eine große Anzahl veralteter Medien in einer Bestandsgruppe erweckt den Eindruck, dass keine aktuellen Medien vorhanden sind. In diesem Fall sollten optisch und inhaltlich veraltete Medien konsequent aussortiert werden. Gleichzeitig sollte der Fokus auf einer ansprechenden Frontalpräsentation der aktuellsten Medien liegen.
  • Medienart prüfen: Ist die Medienart noch aktuell und relevant für die Zielgruppe? Beispielsweise verlieren Hörbücher auf CDs für Kinder zunehmend an Bedeutung, seit es Streaming-Angebote und die beliebten Toniefiguren/Hörfiguren gibt.

Effizienzwertanalyse am Beispiel einer Kleinstadtbibliothek

Als Beispiel zeigen wir die Effizienzwertanalyse einer Kleinstadtbibliothek aus NRW. Wegen eines bevorstehenden Umzugs in den nächsten Jahren plant das Bibliotheksteam eine Neukonzeption und will daher auch den Bestand überarbeiten.

In diesem Beispiel ist die Ausleihquote der Sachliteratur gering. Da es sich um eine Kleinstadt handelt und auch nach dem Umzug keine zusätzliche Fläche zur Verfügung stehen wird, sollte das Team sorgfältig prüfen, welche Bestandsgruppen künftig beibehalten werden. Auch zur Verbesserung der Bestandspräsentation sollte das Team über eine Bestandsreduzierung nachdenken. Aktuell ist eine Frontalpräsentation mangels Platz in den Regalen nicht möglich.

Lokale Besonderheiten

Gerade für den Aufbau eines attraktiven Sachbuchangebotes ist es hilfreich, die spezifischen lokalen Interessengruppen zu kennen. Welche Vereine gibt es vor Ort, welche Themen werden in der Öffentlichkeit diskutiert? Welche inhaltlichen Schwerpunkte stehen im Fokus der Kommunalpolitik? Eine Bibliothek muss nicht zu jedem Sachgebiet einen ausgebauten Bestand anbieten, aber auf lokale Bedarfe reagieren. In diesem Beispiel weist die Gruppe „Te – Technik“ eine außergewöhnlich hohe Nutzung und einen guten Umsatz auf. Dies sollte bei der weiteren Bestandsplanung berücksichtigt werden. Auf diese Weise wird nach und nach ein auf das Einzugsgebiet zugeschnittenes Bestandsprofil entwickelt.

Optimierung durch Makulieren

In unserem Beispiel werden die Bestandsgruppen „Re – Religion“, „Ph – Philosophie“ oder „Li – Literaturkunde“ kaum oder gar nicht nachgefragt. Wenn die angebotenen Medien aktuell und gut präsentiert und trotzdem nicht genutzt werden, sollte man in Erwägung ziehen, diese Bestandsgruppen künftig nicht mehr anzubieten. Der frei gewordene Regalplatz kann für eine bessere Präsentation anderer Bestandsgruppen genutzt werden. Beispielsweise könnte man testen, ob die Gruppen „Pr – Praxis-Ratgeber“, „Pä – Pädagogik“ und „Bi – Biografien“ durch eine bessere Frontalpräsentation der Medien höhere Effizienzwerte erzielen können. Im folgenden Jahr kann man die Wirkung der getroffenen Maßnahmen mittels der Effizienzwertanalyse überprüfen und auf diese Weise das Bestandsprofil weiter schärfen.

Sonderfall „Zeitschriften“

Die Mediengruppe „Zeitschriften“ sollte gesondert betrachtet werden. Hier kann die Aktionsbeschreibung „prüfen“ lauten, da die Ausleihe eher gering ist. In Bibliotheken mit hoher Aufenthaltsqualität, die zum Beispiel ein Lesecafé haben, kann die Vor-Ort-Nutzung von Zeitschriften jedoch hoch sein. In diesem Fall sollte die Nutzung der Zeitschriften in den Aufenthaltsbereichen beobachtet werden. Auf unsere Beispielbibliothek trifft dies nicht zu. Hier ist die Nutzung überdurchschnittlich hoch (Effizienzwert 2,66), obwohl nur wenige Sitzplätze zur Verfügung stehen.

Überprüfung alter Medientypen

Ähnlich wie bei Sachbüchern sollte auch bei „alten“ Medientypen wie Loseblattsammlungen, CDs und teilweise auch DVDs geprüft werden, ob sie den Bestand noch sinnvoll ergänzen. In unserem Beispiel könnten sie zugunsten von Konsolenspielen und Tonies/Hörfiguren aus dem Bestand genommen werden.

Bedeutung von untergeordneten Bestandsgruppen

Prüfhinweise bzw. Aktionsbeschreibungen für eine gesamte Bestandsgruppe können lediglich einen allgemeinen Trend anzeigen. Um fundierte Bestandsentscheidungen treffen zu können, sollte die Nutzung der zugehörigen Untergruppen detailliert analysiert werden. In unserem Beispiel lautet die Aktionsbeschreibung für die Gesamtgruppe „Non-Books“ „OK“, jedoch sollten die untergeordneten Mediengruppen für die Entscheidungsfindung einzeln überprüft werden.

Bei einer so großen Gruppe wie die der Romane, die in keine weiteren Untergruppen aufgeteilt ist, muss die weitere Analyse auf Ebene der Einzelmedien durchgeführt werden. In unserem Fall ist der Bestand im Verhältnis zur Nutzung zu groß. Ein möglicher Ansatz wäre die Aussonderung anhand einer Null-Liste sowie die Aussonderung von beschädigten Medien.

Fazit: Die Effizienzwertanalyse ist eine wichtige Grundlage für strategische Entscheidungen in Bibliotheken

Die Effizienzwertanalyse ist ein wertvolles Instrument zur Optimierung des Bestandsmanagements in Bibliotheken. Sie bietet eine objektive Grundlage, um die Effizienz von Bestandsgruppen zu bewerten und strategische Entscheidungen zu treffen. Durch regelmäßige Analysen können Bibliotheken den Aufbau ihrer Bestände besser an der Nachfrage ausrichten, Ressourcen effizienter einsetzen und ihre Angebote gezielt weiterentwickeln.

Die Entscheidungen sollten aber nicht nur auf Basis der Nutzungszahlen getroffen werden. Auch sogenannte „bibliothekspolitische Entscheidungen“, möglichst auf der Grundlage des Bibliothekskonzeptes, sollten in die Entscheidungsfindung mit einfließen. So kann beispielsweise die Heimatliteratur auch bei geringen Ausleihquoten weiter im Angebot bleiben, da die Bibliothek die Dokumentation der örtlichen Geschichte als zentrale Funktion festgelegt hat.

Die Effizienzwertanalyse ist besonders bei strukturellen Veränderungen, wie Umzügen oder Neumöblierungen, unverzichtbar. Sie hilft, veraltete oder wenig nachgefragte Medien zu erkennen und gegebenenfalls auszusortieren. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, den verbleibenden Bestand attraktiv und aktuell zu präsentieren.

Die Ergänzung durch Aktionsbeschreibungen bzw. Prüfhinweise erleichtert die Ableitung konkreter Maßnahmen, die über reine Zahlen hinausgehen. Dabei werden auch qualitative Aspekte wie die Medienpräsentation, Zielgruppenansprache sowie das Bibliothekskonzept berücksichtigt. Dies fördert nicht nur die Bestandsoptimierung, sondern unterstützt auch die strategische Weiterentwicklung der Bibliothek im Einklang mit den Bedürfnissen der Nutzenden.

Die Effizienzwertanalyse bietet eine transparente und nachvollziehbare Grundlage für Diskussionen und Entscheidungen im Bibliotheksteam. Sie dient als Argumentationshilfe und fördert die Akzeptanz notwendiger Veränderungen.

Sie haben Fragen zur Effizienzwertanalyse? Dann sprechen Sie uns gerne an.

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Aspekte einer kundenorientierten Raumgestaltung in Bibliotheken

Im Zeitalter der Digitalisierung und der virtuellen Räume könnte man annehmen, dass der physische Raum für Bibliotheken immer unwichtiger wird. So erfolgen Recherchen vermehrt über das Internet, Bücher werden in Form von E-Books konsumiert und statt Filme auszuleihen werden Streaming-Dienste genutzt. Die Anzahl der physischen Medien geht in einigen Segmenten zurück und dennoch gewinnt der physische Raum von Bibliotheken zunehmend an Bedeutung. Bibliotheken befinden sich im Wandel von reinen Ausleihinstitutionen hin zu Aufenthalts- und Begegnungsorten. Es gilt bei der Gestaltung von Bibliotheksräumen nicht primär die Medien zu betrachten, sondern die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer*innen in den Vordergrund zu rücken – weg von bestandsorientierten hin zu kundenorientierten Räumlichkeiten.

Vielleicht sollte man sich noch einmal kurz ins Gedächtnis rufen, was sich hinter dem Begriff Bestandsorientierung verbirgt. Über viele Jahre galt ein Zielbestand von zwei Medieneinheiten pro Einwohner als erstrebenswert. Dementsprechend wird die Größe der Räumlichkeiten nach den Unterbringungsmöglichkeiten für Medien berechnet. Die Medien nehmen den Großteil der verfügbaren Fläche ein. Ihre Aufstellung erfolgt klassisch nach ASB, häufig auch in Form von Kabinetten. Zwischen den Regalen befinden sich einige Recherche- und PC-Arbeitsplätze. Die Anzahl an Steckdosen ist eher begrenzt, da die Räumlichkeiten nicht als Lernorte konzipiert wurden. Die Gestaltung der Räume ist auf einen kurzen Aufenthalt ausgerichtet: Medium suchen, ausleihen und gehen.

Was ist im Gegensatz dazu unter kundenorientierter Raumgestaltung zu verstehen?

Nicht die Medien, sondern die Nutzer stehen im Fokus der Bibliothek. Es gibt insgesamt weniger physische Medien, der Bestandsaufbau orientiert sich stärker an Kundenwünschen und Ausleihzahlen. Medien werden so aufgestellt und präsentiert, dass sie für die Nutzer leicht und schnell auffindbar sind. Neben den Regalflächen werden Aufenthaltsflächen für Nutzer*innen geschaffen.

Insgesamt werden Bibliotheksflächen atmosphärischer gestaltet. Designer bzw. Architekten arbeiten dazu mit Farbkonzepten und verwenden neue Aufstellungsformen. Auch die Möbelauswahl erfolgt nach neuen Kriterien. Und immer hat man die Bedürfnisse der Bibliotheksnutzer*innen im Blick.

Welche Bedürfnisse haben Bibliothekskunden heute?

Natürlich gehört auch heute noch das Ausleihen von Medien zu den Grundbedürfnissen der Bibliothekskunden. Gleichzeitig erwarten sie einen Ort, der zum Lesen und Schmökern einlädt. Zeitschriften werden gewälzt, Kochbücher auf ihre Eignung für den nächsten Dinner-Abend geprüft und Reiseführer als Anregung für den anstehenden Urlaub durchgeblättert. Dafür werden Sitzplätze benötigt, die zum Verweilen einladen.

Eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft setzt die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen voraus. Deshalb ist der Zugang zu Informationen auch künftig eine wesentliche Aufgabe von Bibliotheken. Dieser erfolgt vermehrt über digitale Medien wie E-Books, Onlineplattformen, Datenbanken und natürlich über frei verfügbare Quellen im Internet. Um den Zugriff auf digitale Quellen zu ermöglichen, werden PC-Arbeitsplätze ebenso benötigt wie Arbeitsplätze, die das Arbeiten mit mobilen Endgeräten ermöglichen. Zugang zu Strom und WLAN sind also wichtig. Häufig bieten private Wohnräume nicht die Möglichkeit in einer Gruppe zu lernen. Bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen müssen daher sowohl Einzel- als auch Gruppenarbeitsmöglichkeiten berücksichtigt werden.

Der Besuch von kommerziellen Cafés ist mit dem Verzehr von Speisen oder Getränken verbunden. In einladend gestalteten Kommunikationsbereichen und Lesecafés von Bibliotheken besteht die Möglichkeit sich ohne Konsumzwang auszutauschen. Hier können sich alle Altersklassen zwanglos treffen und unterhalten. Selbst ein großer Zeitungslesetisch ist oft mehr Ort für angeregte Diskussionen, als für das ruhige Lesen.

Die Veranstaltungsarbeit gewinnt zunehmend an Bedeutung in Bibliotheken. Sei es in Form von Veranstaltungsangeboten oder durch die Bereitstellung von Räumen, Technik oder anderen Gegenständen für Nutzer, die ihre Veranstaltungen selber organisieren möchten. Diese benötigen entsprechende Flächen, Möbel und eine adäquate technische Ausstattung.

Die richtige Lage der Aufenthaltsbereiche

Um Aufenthaltsflächen in Bibliotheken kundenorientiert zu gestalten, spielen einige bereichsübergreifende Aspekte eine Rolle. Sowohl Loungeplätze, meistens bestehend aus bequemen Polstermöbeln, als auch Arbeitsplätze passen gut in den Randbereich der Medienaufstellung. Lesesessel in die Nähe der Belletristik und Arbeitstische in den Bereich der Sachliteratur.

Lesecafés und Kommunikationsbereiche können in den Eingangsbereich der Bibliothek eingeplant werden. Hier muss es nicht besonders ruhig sein. Zudem sorgt die Sichtbarkeit von außen für einen Schaufenster-Effekt und lockt weitere Besucher in die Bibliothek. Gerne werden diese Bereiche in Bibliotheken auch flexibel als Veranstaltungsflächen genutzt, da Bistrotische leicht zu verschieben und benötigte Stühle direkt vor Ort sind.

Licht schafft Atmosphäre

Auch Licht spielt eine wichtige Rolle bei der Bibliotheksgestaltung. Arbeitsplätze sollten wegen des Tageslichts möglichst an Fensterfronten eingeplant werden. Zudem sorgt der Ausblick ins Freie für Atmosphäre. Sollte ein Bibliotheksgebäude dies nicht hergeben, kann eine gemütliche Atmosphäre auch durch künstliches Licht, z.B. in Form von Leseleuchten, geschaffen werden. Als Richtwert für die Helligkeit gilt: Die Beleuchtung an den Nutzerarbeitsplätzen sollte 500 Lux betragen.

Arbeitsplätze am Fenster bieten natürliches Licht und sorgen für Atmosphäre (Stadtbibliothek Langenfeld).

Kein Widerspruch: Barrierefreie Sitzmöbel mit optischer Barriere

Damit Einzelarbeits- oder Leseplätze echte Rückzugsorte darstellen, sind optische Barrieren wichtig – unabhängig davon, ob sich die Plätze im Randbereich oder mittig im Raum befinden. Sessel mit hohen Rückenlehnen, wie z.B. Ohrensessel, können eine solche Sichtgrenze schaffen. Auch Sitzmöbel mit Drehfuß sind eine gute Lösung. Hier können die Kunden selbst entscheiden, ob sie sich zum Fenster drehen, um ihre Ruhe zu haben oder sich dem Raum zuwenden, um die darin stattfindenden Geschehnisse im Blick zu behalten. Auch Accessoires wie Kissen können für eine wohlige Wohnzimmeratmosphäre sorgen.

Damit Sitzmöbel auch den Aspekt der Barrierefreiheit berücksichtigen, sollten sie mit Armlehnen ausgestattet sein. Diese erleichtern besonders älteren oder körperlich eingeschränkten Personen das Aufstehen, da sie sich abstützen können. Praktisch sind auch Beistelltische, die als Ablagefläche dienen. Bei Zweisitzern dient oft auch der zweite Platz als Ablage. Generell gilt, dass Einsitzer flexibler sind als Mehrsitzer. Sie sind leichter zu verschieben – und viele Menschen möchten ungern neben einer fremden Person sitzen, sodass häufig nur einer der beiden Sitzplätze genutzt wird.

Auch die Bibliothek in Olsberg hat sich für Sessel mit hoher Lehne entschieden.

Flexibilität als Kriterium bei der Möbelauswahl

Auch Arbeitsplätze profitieren von optischen Barrieren. Eine Möglichkeit sind so genannte Raum-in-Raum-Lösungen. Zusätzliche Räume können zum Beispiel durch Regale gebildet werden. Diese sind nach oben hin offen – dies erleichtert die Belüftung und die Brandschutzvorkehrungen. Um trotz der Offenheit die Akustik in diesen Bereichen zu verbessern, können beispielsweise Akustiksegel von der Decke abgehangen werden. Alternativ gibt es auch Raum-in-Raum Möbel, sowohl für Einzel- als auch für Gruppenarbeitsplätze. Diese sind in Hinblick auf zukünftige, räumliche Veränderungen flexibler als gebaute Räume.

Flexibilität ist generell ein wichtiger Aspekt, besonders für kleinere Bibliotheken. Durch entsprechendes Mobiliar können Einzelarbeitsplätze flexibel zu Gruppenarbeitsplätzen kombiniert werden. Hierfür eignen sich quadratische Arbeitstische (80×80 cm oder 100×100 cm). Wo diese an festen Plätzen stehen, sollten sie mit einem Stromanschluss ausgestattet werden. Einige Hersteller bieten auch Tische auf Rollen an, um diese besser bewegen zu können. Stühle an Nutzerarbeitsplätzen sollten wegen der erhöhten Unfallgefahr nicht mit Rollen ausgestattet werden. Sie sollten bequem und funktional, bestenfalls stapelbar sein. Eine leicht flexible Rückenlehne und ein Material, das schnell die Körpertemperatur annimmt, sorgen für erhöhten Sitzkomfort. Es empfiehlt sich zudem ein einheitliches Stuhl-Modell zu auszuwählen, um die Stühle bei Bedarf gemeinsam aufzustellen.

Sitzmöbel: Farblich abgestimmt, hochwertig und langlebig

Die Frage, ob bei der Wahl auf teure Designermöbel zurückgegriffen werden sollte, stellt sich häufig in Verbindung mit der Sorge um möglichen Vandalismus. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Designklassiker und andere hochwertige Möbel bei den Nutzer*innen auf Wertschätzung treffen und sie sorgsam damit umgehen. Bei allen textilen Ausstattungsgegenständen sollte aber auf robuste Stoffe geachtet werden. Die Möbel werden schließlich täglich von vielen Menschen beansprucht. Ihre Farbgestaltung kann Teil eines in der Bibliothek vorhandenen Leitsystems sein, sofern verschiedene Bereiche durch eine unterschiedliche Farbgebung gekennzeichnet sind.

Spielerisch und gemütlich: die Kinderbibliothek

Neben der Gestaltung von Loungeplätzen, Lesecafés und Nutzerarbeitsplätzen, die in der Regel zunächst mit Blick auf Erwachsene eingerichtet werden, dürfen auch die Bereiche für die jüngeren Nutzer*innen der Bibliothek nicht vernachlässigt werden.

Insbesondere für Kinder sollte um die Medien herum eine Erlebniswelt geschaffen werden. Wiedererkennungsmerkmale wie ein Lesehaus, ein Piratenschiff oder eine Bücherlokomotive sind wichtige Elemente in der Gestaltung. Oft erkennen Eltern diese aus ihrer eigenen Kindheit wieder, wenn sie schließlich mit den eigenen Kindern in die Bibliothek kommen. Neben Leseplätzen, die auch Platz für Begleitpersonen zum Vorlesen schaffen, ist zu bedenken, dass Kinder gerne in anderen Positionen lesen als Erwachsene. Polsterelemente oder überdimensionierte Stofftiere können dazu einladen, auf dem Bauch oder Rücken liegend in einem Buch zu schmökern.

Stadtbibliothek Langenfeld: Große und bequeme Kissen laden zum entspannten Schmökern ein.

Cool und zeitgemäß: der Jugendbereich

In einer Jugendbibliothek sollte eine lockere Atmosphäre durch zeitgemäße, „coole“ Möbel geschaffen werden. Die Schwierigkeit liegt dabei in der Kurzlebigkeit von Trends. Die Umgebung muss einen Mehrwert zum eigenen Jugendzimmer schaffen und die Möglichkeit bieten, mit Freunden zu chillen. Um die häufig genutzten mobilen Endgeräte aufzuladen, ist der Zugang zu Strom besonders wichtig. Steckdosen können z.B. in Sitzmöbel integriert werden. Auch die WLAN-Ausleuchtung sollte gut sein. Jugendbibliotheken werden besonders dann gut von der Zielgruppe angenommen, wenn diese Punkte bei der Gestaltung berücksichtigt werden.

Zugang für alle durch Barrierefreiheit und Open Library

Damit die für die Bibliothekskunden geschaffenen Aufenthaltsflächen möglichst von allen Menschen genutzt werden können, ist der Zugang von großer Bedeutung. Zugang kann durch verschiedene Faktoren geschaffen werden. Zum einen über Barrierefreiheit, um Menschen mit physischen oder kognitiven Einschränkungen nicht auszuschließen. Zum anderen durch Öffnungszeiten.

Erweiterte Öffnungszeiten, z.B. durch ein Open Library-Konzept, gewährleisten die Erreichbarkeit von Nutzergruppen wie Berufstätigen oder Pendlern. Open Library setzt allerdings auch eine angepasste Raumgestaltung voraus. So muss der automatisierte Zugang in die Bibliothek gewährleistet sein. Und der Raum muss zum Beispiel durch niedrige Regale überschaubar bleiben. Diese Überschaubarkeit sorgt neben dem Aspekt der Raumüberwachung auch dafür, dass Nutzer sich besser orientieren können. Hier hilft auch ein gut geplantes und einheitlich umgesetztes Leit- und Orientierungssystem.

Gesamtkonzept sorgt für einheitliches Ergebnis

Man könnte bei vielen Aspekten noch weiter ins Detail gehen. Und sicherlich gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Stellschrauben. Wichtig ist es, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, bevor mit der Umsetzung begonnen wird. Nur dann entsteht am Ende ein einheitliches Ergebnis, bei dem alle Maßnahmen miteinander harmonieren und funktionieren.

Der Artikel ist bereits in ähnlicher Form in der BUB Ausgabe 07/2020 erschienen.