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Warum Games in Bibliotheken gehören?- Teil 2

…Fortsetzung unserers Beitrages vom Dienstag!

3. Computerspiele fördern das Lernen

Bibliotheken sind Lernorte oder wollen zumindest dazu werden. Diese Annahme allein reicht schon aus um die Frage warum Computerspiele in Bibliotheken gehören zu beantworten.

Vielleicht ist es ja bereits deutlich geworden, aber man kann es nicht oft genug sagen: Computerspiele SIND in der Lage Lernerfahrungen zu verbessern und ja, Computerspiele SIND auch Leseförderung. Hier ein paar Beispiele um diesen Punkt zu verdeutlichen:

Ohne die Fähigkeit Text zu lesen und aus diesem Text konkrete Handlungsanweisungen herauszufiltern ist es schlicht nicht möglich die meisten Games, erstens überhaupt zu spielen aber vor allem, zweitens, auch zu gewinnen. Ich kann nicht sagen, wie viele Seiten von Tutorials und Guides zu den verschiedenen Helden des Spieles „League of Legends“ ich schon gewälzt habe, nur um die optimale Kampfkraft aus meiner Figur herauszuholen und meine Gegner zu schlagen.

In den Foren diverser Spiele diskutieren Gamer über die Vor- und Nachteile ihrer Spielweise und das alles in Form von Text. Wunderbar formatiert und verständlich formuliert und das nur aus der Motivation heraus ihr Wissen miteinander zu teilen.

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335.000 Menschen besuchten auch in diesem Jahr wieder die Gamescom, die größte Computerspiele Messe der Welt.

Hier finden sich auch Seitenweise komplizierteste Berechnungen von Spielern zu bestimmten Spielmechnismen, die ich mitunter nicht mal im Ansatz verstehe und die gefühlt jeden Mathematikprofessor zum jauchzen bringen würden. Über diese Berechnungen wird öffentlich diskutiert, nur um eventuell ein oder zwei Prozent besser zu sein, als das Gegenüber mit seiner vorherigen Berechnung.

Für diese Art des „Berechnens“ von Spielen hat sich sogar ein eigener Neologismus entwickelt. Machen Sie sich einmal den Spaß und suchen Sie in einer Suchmaschine Ihres Vertrauens nach dem Begriff „Theorycrafting“, Ihnen werden die Ohren schlackern.

Leider wird vieles von dem, was Sie hier finden werden nur auf Englisch verfügbar sein und das bringt mich gleich zu einem weiteren Punkt: „Sprachen“

Wie oft habe ich bei meinen armseligen Versuchen in der Schule Englisch zu lernen den Satz meiner Lehrerin gehört: „Um eine Sprache wirklich zu lernen muss man sie anwenden“. So frustrierend es zu dieser Zeit war, hatte sie mit diesem Satz natürlich recht und auch hier können Spiele weiterhelfen.

Spiele verbinden Menschen über Grenzen hinweg. Diese Menschen kommunizieren natürlich nicht weil sie eine Sprache lernen wollen, aber weil sie gemeinsam Spielen wollen und dafür eben eine Möglichkeit der Verständigung benötigen. Das Lernen der Sprache (meistens Englisch) passiert als Kollateralschaden. Zugegeben, perfektes Schulenglisch ist das in der Regel nicht und ohne ein gewisses Grundwissen kann das auch nicht wirklich funktionieren, Gaming bietet aber ein Anwendungsszenario und eine Möglichkeit sein erworbenes Wissen zu verbessern und zu erweitern.

Doch es endet nicht beim Lesen, Schreiben und Rechnen. Gamer können durch das Spielen noch viel mehr Kompetenzen erwerben. Hierzu gibt es eine sehr schöne Aufzählung des von der „Bundeszentrale für politische Bildung“ veröffentlichen Portals „www.Spielbar.de“. Gamer Lernen sich demzufolge in komplexen Umgebungen zurechtzufinden, trainieren das Gedächtnis, lernen unter Stress zu handeln u.v.m..

Ich musste vor einigen Wochen bei einem Ausflug mit meinen Eltern feststellen, dass ich einfache Landkarten deutlich besser lesen kann als sie. Ich bin es einfach aus Spielen gewohnt, mich anhand von Himmelsrichtungen und einer Karte zu orientieren und das obwohl ich meinen Führerschein in einer Zeit gemacht habe, in der Navigationsgeräte Standard sind und niemals nur mit einem Straßen-Atlas bewaffnet nach Italien finden musste.

4. Bibliotheken können hier ein Angebot schaffen, das über das Erlebnis im Wohnzimmer hinausgeht.

All die vielen positiven Dinge, die Gaming in Bibliotheken bewirken kann, bringen überhaupt nichts, wenn sie nicht genutzt werden. Also wie bringt man die Gamer dazu in die Bibliothek zu kommen?

Meiner Meinung nach gelingt das nicht, wenn die Bibliothek dasselbe bietet, wie das eigene Wohnzimmer. Das ist leider derzeit noch in vielen (nicht in allen!!) Bibliotheken der Fall. Häufig gibt es eine Konsole, sowie ein paar Spiele die in irgendeiner Ecke stehen und – um einmal zu übertreiben – zum Abstellen von Kindern verwendet werden, während die Eltern nach neuen Romanen stöbern. Das ist die schlechte Nachricht.

Die Gute Nachricht ist, dass Bibliotheken mehr bieten können als das heimische Wohnzimmer. Dazu müssen Sie sich dazu entscheiden das Thema Gaming richtig anzupacken.

Dazu gehören z.B. Ausstattung und Räume, die die Kapazitäten des durchschnittlichen Geldbeutels oder der durchschnittlichen Wohnung überschreiten. Bibliotheken könnten z.B.Gamingzubehör, wie die Virtual Reality Brille Oculus Rift mit Laufkäfig in ihren Räumen zur Verfügung stellen und damit eine Erlebniswelt schaffen, an die kein normales Wohnzimmer heranreicht (beide Geräte sind zur Zeit noch nicht auf dem Markt erhältlich).

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Occulus Rift Picture by Sergey Galyonkin from Kyiv, Ukraine. This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic license.

Das nur um eine spontane Idee zu nennen. Hier kann man auch viel von bereits existierenden, kommerziellen Angeboten, wie dem Rush E-Sports Center in Nürnberg  lernen.

Des Weiteren zählen hierzu aber auch Veranstaltungen, die für eine entsprechende Zielgruppe ein Erlebnis bieten. (wie z.B. das jüngste Beispiel der Minecraft Olympiade aus Wolfsburg

Weitere Beispiele für gelungene Umsetzungen von Gaming (auch aus Bibliotheken) werden in den folgenden Blogbeiträgen noch im Detail vorgestellt.

Das war meine persönliche Antwort auf die Frage, warum sich Bibliotheken mit dem Thema Gaming beschäftigen sollten. Würden Sie mir in diesen Bereichen zustimmen? Haben Sie vielleicht noch weitere Gründe, die für Gaming in Bibliotheken sprechen? Oder gibt es vielleicht sogar gute Argumente gegen Computerspiele in der öffentlichen Bibliothek? Ich würde mich freuen mit Ihnen über diese Frage zu diskutieren. Im nächsten Beitrag geht es um die Frage, wer sind diese Gamer eigentlich? Und wie bekomme ich Sie in die Bibliothek?

7 Kommentare

  1. Danke fürs Verlinken auf unser Minecraft-Angebot! Wir sind in Wolfsburg ja schon seit längerem mit Gaming dabei und haben jetzt eine monatliche Veranstaltung eingeführt („Let’s play together“), die offen ist für jung und alt, d.h. wir möchten, dass sie von den Teilnehmenden geprägt und weiterentwickelt wird. So haben wir auch einen Kooperationspartner, der den Bereich Retrogaming (s. Atari) bedient und von Zeit zu Zeit die entsprechende Hardware mitbringt. Unsere Erfahrungen bisher haben gezeigt, dass man etwas in regelmäßigen Veranstaltungen anbieten muss, sonst gerät das gerade in Bibliotheken wieder aus dem Fokus !

    Und zum Thema „Minecraft“: das ist wirklich total überwältigend, wenn man in Schulen unterwegs ist und da mal bei Siebt- oder Achtklässlern erwähnt, dass man einen Minecraft-Nachmittag oder – wettbewerb plant. Sofort hat man ca. 10 Schüler an der Hand, die begeistert nachfragen und ohne weiteres auch eine Bibliothek besuchen wollen.

    Viele Grüße Uwe

    http://stadtbibliothekwolfsburg.wordpress.com/

  2. Katrin Koball

    Vielen Dank für den Blog. Ich stimme Ihnen zu, dem Gaming sollte man sich nicht verschließen. Aber muss ich zum Gamer werden, um die Angebote rüberzubringen?

    • Natürlich verstehe ich Ihre Bedenken und in der Tat ist es wichtig sich in seine Zielgruppe hineinversetzen zu können. Deshalb existiert ja auch die Empfehlung an Bibliothekare, die sich nicht mit dem Wort „Gamer“ identifizieren zu können, einmal die Gamescom zu besuchen um dieses Flair und diese Kultur zu verstehen. Es macht sicherlich wenig Sinn Geld und Ressourcen in ein Angebot zu investieren, dass anschließend, aufgrund mangelnder Vermittlung, oder aus unverständnis gegenüber der Zielgruppe begangenen Fehlkonzeptionen, nicht angenommen wird.
      Auf der anderen Seite soll dies kein Totschlagargument gegen Gaming in öffentlichen Bibliotheken sein, denn es gibt sicher in Jeder Kommune Möglichkeiten, Kooperationspartner für ein Gaming Angebot in einer Bibliothek zu gewinnen. In jeder Kommune gibt es Gamer, und darunter befinden sich sicher auch solche, die bereit wären einer Bibliothek bei der Vermittlung ihrer Angebote zu helfen, wenn Bibliotheken bereit sind ihnen zuzuhören. Die Aufgabe der Bibliothek besteht dann vor allem in der Bereitstellung von Technik und Raum. Auch Jugendhäuser, in manchen Fällen Jugendschutzbeauftragt und engagierte Ehrenamtliche können Wertvolle Hilfen sein. Und wer weiß vielleicht entpuppt sich ja auch dann die eine oder andere Kollegin, oder der eine oder andere Kollege, als interessierter Gamer, wenn sich in der eigenen Institution Möglichkeiten zur Entfaltung bieten. Nicht zuletzt bietet die Fachstelle natürlich auch gerne Ihre Beratung an.

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