Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt die Entwicklung Öffentlicher Bibliotheken u.a. durch die finanzielle Förderung von innovativen Projekten. Die Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW stellt in lockerer Reihenfolge interessante Praxisbeispiele aus verschiedenen Förderprogrammen in Form von Gastbeiträgen auf ihrem Blog vor. Der vorliegende Beitrag stellt die Neugestaltung des Jugendbereichs der Stadtbücherei Werne vor.
Ausgangssituation
Der Publikumsbereich umfasst ca. 700 m² über 2 Etagen. Vor Projektbeginn befand sich im Erdgeschoss der Ausleihbereich sowie die Kinder- und Jugendabteilung. In der ersten Etage war der Erwachsenenbereich nebst eines Vorlesezimmers und eines Arbeitsbereiches untergebracht.
Der räumlich kombinierte Kinder- und Jugendbereich mit dem vermischten Medienangebot war nicht nur deswegen suboptimal, weil Jugendliche hier nicht als eigenständige Zielgruppe wahrgenommen und bedarfsorientiert angesprochen werden konnten, sondern der Bereich war auch ziemlich beengt und wurde außerdem vom Ausleihbereich tangiert. Zudem war er in puncto Einrichtung eher auf die Bedürfnisse von Kindern abgestellt. Nur das Medienangebot zielte auch auf jugendliche Interessen ab. Dies schlug sich ebenfalls in den Ausleihzahlen nieder. Der Anteil der 13-20-Jährigen eingetragenen Benutzer betrug in Werne im Jahr 2014 16,51 %, der Anteil der Kinder (0-12 Jahre) lag bei 33,38%. Der Anteil der Ausleihen Jugendlicher lag sogar nur bei 10,95%
Im Zuge der Umstrukturierung des Erwachsenenbereichs (Aufstellung nach Interessenkreisen) bot sich die Chance einen Bereich für Jugendliche schaffen zu können, der als attraktiver Aufenthaltsort diese rückläufige Benutzergruppe in den Focus rückt. Ein ca. 70m² großer Bereich würde zur Verfügung stehen. Es sollte sich um einen Chill-Bereich handeln, was sich auch im Medienangebot und der technischen Ausstattung widerspiegeln sollte.
Planung
Damit war klar, dass wir dieses Projekt in Angriff nehmen wollten. Nun ging es darum, welche Realisierungschancen es gab. Allein mit Mitteln der Stadt war dies nicht zu stemmen. Erfreulicherweise signalisierte die Bezirksregierung Düsseldorf, dass bei dem Projekt die Aussicht auf eine 60%ige Förderung bestünde.
Es wurden nun Kostenvoranschläge für die weitere Planung eingeholt. Im November 2014 stellten wir einen Antrag auf Förderung bei der Bezirksregierung Düsseldorf mit einem Gesamtvolumen von 40.000 €.
Parallel dazu galt es mit dem Gebäudemanagement zu sprechen, da auch räumliche Veränderungen vorgenommen werden mussten, die nicht förderungsfähig sein würden, so z.B. Entsorgung des alten Bodenbelages, Erneuerung des Bodenbelages, der Deckenbeleuchtung und damit auch der Deckenplatten, Wandanstrich, Verlegen von elektrischen Leitungen und Netzkabeln etc. Diese Ausgaben mussten auch für die Budgetplanungen 2015 berücksichtigt werden.
Realisierung des Projektes
Ende April 2015 kam die Zusage der Bezirksregierung Düsseldorf und wir durften den Plänen Taten folgen lassen. Wir haben verschiedene Firmen für die Möblierung angeschrieben, es fanden Gespräche über die unterschiedlichen Ideen statt, bis wir uns für unseren Favoriten, die Firma Schulz-Speyer, entschieden haben.
Parallel dazu führten wir die nötigen Vorarbeiten aus: Der Erwachsenenbereich musste komplett umgestellt werden und zusammenrücken. Dies bedeutete, Regale und Tische mussten verrückt, die neuen Standorte der Sachgruppen mussten festgelegt und umgeräumt werden. So haben wir z.B. Wert darauf gelegt, dass jugendaffine Medien in der näheren Umgebung des neuzugestaltenden Bereiches zu finden sein sollten, wie z.B. Musik-CDs, DVDs und auch Lernhilfen. Zu diesem Zweck wurde die Bücherei im September für 2 Wochen geschlossen. Das bisherige Vorlesezimmer verwandelten wir in ein Arbeitszimmer. Ein kleiner Café-Bereich in der Nähe von Zeitschriften und Romanen wurde geschaffen. In Kooperation mit dem Gebäudemanagement erfolgte die Auswahl des neuen Bodenbelags und der neuen Deckenbeleuchtung für den Jugendbereich.
Da es sowohl bei der Abstimmung von Feinheiten bei der Möbelbestellung als auch bei den Arbeiten von Seiten des Gebäudemanagements zu Verzögerungen kam, baten wir um eine Verlängerung der Maßnahme, der auch stattgegeben wurde. Das Projekt wurde bis Ende Februar 2016 verlängert.
Ab November kauften wir die technischen Geräte und die Medien für den Jugendbereich. Angeschafft wurden u.a. eine WiiU- und eine Xbox-one-Konsole mit sämtlichem Zubehör sowie die Medien für diesen Bereich: Jugendbücher, -hörbücher, -filme, -zeitschriften und Konsolenspiele. Letztere gab es bislang in der Stadtbücherei Werne nicht und somit konnte dieses Projekt auch gleichzeitig dazu beitragen einen Grundbestand für diese für uns neue Medienart anzuschaffen. Gerade für den erstmaligen Bestandsaufbau an Games waren Listen der ekz und die Hilfe des örtlichen Gamestores sehr hilfreich.
Abschluss des Projektes
Da noch einige Restarbeiten ausstanden und auch die Umarbeitung der Medien aus dem früheren Kinderbereich noch nicht abgeschlossen waren, wurde die Jugendabteilung erst am 22. April offiziell eröffnet. Im Anschluss an die offizielle Eröffnung durch Bürgermeister Lothar Christ folgte eine Spieletester-Aktion. Sie wurde von Daniel Heinz vom Spieleratgeber NRW durchgeführt und fand viel Zuspruch. Ca. 40 Jugendliche besuchten die Veranstaltung – ein voller Erfolg. In weiser Voraussicht bezüglich des Zeitpunktes der Eröffnung, war diese Veranstaltung nicht Teil des Projektes. Die Kosten für diesen Nachmittag übernahm der Förderverein der Stadtbücherei Werne e.V.
Die Reaktionen auf den neu eingerichteten Bereich waren von Jugendlichen, Kindern und Erwachsenen durchweg positiv bis begeistert. Viele Erwachsenen wünschen sich nun auch eine Modernisierung ihres Bereiches.
Im Zuge der Eröffnungsveranstaltung starteten wir noch einen Wettbewerb, um diesem Bereich auch einen Namen zu geben. Unter „Die Jugendbücherei sucht einen Namen“, durften Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren Vorschläge machen. Aus diesen gut 40 Vorschlägen suchten wir die besten drei aus und stellten sie zur Abstimmung. Unsere Jugendabteilung heißt nun „RePlay“ (Read & Play) Die Namensgeberin erhielt einen Werne-Gutschein über 50 Euro.
Fazit
Der Bereich wird – sofern man dies nach dieser kurzen Zeit sagen kann – gut angenommen. Sowohl das Spielen an den Konsolen begeistert, aber auch zum Chillen und Lesen wird dieser Bereich gerne genutzt. Inzwischen kommen auch viele Jugendliche in die Bücherei, um sich dort aufzuhalten, ohne dass sie einen Benutzerausweis besitzen. Wir sind froh, dieses doch recht umfangreiche Projekt durchgeführt zu haben. Nicht verschwiegen werden sollte aber auch, dass gerade die Bereitstellung von Konsolen während der Öffnungszeiten einen nicht zu unterschätzenden Aufwand bedeutet. Das Wechseln der Spiele, die Ausgabe der Controller etc. bindet Arbeitszeit. Wir wechseln die Spiele deshalb wöchentlich und nicht sofort auf Wunsch eines Benutzers.
Angedacht ist zukünftig auch, regelmäßige Treffen von interessierten Jugendlichen zu organisieren, um Spiele zu testen und zu besprechen. Einige Werner Jugendliche arbeiten nach dieser Aktion bereits beim Spieleratgeber NRW mit.
Die Stadtbibliothek Werne stellt sich vor:
Werne (ca. 31.600 Einwohner) liegt am Rande des Münsterlandes im Regierungsbezirk Arnsberg. Die Stadtbücherei Werne ist in kommunaler Trägerschaft und mit 4,8 Stellen besetzt (2 Diplom-Bibliothekare, 1 Fachwirtin, 1,3 Fachangestellte sowie eine weitere Halbtagskraft). Sie befindet sich im Stadtkern und ist teilweise in einem denkmalgeschützten Gebäude untergebracht.
Weitere Informationen auf der Webseite der Stadtbibliothek unter: http://www.werne.de/index.php?id=49 oder auf der Facebook-Seite der Stadtbibliothek unter: https://www.facebook.com/stadtbuechereiwerne
Ansprechpartner:
Marion Gloger
Stadtbücherei Werne
Moormannplatz 12
59368 Werne
E-Mail: m.gloger[at]werne.de