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Gelebte Utopien: Als Coachin bei der #BibReise

Öffentliche Bibliotheken halte ich als demokratische Utopien der Teilhabe für wichtiger denn je für unsere Gesellschaft. Doch nicht allein wegen der Teilhabe an  Bildung, Kultur und Technologien. Sondern auch als nicht-kommerzielle, öffentliche Schutzräume, die freien Zugang zu Informationen und nicht zuletzt menschlicher Gemeinschaft bieten.  Diese Funktionen erfüllen öffentliche Bibliotheken meiner Überzeugung nach nicht nur vor Ort, sondern auch im digitalen Raum.

Hierfür braucht es in den Bibliotheken das notwendige Wissen und einen souveränen Umgang in der Benutzung und Einschätzung digitaler Dienste. Nur so lassen sich eigene digitale Angebote glaubwürdig vermitteln. Daher schätze ich mich glücklich, zusammen mit Stefan Evertz Teil des Coaching-Teams der #BibReise zu sein, des zweijährigen Coachingprogramms, in dem diesmal die Entwicklung einer Leitidee für Social Media im Fokus steht. Die Runde davor ist hier dokumentiert. Wie es bei den Angeboten der Fachstelle für öffentliche Bibliotheken NRW üblich ist, ruht sich niemand auf einmal erdachten Angeboten aus. Und so sind auch die Abläufe und Inhalte dieser Runde eine weiterentwickelte Variante zur #BibReise davor.

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Perspektivwechsel und der Wert vertrauensvoller Räume

Das Coaching ist auch für mich immer wieder ein Perspektivwechsel. Der digitale Raum ist mir seit Jahren vertraut (wenngleich es immer wieder überraschend ist, so oder so). Ich lebe in der Dynamik der Entwicklung und gestalte diese auf meine Weise mit. In all den Jahren hat sich ein verlässliches und wundervolles Netzwerk gebildet, Menschen, auf deren Meinung, Expertise, Einfallsreichtum und Zugewandtheit ich setzen kann – und eine ausgesprochene Trennung zwischen Leben digital und nicht-digital gibt es nicht.

Mit Menschen zusammenzuarbeiten, für die das Digitale zunächst mal verunsichernd oder schlicht ärgerlich ist, verlangt allen Beteiligten etwas ab. Man muss miteinander einen Weg finden, offen füreinander zu sein und aufeinander zu vertrauen.

„Eine Leitidee für Social Media entwickeln“: Das klingt, als könne man das auch prima in einem halbtägigen Workshop abhandeln. Tatsächlich hängt mehr daran, als man zunächst denkt. Es geht um Identität und das Selbstverständnis der Bibliothek, von Team und Leitung. Es geht um Kommunikation miteinander und mit anderen. Was vor Ort und mit institutionellen Partnern gut gelingt, gestaltet sich im digitalen Raum schwieriger: Die Bibliothek muss zu einem eigenen Ausdruck, einem Ton finden, die eigenen Themen erklären und aktiv auf andere zugehen, sich auf sie einlassen und sich mit ihnen vernetzen.

Social Media als Hebel für umfassende Veränderungen

Social Media sind nur ein Teil der Veränderungen, denen sich öffentliche Bibliotheken stellen müssen. Doch Social Media sind ein guter Hebel, um Veränderung an sich und Bewegung zu erzeugen: intern, im Team und der eigenen Arbeit, und extern in der Stadt, in der Region und im Zusammenspiel mit anderen im digitalen Raum.

Dies zu begleiten und mitzudenken, wie öffentliche Bibliotheken das Digitale in den Alltag integrieren können, und zwar so, dass es für die jeweiligen Eigenheiten von Ort, Team und Zielen passt, das ist eine bereichernde Aufgabe. Als Coachin öffne ich Räume und bemühe mich, diese sie zu gestalten, dass sich eine eigene Idee, eine eigene Leitidee entwickelt – und ein Klima, in dem auch zukünftig Veränderung konstruktiv gelebt werden kann.

 

Es muss passen. Auch zum Ort. Die Workshops finden in den öffentlichen Bibliotheken statt. Gerade für uns Coaches ist es wichtig, ein Gespür für die Menschen, ihr Haus, den Ort und die Kultur einer Stadt zu entwickeln. Immerhin soll ja das, was wir miteinander erabeiten, ebendort seinen Platz finden und in den Alltag hineinwachsen.

Aber nun steht erstmal eines unserer Barcamps an, das Lernortcamp. In Essen werden über hundert Bibliotheksmenschen sich jenseits des Digitalen kennenlernen und einen Tag miteinander verbringen. Social Media live und vor Ort.

Utopien und Tagträume

Mit Gedanken zu demokratischen Utopien begann ich. Mit einer Utopie schließe ich: In meiner idealen Welt sind öffentliche Bibliotheken die Influencer, die Orte, wo Zukünfte verhandelt und geschaffen werden, wo aus Wissen und Kultur, aus Vergangenheit und Gegenwart Impulse für die Gestaltung unserer Gesellschaft ausgehen. Und das sowohl vor Ort als auch im Digitalen, im Lesen wie auch im Denken und Schreiben und Machen, ob nun digital oder nicht-digital. Denn das alles gehört zusammen.

Schon bei der letzten #BibReise habe ich es oft bedauert, nicht länger verweilen zu können. Jede Stadt und jede Region hat etwas für sich. Durch die #BibReise hat sich meine Karte von Nordrhein-Westfalen neu sortiert. Seitdem tagträume ich von einer Radreise durch NRW von Bibliothek zu Bibliothek.

 

 

 

 

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