Bibliotheken haben durch die Digitalisierung und die zunehmende Vernetzung der Gesellschaft ihr Alleinstellungsmerkmal als öffentlich zugängliche Bezugsquelle für Informationen und Medien verloren. Gleichzeitig haben sich die Anforderungen der Bibliothekskunden an die Dienstleistungsqualität Öffentlicher Bibliotheken verändert. Öffentliche Bibliotheken müssen deshalb ihre Angebote an die sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen. Es gilt, das aktuelle Angebotsportfolio mit Blick auf eine strategische Neuausrichtung zu hinterfragen und zu entscheiden, welche Angebote künftig weiter fortgeführt, eingestellt oder um neue ergänzt werden sollen.
Die Fachstelle hat deshalb als Hilfestellung zur strategischen Ausrichtung der Bibliothek das Kommunikationsmodell „Bibliotheksfunktionen für eine digitale Gesellschaft“ entwickelt. Der Funktionsrahmen umfasst 5 Funktionen und unterstützt Bibliotheken, Politik und Verwaltung dabei, das Bibliotheksprofil für ihre Kommune in der digitalen Gesellschaft zu schärfen. Diese Funktionen sind:
- Ort für Wissen und Information
- Digitales Kompetenzzentrum
- Kultur- und Literaturort
- Ort für Inspiration
- Kommunaler Begegnungs- und Kommunikationsort
In 5 Blog-Beiträgen stellen wir Ihnen die einzelnen Bibliotheksfunktionen vor. Dabei wird zunächst die gesellschaftliche Relevanz der Funktion beschrieben (warum?). Dann wird der Inhalt skizziert (was?). Und schließlich gibt es Hinweise auf die notwendigen Ressourcen, die zur Umsetzung der Funktion in den Blick genommen werden sollten (wie?). Hier werden Anforderungen an Raum, Bestand, Technik und Mitarbeiterkompetenzen beispielhaft aufgezählt.
Teil 1: Quellentauchen statt untergehen: Die Bibliothek als Ort für Wissen und Information
Die gesellschaftliche Relevanz
In der digitalen Gesellschaft werden wir täglich mit einer Vielzahl an Informationen auf unterschiedlichen Kanälen konfrontiert. Neben den klassischen Medien wie Rundfunk, Fernsehen und Printmedien bieten uns Soziale Netzwerke, Suchmaschinen, personifizierte Messenger-Dienste und andere digitale Angebote die Möglichkeit, Wissen ebenso passiv zu konsumieren wie aktiv zu generieren.
Die Bibliothek als „Ort für Wissen und Information“ trägt durch ihre Angebote spürbar dazu bei, Chancengleichheit in der digitalen Gesellschaft herzustellen. Dies ermöglicht sie nicht nur in ihrer Funktion als öffentlich zugängliche Anlaufstelle für Informationen jeglicher Art, sondern auch als Ort, an dem Informations- und Medienkompetenz vermittelt werden. Denn nur ein geübter Umgang mit den unterschiedlichen Medien ermöglicht es den Menschen, eigene Potentiale auszuschöpfen und aktiv an der Gesellschaft zu partizipieren. Die Bibliothek nutzt die Möglichkeiten der Digitalisierung, um ihren Nutzer*innen Wissen und Information zu vermitteln.
Was umfasst diese Funktion?
Eine Bibliothek als Ort für Wissen und Information
- stellt einen bibliothekseigenen Bestand an Printmedien ebenso wie an lizenzierten digitalen Inhalten bereit. Der Schwerpunkt des Angebotes liegt auf dem Bereich Wissensvermittlung,
- erlaubt aktive Unterstützung bei der Erschließung externer Informationsquellen. Neben einem qualifizierten Auskunftsdienst vor Ort ist sie auch auf digitalem Wege für ihre Kunden erreichbar,
- unterstützt ihre Nutzer*innen bei der Entwicklung von Informations- und Medienkompetenz durch vielfältige Angebote,
- bietet ein Veranstaltungsangebot, das die Auseinandersetzung mit aktuellen Sachthemen ermöglicht und den Schwerpunkt Informationskompetenz bedient,
- arbeitet eng mit anderen Bildungsanbietern in der Kommune zusammen und bietet ihre Angebote auch außerhalb der Bibliotheksräume an,
- ist ein gut ausgestatteter Lernraum.
Ressourcen: Anforderungen an Raum, Bestand, Technik und Mitarbeiterkompetenzen
Die aufgeführten Anforderungen an die Ressourcen dienen ausschließlich der Veranschaulichung und sind nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen. Zudem kann die konkrete Ausgestaltung einer Funktion für den jeweiligen Bibliotheksstandort nur unter Berücksichtigung der individuellen Rahmenbedingungen vor Ort erfolgen: dem jeweiligen Umfeld, dem politischen Gestaltungswillen und der Ressourcenverfügbarkeit.
Raum:
- Die Bibliothek bietet großzügige, nutzerorientierte Servicezeiten. Bestenfalls setzt sie Open-Library-Technik ein, um die Öffnungszeiten zu erweitern.
- Sie bietet ausreichend Platz und Funktionalitäten, um ihr umfassendes Informationsangebot vor Ort in einem gut ausgestatteten Lernraum nutzen zu können (Einzel- und Gruppenarbeitsplätze mit entsprechender technischer Ausstattung, sowohl für die Informationsrecherche als auch für die Informationsverarbeitung).
Technik:
- Die Bibliothek verfügt über eine moderne, mindestens dem gehobenen Standard von Privathaushalten entsprechende technische Office-Ausstattung. Zusätzlich stellt sie Nutzern vielfältige und fortschrittliche Tools zur Informationsverarbeitung zur Verfügung.
- Die Bibliothek verfügt über qualitativ hochwertiges WLAN.
- Die Bibliothek ist ggf. mit Open-Library-Technik ausgestattet.
Bestand:
- Es sind Medien zur Grundversorgung sowie Medien, welche über die Grundversorgung hinausgehen, vorhanden. Der Schwerpunkt liegt auf dem Sachmedienbestand.
- Das Informationsangebot bietet Informationen für private, schulische oder berufliche Zwecke.
- Es wird mindestens ein digitales Nachschlagewerk und ein E-Learning-Angebot bereitgestellt.
- Mindestens 50% des Erwerbungsetats werden für die Bereitstellung von digitalen Sachmedien eingesetzt.
Kompetenzen:
- Die Mitarbeiter*innen zeichnen sich durch hohe Recherche-, Informations- und Kommunikationskompetenz aus.
- Die Mitarbeiter*innen sind in der Lage, Schulungsangebote selber zu entwickeln.
- Die Mitarbeiter*innen verfügen über bibliothekspädagogische Grundkenntnisse.
- Die Mitarbeiter*innen zeichnen sich durch hohe Vernetzungskompetenz aus.
- Die Bibliothek stellt auf digitalem Wege (auch selbst erstellte) Schulungsmaterialien zur Verfügung (Tutorials, Webinare usw.).
Den kompletten Funktionsrahmen können Sie auch hier als pdf downloaden.