Ende des letzten Jahres haben wir uns mit Strategieplanung für Bibliotheken beschäftigt. Schauen wir unserer Muster-Bibliothekarin Frau Müller einmal über die Schulter. Sie und ihre Team haben sich auf den Weg gemacht um neue Dienstleistungen einzuführen:
Wir, als Bibliothek in unserer Stadt, möchten uns neu ausrichten. Weil wir nicht so genau wissen wo es hingehen soll, haben wir uns anhand der Fragen zur Bibliotheksstrategie überlegt wie wir wahrgenommen werden möchten und wie unsere Zielgruppe aussieht:
„Die Stadtbibliothek möchte die Menschen in unserem Stadtteil besser in unsere Bibliothek integrieren. Wir möchten als Plattform, als Treffpunkt, als 2.Zuhause wahrgenommen werden. Hier ist es gemütlich, hier trifft man sich, hier entdeckt man neue Ideen. Wir möchten als Liebhaber von Literatur und als Treffpunkt für Gleichgesinnte gesehen werden. Als Ort wo Gemeinsamkeiten und die Neugier an schönen Dingen betont werden.“
Wir nehmen die Zielgruppe genau unter die Lupe um zu sehen, wo wir unsere Zielgruppe finden können. Dabei haben wir zum Beispiel festgestellt, dass wir und unsere Zielgruppe auf Facebook sind. Wir haben also den richtigen Kanal gewählt! Das hat uns sehr gefreut! Allerdings passten die Aktivitäten von uns noch nicht zur gewollten Wahrnehmung in der Zielgruppe. Als Liebhaber schöner Dinge können wir die Begeisterung über schöne Dinge, schöne Literatur und ähnliches auch dort teilen. Die nüchternen Ankündigungen bisher, passen da nicht ins Bild. Als wir das anpassten, fiel uns auf, das die Emotionen die wir selber in die Posts legen tatsächlich von der Community zurückgespiegelt werden…
Auch die Veranstaltungen die wir in der Bibliothek haben, Recherche in Datenbanken, passen nicht so recht zu diesem Bild. Eine unserer Mitarbeiterinnen näht gerne und hat einen Kontakt zum ortsansässigen Näh- und Stoffladen hergestellt. Mit diesem machen wir jetzt probeweise kostengünstige Nähkurse in der Bibliothek. Beim ersten Kurs fiel uns auf, dass zur Gemütlichkeit in unserem Raum auch dringend eine Kaffeemaschine und ein Wasserkocher gehören. Genauso könnte man die Tische noch etwas anders anordnen… Und mit einfachen kostengünstigen Maßnahmen ist der Raum schon viel attraktiver und gemütlicher geworden.
Eine Teilnehmerin des Kurses warb für diesen Kurs im Kindergarten um die Ecke, da dort viele Mütter Interesse am Nähen haben. Auch mehren sich die Anfragen zu Literatur und Blogs zum Thema.
Jetzt kam uns die Idee eine Linkliste, die besten Nähblogs, zu erstellen und monatlich auf Facebook die Nähidee des Monats vorzustellen. Allerdings müssen dafür einige Mitarbeiterinnen erstmal lernen Blogs zu suchen und auf Facebook zu posten… Die neuste Idee ist aber, kurze Videos über die genähten Stücke und ihre Näherinnen zu drehen und über Youtube die Videos vorzustellen. Die neu angeschafften Tablets sind dabei sehr wichtig, da damit die kurzen Videos gedreht werden können. Durch die Tablets haben wir auch gemerkt wie langsam unser WLAN ist. Das Hochladen der Videos dauert viel zu lange. An das WLAN müssen wir wohl nochmal ran…
Angeregt durch diese Erfahrungen stehen plötzlich noch viele Ideen im Raum: Könnte man nicht auch für den Seniorenkreis mit der lokalen Computerschule Kurse anbieten? Wir haben ja Arbeitsplätze hier! Und könnte man nicht auch Veranstaltungen mit Romanautoren machen? Wo man sich gemeinsam an den Werken erfreut? Auch ein Vorlesewettbewerb für Kinder haben wir jetzt ausgerufen und selbstverständlich gibt es die Großeltern-Vorlesetage. Um Zusammengehörigkeit, Gemeinsamkeit und die Freude an schönen Dingen zu teilen. Da es doch einige Mehrarbeit war, verbessern wir unsere Zusammenarbeit. Klare Aufgabenteilung und Verantwortung festlegen wird immer wichtiger…
An diesem Punkt verlassen wir Frau Müller und ihre Bibliothek. Was sagt uns die Geschichte?
1. Eine konkrete Zielgruppe kann erreicht werden, wenn ich weiß wo sie ist und was sie interessiert – die Zielgruppe gibt die Plattform und die Werbeplattform vor.
2. Bleiben Sie ihrer gewünschten Wahrnehmung treu
3. Die Bibliothek benötigt Räume und deren Gestaltung gemäß ihrer Ziele
4. Die Bibliothek benötigt die technische Ausstattung für ihre Ziele
5. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die Technik bedienen können
6. Klare Aufgabenteilung und Verantwortung für Terminlisten, Redaktionspläne und Absprachen sind nötig.
7. Die Bibliothek muss nicht alles selber können, arbeiten Sie mit Partnern zusammen
Und es gilt, vieles fällt erst bei der Umsetzung auf. Fangen Sie an und schauen Sie wohin der Weg Sie führt.