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Corona-Umfrage zeigt: IT-Infrastruktur der Öffentlichen Bibliotheken in NRW oft unzureichend

Der Lockdown in der Corona-Krise hat einen gewaltigen Digitalisierungsschub ausgelöst. Auch die Öffentlichen Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen haben die Corona-Krise dazu genutzt, digitale Angebote zu erproben und auszubauen. Neben der Onleihe boten sie erstmalig oder verstärkt digitale Formate wie Tutorials, Online-Buchvorstellungen, -Lesungen oder -Schreibwerkstätten an. Aber wie gut hat die technische Umsetzung funktioniert? Die Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW hat dazu im Juni eine Umfrage zum Online-Betrieb der Bibliotheken während des Lockdowns in der Corona-Krise durchgeführt. An der Online-Umfrage beteiligten sich 114 Bibliotheken.

Das Ergebnis: In knapp 80 Prozent der Bibliotheken war die technische Infrastruktur unzureichend, so dass die Umsetzung von Online-Angeboten eine Herausforderung darstellte.

So gaben 32,9% der Bibliotheken an, dass die ihnen zur Verfügung stehende Internetbandbreite nicht ausreichte, um Video-Streaming anzubieten. In 13,2% der Bibliotheken ließ sich zu diesem Zweck erst gar keine stabile Verbindung aufbauen. Mit 31,6% hat fast ein Drittel der Bibliotheken auf private Endgeräte ihrer Mitarbeiter*innen zurückgreifen müssen, um entsprechende Formate zu realisieren.

22,4% der Bibliotheken hatte kein Endgerät zur Aufnahme von Foto und Videodateien. 15,8% der Bibliotheken gaben an, keine Tondateien aufnehmen zu können.

Die Antworten decken sich mit den Ergebnissen einer bereits im August 2019 durchgeführten Umfrage der Fachstelle zur Glasfaseranbindung Öffentlicher Bibliotheken. In dieser hatten 59% der Bibliotheken angegeben, nicht an das Glasfasernetz angebunden zu sein. 29% der Bibliotheken stand darüber hinaus lediglich eine Bandbreite von 20 Mbit/s oder weniger zur Verfügung.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in der aktuellen Umfrage bei der Nutzung von Videokonferenzen oder Webinaren als Arbeitsinstrument. 52,7% der Bibliotheken haben hiermit während der Corona-Schließzeit Erfahrungen gesammelt. Lediglich 26,3 % der Bibliotheken, die an einer Videokonferenz oder einem Webinar teilgenommen haben, sind hierbei nicht auf Hindernisse gestoßen. In ebenfalls 26,3% der Bibliotheken waren die Probleme auf eine instabile Internetverbindung zurückzuführen, in weiteren 12,3% der Bibliotheken reichte die Bandbreite nicht aus, sobald mehrere Mitarbeiter gleichzeitig an dem Webinar oder der Videokonferenz teilnehmen wollten. In 22,8% der Bibliotheken konnte keine Software für Webinare oder Videokonferenzen bereitgestellt werden.

Zusammenspiel aller EDV-Komponenten

 

Hinzu kommt, dass es nicht ausreicht nur einzelne Probleme zu beheben, damit digitale Angebote wie Online-Lesungen oder Video-Tutorials erfolgreich funktionieren. Wenn für die Durchführung eines Angebotes die Internetanbindung ungenügend und die WLAN-Bandbreite zu schwach ist, wird die Verbesserung der WLAN-Ausleuchtung allein kein Gelingen des Angebotes gewährleisten.

Der Erfolg von digitalen Angeboten wie Online-Lesungen oder Video-Tutorials hängt vom Funktionieren und Zusammenspiel aller Komponenten der EDV-Infrastruktur ab. Neben einer angemessenen Hard- und Softwareausstattung schließt dies auch Bereiche wie Netzwerk und Ausstattung mit ein. Notwendig ist außerdem das Vorhandensein lokaler Expert*innen, die bei Bedarf mit entsprechenden EDV-Kompetenzen unterstützen können. 61,1% der Bibliotheken sehen hier bei ihren Mitarbeitern noch erhöhten Schulungsbedarf.

Technische Infrastruktur an heutige Erfordernisse anpassen

Fazit: Bibliotheken haben die Aufgabe Zugang und Orientierung in digitale Wissenswelten zu vermitteln, Teilhabe an einem immer stärker digital organisierten Leben zu ermöglichen und so die digitale Spaltung der Gesellschaft zu verringern. Gute inhaltliche Ansätze reichen nicht aus, um Online-Angebote anbieten zu können. Digitale Angebote Öffentlicher Bibliotheken können nur wirksam vermittelt werden, wenn sie auch technisch umgesetzt werden können. Es gilt, auch die technische Infrastruktur in Bibliotheken an heutige Erfordernisse anzupassen. Nur dann werden Bibliotheken ihre Aufgabe als zentraler Akteur in der Vermittlung digitaler Bildung erfüllen können.

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