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Aspekte einer kundenorientierten Raumgestaltung in Bibliotheken

Im Zeitalter der Digitalisierung und der virtuellen Räume könnte man annehmen, dass der physische Raum für Bibliotheken immer unwichtiger wird. So erfolgen Recherchen vermehrt über das Internet, Bücher werden in Form von E-Books konsumiert und statt Filme auszuleihen werden Streaming-Dienste genutzt. Die Anzahl der physischen Medien geht in einigen Segmenten zurück und dennoch gewinnt der physische Raum von Bibliotheken zunehmend an Bedeutung. Bibliotheken befinden sich im Wandel von reinen Ausleihinstitutionen hin zu Aufenthalts- und Begegnungsorten. Es gilt bei der Gestaltung von Bibliotheksräumen nicht primär die Medien zu betrachten, sondern die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer*innen in den Vordergrund zu rücken – weg von bestandsorientierten hin zu kundenorientierten Räumlichkeiten.

Vielleicht sollte man sich noch einmal kurz ins Gedächtnis rufen, was sich hinter dem Begriff Bestandsorientierung verbirgt. Über viele Jahre galt ein Zielbestand von zwei Medieneinheiten pro Einwohner als erstrebenswert. Dementsprechend wird die Größe der Räumlichkeiten nach den Unterbringungsmöglichkeiten für Medien berechnet. Die Medien nehmen den Großteil der verfügbaren Fläche ein. Ihre Aufstellung erfolgt klassisch nach ASB, häufig auch in Form von Kabinetten. Zwischen den Regalen befinden sich einige Recherche- und PC-Arbeitsplätze. Die Anzahl an Steckdosen ist eher begrenzt, da die Räumlichkeiten nicht als Lernorte konzipiert wurden. Die Gestaltung der Räume ist auf einen kurzen Aufenthalt ausgerichtet: Medium suchen, ausleihen und gehen.

Was ist im Gegensatz dazu unter kundenorientierter Raumgestaltung zu verstehen?

Nicht die Medien, sondern die Nutzer stehen im Fokus der Bibliothek. Es gibt insgesamt weniger physische Medien, der Bestandsaufbau orientiert sich stärker an Kundenwünschen und Ausleihzahlen. Medien werden so aufgestellt und präsentiert, dass sie für die Nutzer leicht und schnell auffindbar sind. Neben den Regalflächen werden Aufenthaltsflächen für Nutzer*innen geschaffen.

Insgesamt werden Bibliotheksflächen atmosphärischer gestaltet. Designer bzw. Architekten arbeiten dazu mit Farbkonzepten und verwenden neue Aufstellungsformen. Auch die Möbelauswahl erfolgt nach neuen Kriterien. Und immer hat man die Bedürfnisse der Bibliotheksnutzer*innen im Blick.

Welche Bedürfnisse haben Bibliothekskunden heute?

Natürlich gehört auch heute noch das Ausleihen von Medien zu den Grundbedürfnissen der Bibliothekskunden. Gleichzeitig erwarten sie einen Ort, der zum Lesen und Schmökern einlädt. Zeitschriften werden gewälzt, Kochbücher auf ihre Eignung für den nächsten Dinner-Abend geprüft und Reiseführer als Anregung für den anstehenden Urlaub durchgeblättert. Dafür werden Sitzplätze benötigt, die zum Verweilen einladen.

Eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft setzt die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen voraus. Deshalb ist der Zugang zu Informationen auch künftig eine wesentliche Aufgabe von Bibliotheken. Dieser erfolgt vermehrt über digitale Medien wie E-Books, Onlineplattformen, Datenbanken und natürlich über frei verfügbare Quellen im Internet. Um den Zugriff auf digitale Quellen zu ermöglichen, werden PC-Arbeitsplätze ebenso benötigt wie Arbeitsplätze, die das Arbeiten mit mobilen Endgeräten ermöglichen. Zugang zu Strom und WLAN sind also wichtig. Häufig bieten private Wohnräume nicht die Möglichkeit in einer Gruppe zu lernen. Bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen müssen daher sowohl Einzel- als auch Gruppenarbeitsmöglichkeiten berücksichtigt werden.

Der Besuch von kommerziellen Cafés ist mit dem Verzehr von Speisen oder Getränken verbunden. In einladend gestalteten Kommunikationsbereichen und Lesecafés von Bibliotheken besteht die Möglichkeit sich ohne Konsumzwang auszutauschen. Hier können sich alle Altersklassen zwanglos treffen und unterhalten. Selbst ein großer Zeitungslesetisch ist oft mehr Ort für angeregte Diskussionen, als für das ruhige Lesen.

Die Veranstaltungsarbeit gewinnt zunehmend an Bedeutung in Bibliotheken. Sei es in Form von Veranstaltungsangeboten oder durch die Bereitstellung von Räumen, Technik oder anderen Gegenständen für Nutzer, die ihre Veranstaltungen selber organisieren möchten. Diese benötigen entsprechende Flächen, Möbel und eine adäquate technische Ausstattung.

Die richtige Lage der Aufenthaltsbereiche

Um Aufenthaltsflächen in Bibliotheken kundenorientiert zu gestalten, spielen einige bereichsübergreifende Aspekte eine Rolle. Sowohl Loungeplätze, meistens bestehend aus bequemen Polstermöbeln, als auch Arbeitsplätze passen gut in den Randbereich der Medienaufstellung. Lesesessel in die Nähe der Belletristik und Arbeitstische in den Bereich der Sachliteratur.

Lesecafés und Kommunikationsbereiche können in den Eingangsbereich der Bibliothek eingeplant werden. Hier muss es nicht besonders ruhig sein. Zudem sorgt die Sichtbarkeit von außen für einen Schaufenster-Effekt und lockt weitere Besucher in die Bibliothek. Gerne werden diese Bereiche in Bibliotheken auch flexibel als Veranstaltungsflächen genutzt, da Bistrotische leicht zu verschieben und benötigte Stühle direkt vor Ort sind.

Licht schafft Atmosphäre

Auch Licht spielt eine wichtige Rolle bei der Bibliotheksgestaltung. Arbeitsplätze sollten wegen des Tageslichts möglichst an Fensterfronten eingeplant werden. Zudem sorgt der Ausblick ins Freie für Atmosphäre. Sollte ein Bibliotheksgebäude dies nicht hergeben, kann eine gemütliche Atmosphäre auch durch künstliches Licht, z.B. in Form von Leseleuchten, geschaffen werden. Als Richtwert für die Helligkeit gilt: Die Beleuchtung an den Nutzerarbeitsplätzen sollte 500 Lux betragen.

Arbeitsplätze am Fenster bieten natürliches Licht und sorgen für Atmosphäre (Stadtbibliothek Langenfeld).

Kein Widerspruch: Barrierefreie Sitzmöbel mit optischer Barriere

Damit Einzelarbeits- oder Leseplätze echte Rückzugsorte darstellen, sind optische Barrieren wichtig – unabhängig davon, ob sich die Plätze im Randbereich oder mittig im Raum befinden. Sessel mit hohen Rückenlehnen, wie z.B. Ohrensessel, können eine solche Sichtgrenze schaffen. Auch Sitzmöbel mit Drehfuß sind eine gute Lösung. Hier können die Kunden selbst entscheiden, ob sie sich zum Fenster drehen, um ihre Ruhe zu haben oder sich dem Raum zuwenden, um die darin stattfindenden Geschehnisse im Blick zu behalten. Auch Accessoires wie Kissen können für eine wohlige Wohnzimmeratmosphäre sorgen.

Damit Sitzmöbel auch den Aspekt der Barrierefreiheit berücksichtigen, sollten sie mit Armlehnen ausgestattet sein. Diese erleichtern besonders älteren oder körperlich eingeschränkten Personen das Aufstehen, da sie sich abstützen können. Praktisch sind auch Beistelltische, die als Ablagefläche dienen. Bei Zweisitzern dient oft auch der zweite Platz als Ablage. Generell gilt, dass Einsitzer flexibler sind als Mehrsitzer. Sie sind leichter zu verschieben – und viele Menschen möchten ungern neben einer fremden Person sitzen, sodass häufig nur einer der beiden Sitzplätze genutzt wird.

Auch die Bibliothek in Olsberg hat sich für Sessel mit hoher Lehne entschieden.

Flexibilität als Kriterium bei der Möbelauswahl

Auch Arbeitsplätze profitieren von optischen Barrieren. Eine Möglichkeit sind so genannte Raum-in-Raum-Lösungen. Zusätzliche Räume können zum Beispiel durch Regale gebildet werden. Diese sind nach oben hin offen – dies erleichtert die Belüftung und die Brandschutzvorkehrungen. Um trotz der Offenheit die Akustik in diesen Bereichen zu verbessern, können beispielsweise Akustiksegel von der Decke abgehangen werden. Alternativ gibt es auch Raum-in-Raum Möbel, sowohl für Einzel- als auch für Gruppenarbeitsplätze. Diese sind in Hinblick auf zukünftige, räumliche Veränderungen flexibler als gebaute Räume.

Flexibilität ist generell ein wichtiger Aspekt, besonders für kleinere Bibliotheken. Durch entsprechendes Mobiliar können Einzelarbeitsplätze flexibel zu Gruppenarbeitsplätzen kombiniert werden. Hierfür eignen sich quadratische Arbeitstische (80×80 cm oder 100×100 cm). Wo diese an festen Plätzen stehen, sollten sie mit einem Stromanschluss ausgestattet werden. Einige Hersteller bieten auch Tische auf Rollen an, um diese besser bewegen zu können. Stühle an Nutzerarbeitsplätzen sollten wegen der erhöhten Unfallgefahr nicht mit Rollen ausgestattet werden. Sie sollten bequem und funktional, bestenfalls stapelbar sein. Eine leicht flexible Rückenlehne und ein Material, das schnell die Körpertemperatur annimmt, sorgen für erhöhten Sitzkomfort. Es empfiehlt sich zudem ein einheitliches Stuhl-Modell zu auszuwählen, um die Stühle bei Bedarf gemeinsam aufzustellen.

Sitzmöbel: Farblich abgestimmt, hochwertig und langlebig

Die Frage, ob bei der Wahl auf teure Designermöbel zurückgegriffen werden sollte, stellt sich häufig in Verbindung mit der Sorge um möglichen Vandalismus. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Designklassiker und andere hochwertige Möbel bei den Nutzer*innen auf Wertschätzung treffen und sie sorgsam damit umgehen. Bei allen textilen Ausstattungsgegenständen sollte aber auf robuste Stoffe geachtet werden. Die Möbel werden schließlich täglich von vielen Menschen beansprucht. Ihre Farbgestaltung kann Teil eines in der Bibliothek vorhandenen Leitsystems sein, sofern verschiedene Bereiche durch eine unterschiedliche Farbgebung gekennzeichnet sind.

Spielerisch und gemütlich: die Kinderbibliothek

Neben der Gestaltung von Loungeplätzen, Lesecafés und Nutzerarbeitsplätzen, die in der Regel zunächst mit Blick auf Erwachsene eingerichtet werden, dürfen auch die Bereiche für die jüngeren Nutzer*innen der Bibliothek nicht vernachlässigt werden.

Insbesondere für Kinder sollte um die Medien herum eine Erlebniswelt geschaffen werden. Wiedererkennungsmerkmale wie ein Lesehaus, ein Piratenschiff oder eine Bücherlokomotive sind wichtige Elemente in der Gestaltung. Oft erkennen Eltern diese aus ihrer eigenen Kindheit wieder, wenn sie schließlich mit den eigenen Kindern in die Bibliothek kommen. Neben Leseplätzen, die auch Platz für Begleitpersonen zum Vorlesen schaffen, ist zu bedenken, dass Kinder gerne in anderen Positionen lesen als Erwachsene. Polsterelemente oder überdimensionierte Stofftiere können dazu einladen, auf dem Bauch oder Rücken liegend in einem Buch zu schmökern.

Stadtbibliothek Langenfeld: Große und bequeme Kissen laden zum entspannten Schmökern ein.

Cool und zeitgemäß: der Jugendbereich

In einer Jugendbibliothek sollte eine lockere Atmosphäre durch zeitgemäße, „coole“ Möbel geschaffen werden. Die Schwierigkeit liegt dabei in der Kurzlebigkeit von Trends. Die Umgebung muss einen Mehrwert zum eigenen Jugendzimmer schaffen und die Möglichkeit bieten, mit Freunden zu chillen. Um die häufig genutzten mobilen Endgeräte aufzuladen, ist der Zugang zu Strom besonders wichtig. Steckdosen können z.B. in Sitzmöbel integriert werden. Auch die WLAN-Ausleuchtung sollte gut sein. Jugendbibliotheken werden besonders dann gut von der Zielgruppe angenommen, wenn diese Punkte bei der Gestaltung berücksichtigt werden.

Zugang für alle durch Barrierefreiheit und Open Library

Damit die für die Bibliothekskunden geschaffenen Aufenthaltsflächen möglichst von allen Menschen genutzt werden können, ist der Zugang von großer Bedeutung. Zugang kann durch verschiedene Faktoren geschaffen werden. Zum einen über Barrierefreiheit, um Menschen mit physischen oder kognitiven Einschränkungen nicht auszuschließen. Zum anderen durch Öffnungszeiten.

Erweiterte Öffnungszeiten, z.B. durch ein Open Library-Konzept, gewährleisten die Erreichbarkeit von Nutzergruppen wie Berufstätigen oder Pendlern. Open Library setzt allerdings auch eine angepasste Raumgestaltung voraus. So muss der automatisierte Zugang in die Bibliothek gewährleistet sein. Und der Raum muss zum Beispiel durch niedrige Regale überschaubar bleiben. Diese Überschaubarkeit sorgt neben dem Aspekt der Raumüberwachung auch dafür, dass Nutzer sich besser orientieren können. Hier hilft auch ein gut geplantes und einheitlich umgesetztes Leit- und Orientierungssystem.

Gesamtkonzept sorgt für einheitliches Ergebnis

Man könnte bei vielen Aspekten noch weiter ins Detail gehen. Und sicherlich gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Stellschrauben. Wichtig ist es, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, bevor mit der Umsetzung begonnen wird. Nur dann entsteht am Ende ein einheitliches Ergebnis, bei dem alle Maßnahmen miteinander harmonieren und funktionieren.

Der Artikel ist bereits in ähnlicher Form in der BUB Ausgabe 07/2020 erschienen.

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Bibliotheken im Ausland – Oodi Helsinki (Teil 4)

Im Dezember 2018 wurde Oodi, die neue Filiale der Stadtbibliotheken in Helsinki eröffnet. Aufgrund ihrer Größe und der zentralen Lage, neben dem Bahnhof, wird sie häufig fälschlicherweise für die Zentralbibliothek gehalten, welche jedoch auch weiterhin die Pasila-Bibliothek sein wird. Passend zu unserem, zugegeben zufällig für August geplanten Besuch in Helsinki wurde Oodi kurz zuvor von der IFLA zur „Weltbesten Öffentlichen Bibliothek des Jahres 2019“ ernannt. Und wir konnten uns direkt einen Eindruck davon machen, warum das so ist.

Das vom finnischen Architekten-Team ALA entworfene Gebäude war in den vergangenen Jahren, seit Planung des Baubeginns bereits vielfach im Gespräch. An der Gestaltung der Bibliothek, so wurde auf der Public! 2018 in München während eines Vortrages berichtet, waren maßgeblich auch die Bürger*innen von Helsinki beteiligt, die durch Umfragen und Workshops die Idee einer Bibliothek der Zukunft mitentwickeln konnten. Projektbeginn des Ganzen war bereits im Jahr 2012.

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Außenansicht von der Parkseite aus auf die geschwungene Fassade von Oodi

Nun steht das neue Flaggschiff des Öffentlichen Bibliothekwesens mitten in Helsinki und verbindet den auf der einen Seite gelegenen Stadtkern mit dem auf der anderen Seite gelegenen Park. Die Fassade des Gebäudes zeichnet sich in der Gestaltung durch das für Finnland typische Fichtenholz aus und wird unterbrochen von großen geschwundenen Glasflächen, vor allem an den Eingängen und im Bereich des 2. Obergeschosses. Sobald es draußen dunkel und das Gebäude aus dem Inneren heraus beleuchtet wird, verstärkt diese Beleuchtung den eh schon vorhandenen skulpturalen Eindruck. Das Gestaltungselement Holz zieht sich auch im Inneren der Bibliothek weiter durch die Räumlichkeiten.

Betreten werden kann das Foyer sowohl von der Stadt-, als auch von der Parkseite aus. Das offen gestaltete Erdgeschoss beherbergt neben der Informationstheke der Bibliothek auch Theken einiger ihrer Kooperationspartner so z.B. des Bürgerservices „Helsinki-Info“ oder eine Anlaufstelle für EU-Informationen. Zudem findet der Nutzer hier eine gemütlich gestaltete Cafeteria/Restaurant, eine Küche in Welcher Kurse stattfinden können, einen Veranstaltungs- und sogar einen Kinosaal. Im, in der einen Spitze liegenden (hinteren) Gebäudeteil finden Betreuungsgruppen für Kinder einen Bereich, in dem gespielt werden kann.

 

Über die im Kern des Gebäudes liegende, imposante Wendeltreppe (oder auch über den Aufzug und Rolltreppen) gelangt der Nutzer in das erste Obergeschoss des rund 10.000 m² großen Gebäudes. Hier befinden sich die Flächen für alle Schaffenden und Kreativen. Der „Urban Workspace“ bietet auf einer großen Fläche Platz für einen Makerspace mit 3D-Druckern, Plottern, Overlock-Nähmaschinen oder auch Stickmaschinen. Es gibt abgetrennte Gruppen- und Einzelarbeitsräume. Diese können gegen eine Gebühr reserviert werden. Ansonsten ist die Nutzung der Bibliothek entgegen den meisten Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland kostenfrei. Neben den Arbeitsräumen gibt es hier auch mehrere schallisolierte Probenräume und Tonstudios für Musiker, was wie wir erfahren haben in Finnland völlig normal zu sein scheint. Man möchte auch Menschen, die finanziell weniger gut aufgestellt sind, die Möglichkeit geben ihre Musik aufzunehmen. Auch Instrumente können hier geliehen werden.

Ein wichtiges, räumliches Gestaltungselement im ersten Obergeschoss ist die Stufenlandschaft. Hier sitzen die Nutzer, lesen, hören Musik oder laden einfach ihre mobilen Endgeräte auf. Vor einer bepflanzten, grünen Wand, einem sogenannten vertikalen Garten stehen Loungemöbel zum Relaxen oder Lernen zur Verfügung.

Im zweiten Obergeschoss eröffnet sich dem Nutzer dann das, was am ehesten unserem Bild einer Öffentlichen Bibliothek entspricht: der sogenannte Lesehimmel. Hier sind auf einer großen lichtdurchfluteten Fläche etwa 100.000 Medien aufgestellt. Das klingt im ersten Moment nach viel und vollgestellt, wirkt aber ganz und gar nicht so. Die an sich sehr strukturierte Medienaufstellung wird regelmäßig von Sitzgruppen oder Sesseln unterbrochen, die auf eigens für Oodi gefertigten Teppichen stehen. Es gibt Pflanzbehälter, in welchen kleine Bäume stehen, die zusätzlich zu den großen Glasflächen dafür sorgen, dass eine Verbindung von Drinnen und Draußen hergestellt wird.

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Der Lesehimmel lädt zum schmökern und zum Aufenthalt ein.

Die Decke des zweiten Obergeschosses ist so gestaltet, dass sie sich immer wieder wölbt. In den Spitzen der Wölbungen befinden sich weitere Öffnungen die Tageslicht in den Raum hineinlassen.

Vor der Glasfassade Richtung Park und dem finnischen Parlament, auf welches man von hier oben blickt, befindet sich ein weiteres Lesecafé. Die Nutzer können die Getränke hier zu sich nehmen, mit in die Bibliothek oder bei gutem Wetter nach draußen auf die großflächige Dachterrasse.

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Ausblick Richtung Park durch die gebogen gestaltete Glasfront.

An beiden Enden des Gebäudes erhebt sich das Obergeschoss. Linksseitig über eine Treppe und eine Rampe aus Parkettholz, wo die Nutzer lesen können, welche aber auch gerne zum Toben genutzt wird. Auf der anderen Seite befindet sich die Kinderbibliothek. Während des Zeitpunkts unseres Besuches wurde dieser von einer Gruppe aus etwa 25 Müttern mit ihren Babys genutzt, die sich fröhlich auf dem Boden herumrollten. An der Fensterfassade daneben standen auf den gekennzeichneten Parkplätzen nebeneinander aufgereiht die Kinderwägen. Mit Ausnahme eines Kinderwagens der etwas näher an der Gruppe an einer Säule geparkt wurde, die als Schlafplatz für Kinder in ihren Kinderwägen gekennzeichnet ist. Unter der Erhöhung im Kinderbereich, auf welchem Bilderbuchtröge auf den Stufen stehen und sich oben ein Spielbereich befindet, befindet sich ein weiterer Veranstaltungsraum.

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Kinderwagenparkplätze und „Kinderschlafplatz“

Die Akustik auf dieser Etage ist ganz erstaunlich. Trotz der vielen Menschen, die sich hier aufhalten, kommunizieren, lesen oder spielen, entsteht nicht der Eindruck von Lärm. Dies könnte aber, wie man uns berichtete auch daran liegen, dass die Finnen sich generell in der Öffentlichkeit leiser unterhalten, als es bei uns der Fall ist. Wobei Oodi bei den durchschnittlich 10.000 Besuchern am Tag durchaus nicht nur von Finnen genutzt wird. Ein großer Teil der Besucher sind tatsächlich Bibliothekstouristen, so wie wir.


Weitere Beiträge dieser Reihe:

Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Bibliotheken im Ausland – „School 7“ in Den Helder (Teil 2)

Bibliotheken im Ausland: Schiedam – die erste grüne Bibliothek der Niederlande (Teil 3)

Bibliotheken im Ausland – „Biblo Tøyen“ – für Erwachsene verboten (Teil 5)erwachseverboten-teil-5/

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Bibliotheken im Ausland: Schiedam – die erste grüne Bibliothek der Niederlande (Teil 3)

Wer sich einmal eine ganz anders aussehende Bibliothek in den Niederlanden ansehen möchte, sollte unbedingt nach Schiedam reisen. Die hier 2015 neu eröffnete Stadtbibliothek befindet sich in einer ehemaligen „Korenbeurs“ (Getreidebörse), also einer Markthalle. Das denkmalgeschützte Gebäude hat die Planer und Gestalter vor die eine oder andere Herausforderung gestellt, die meiner Meinung nach alle gut gemeistert wurden.

Neben dem monumentalen Bestandsgebäude ist das ausschlaggebende Kennzeichen der Bibliothek in Schiedam, dass es die erste grüne Bibliothek der Niederlande ist. Das bezieht sich natürlich auch auf den Aspekt der Nachhaltigkeit, aber nicht nur. Denn wenn man die Bibliothek betritt, ist dies das erste was man sieht und denkt: „Grün!“

Der Innenhof des Gebäudes wurde überdacht und dient nun in Form eines Atriums als Treffpunkt und Aufenthaltsort der Bibliothek. Neben einem großen Lesetisch und Nutzerarbeitsplätzen gibt es hier vor allem viele Pflanzen. Aber nicht die üblichen kleinen Drachenbäume wie man sie aus der einen oder anderen hiesigen Bibliothek kennt, sondern Bäume, die bis zu 6 Meter hoch sind. Vorwiegend Tamarinde, Ficus und Olivengewächse. Bewässert werden die Pflanzen über ein ausgeklügeltes System, das in den Pflanzgefäßen eingebaut wurde. Es muss also nicht jeden Abend jemand durch die Bibliothek wandern und händisch gießen. Für alle Nichtpflanzenkennern unter den Bibliotheksnutzern ist an jedem Strauch oder Baum ein Schild angebracht mit der Bezeichnung der Pflanze.

Zwischen den Tischen und Pflanzbehältern gibt es im Innenhof auch einen Bereich zum „Chillen“: Auf einer Art Liegewiese können zwei Personen entspannen und über Kopfhörer Musik hören. Die beiden Liegestühle sind zwar aus künstlichem Rasen, trotzdem ist es fast wie im Sommer auf der Wiese im Park.

Auch Zeitschriften zum Schmökern gibt es im Innenhof.  Nicht versteckt, aber gut integriert,  in einem oder besser gesagt unter einem Hochbeet.

Über dem direkt daneben liegenden Lesetisch hängt ein weiteres Highlight. Eine Leuchte aus vielen kleinen Genever-Gläsern. Schiedam ist für die Herstellung von Genever bekannt und somit ist dieses kleine, verspielte Detail eine schöne Widmung an die eigene Stadt.

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Schiedam ist für die Herstellung von Genever bekannt.

Insgesamt mutet der überdachte Innenhof wie ein wilder Garten an, in den man sich bei jedem Wetter zurückziehen kann und trotzdem das Gefühl hat, sich im Freien zu befinden.

In einem am Rande gelegenen, extern betriebenem Lesecafé können sich die Besucher mit Getränken und Speisen stärken, sodass es nicht schwer fällt, in der Bibliothek einen ganzen Tag zu verbringen. Den Hinweis „Essen verboten“  findet man hier nicht. Mit vielen Salaten sowie Sandwiches ist die Auswahl recht groß und ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, auch wirklich lecker.

Um das Atrium herum befindet sich unter dem Gewölbe ein Teil der Medienaufstellung. Dieser Bereich ist zum Innenhof hin offen gestaltet, sodass beide Bereiche zu einer Einheit werden.

Das Bestandsgebäude hat noch eine statische Besonderheit: Der Boden ist nicht ganz gerade – das Gebäude steht sozusagen minimal schief. Im Innenhof fällt einem das nicht so sehr auf. Jedoch spätestens, wenn man durch den Außenbereich schlendert. Dies stellte die für die Ausstattung zuständigen Architekten vor die Frage, ob sie die Regale an den Boden anpassen oder durch Unterbauten ausrichten und gerade aufstellen. Tatsächlich stehen nun auch die Regale leicht schief. Hätte man die Regale mit einer Wasserwaage ausgerichtet, wäre bei dem Nutzer der Eindruck entstanden, dass der Raum noch viel schiefer ist. Vielen Nutzern fällt deshalb der leicht abfallende Boden oft gar nicht auf.

Eine weitere Besonderheit sind die Bilderbuchtröge in der Kinderbücherei und die Präsentationsmöbel. Sie bestehen schlichtweg aus Papier. Dieses wird maschinell aufgewickelt und verklebt, sodass eine sehr stabile Kartonage entsteht. Quadratisch, jedoch mit abgerundeten Ecken, bilden sie in verschiedenen Höhen Buchtröge. Sie sind mit leuchtend orangenen Spanngurten zu kleinen Einheiten zusammengefügt oder können mit einem eigens dafür entworfenem Deckel zum Hocker umfunktioniert werden.

In das erste Obergeschoss gelangt man über eine dem Design der Regale angepasste, hölzerne Wendeltreppe oder aber barrierefrei über einen aufwändig in das Gebäude integrierten Aufzug. Hier oben sind die Regale aus eben jenen Kartonagen. Aufeinander gestapelt, durch Holzkästen ergänzt und mit Gurten befestigt, stehen hier freistehende Regale, die kostengünstig in der Herstellung und trotzdem äußerst stabil sind. Damit die Regale nicht von unten her aufweichen, wenn nass gewischt wird, stehen sie auf einer kleinen Unterkonstruktion aus Holzbalken.

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Freistehende Regale aus Karton

Im Obergeschoss des Gebäudes befinden sich neben der Medienaufstellung vor den Fenstern noch weitere Nutzerarbeitsplätze, von denen man einen tollen Blick auf den historischen Stadtkern hat. Zudem ist hier oben ein Veranstaltungs-/Seminarraum.

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Blick vom Obergeschoss ins grüne Atrium

Mein Gesamteindruck: Die Gestaltung der Stadtbibliothek in Schiedam ist alles andere als gewöhnlich. Der Mix aus historischem Gebäude, den vielen Pflanzen, dem hellen Holz der Einbauten und den Kartonregalen ist so spannend und doch so stimmig, dass die Bibliothek zu einem beliebten Treffpunkt für die Bürger von Schiedam geworden ist und auch ein sehenswertes Ausflugsziel für Bibliotheksinteressierte darstellt.


Weitere Beiträge dieser Reihe:

Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Bibliotheken im Ausland – „School 7“ in Den Helder (Teil 2)

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Bibliotheken im Ausland – Die Fachstelle auf Reisen (Teil 1)

Anfang 2019 hatte ich die Möglichkeit, auf einer durch die Fachstelle für das Öffentliche Bibliothekswesen in Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Goethe-Institut organisierten Besichtigungstour, einige Bibliotheken in den Niederlanden anzusehen. Auch wenn es sich hierbei um unser Nachbarland handelt, sind für mich dabei einige Unterschiede zu unseren Öffentlichen Bibliotheken sichtbar geworden.

Und um bei den Niederländern zu bleiben, zumindest im entferntesten Sinne, konnte sich Frau Büning im vergangenen Jahr auf einer Reise nach Oslo dort die vom niederländischen Architekten und Creative Guide Aat Vos gestaltete Kinderbibliothek „Biblo Toyen“ anschauen, deren Zugang für Erwachsene normalerweise streng verboten ist.

Doch damit nicht genug. Im Dezember 2018 wurde die von der IFLA im Jahr 2019 zur besten Bibliothek der Welt gewählte Zweigstelle „Oodi“ in Helsinki eröffnet. Was für mich und Frau Büning Anlass war, nach Helsinki zu reisen und uns auch drei finnische Bibliotheken einmal näher anzuschauen.

Unsere Eindrücke der besichtigten Bibliotheken möchten wir natürlich nicht für uns behalten und sie gerne auf dieser Plattform mit Ihnen teilen. In den kommenden Wochen werden Sie also an dieser Stelle Blogbeiträge zu lesen bekommen, in denen wir versuchen zu vermitteln, wie die gesehenen Bibliotheken im Ausland arbeiten und (besonders aus meiner Sicht beschrieben) räumlich gestaltet werden.

Zu Beginn ist es vielleicht gut, kurz zu beschreiben, wie sich wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu unseren Öffentlichen Bibliotheken  darstellen.

Die Ziele, die Öffentliche Bibliotheken verfolgen, sind in der Regel die gleichen. Man möchte das Lesen fördern, schon von klein auf. Informationen sollen möglichst uneingeschränkt zur Verfügung stehen und Öffentliche Bibliotheken sollen ein Aufenthaltsort in der Kommune sein.

 

Den niederländischen Bibliotheken steht hierfür im Gegensatz zu den meisten unserer Öffentlichen Bibliotheken mehr Geld zur Verfügung. Zum einen durch die Kommunen, zum anderen sind die Bibliotheksgebühren für die Nutzer im Vergleich zu deutschen Bibliotheken verhältnismäßig hoch. In der OBA (Openbare Bibliotheek Amsterdam) z.B. können die Nutzer zwischen verschiedenen Tarifen wählen. Für 33 Euro/ Jahr können die Nutzer nur eine begrenzte Medienanzahl von 50 Medien im Jahr ausleihen und nicht mehr als 10 pro Bibliotheksbesuch. Im „OBA Total“ Tarif (für 43 Euro/ Jahr) hingegen ist die Medienanzahl für die Ausleihe zwar pro Besuch auf 10 ME begrenzt, jedoch für das gesamte Jahr nicht limitiert. Kinder und Jugendliche leihen, wie auch in den meisten unserer Bibliotheken kostenfrei aus.

In den finnischen Bibliotheken stellt es sich noch einmal ganz anders dar. Hier zahlen die Nutzer, egal welcher Altersklasse sie angehören, keine Nutzergebühren für die Öffentliche Bibliothek. Die Gebühren sind sozusagen bereits mit den Steuern beglichen. Man muss sich lediglich anmelden, um Medien ausleihen zu können. Dafür sind einige Sonderleistungen, wie das Buchen bestimmter Räume eventuell mit Kosten verbunden.

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Diese Lernküche in Oodi in Helsinki kann kostenpflichtig gebucht werden.

Das Bibliothekspersonal war in allen von uns besichtigten Bibliotheken auf der Fläche gut erkennbar, da es entweder einheitliche Oberteile trug oder eine  Art Uniform. Das Thema der Berufskleidung wird bei uns zulande ja mitunter sehr kritisch betrachtet. Auf Nachfrage, wie die Mitarbeiter das Thema der Berufskleidung  sehen, wurde uns in der OBA erklärt, dass diese absolut kein Problem damit haben. Es wird den Mitarbeitern nur eingeschränkt vorgeschrieben, was Sie zu tragen haben. Jeder kann seinem Kleidungsstil gerecht auswählen, ob er lieber ein T-Shirt tragen möchte oder doch lieber ein Poloshirt, eine Bluse, ein Hemd, ein Jackett oder eine Strickjacke. Es gibt eine große Auswahl an Kleidungsstücken, die mit dem Logo der Bibliothek versehen sind.

Und die Nutzer freuen sich über den Service, denn so ist gerade in einem großen Haus wie der OBA, wo das Personal sich viel auf der Publikumsfläche bewegt und nicht nur hinter einer Servicetheke zu finden ist, ein Ansprechpartner leicht zu erkennen.

Was das Thema der Aufenthaltsqualität  angeht, so lässt sich feststellen, dass viele der niederländischen Bibliotheken ein extern betriebenes Lesecafé in Ihren Räumlichkeiten haben. Also nicht nur den bei uns häufig gesehenen Kaffeeautomaten, sondern eine Theke an der Getränke und auch Speisen während der Öffnungszeiten verkauft werden. Die Sitzplätze in diesem Bereich werden gerne angenommen, da auch hier, anders als in außenliegenden Cafés, kein Konsumzwang herrscht. Ein Nebeneffekt: Es riecht herrlich nach Kaffee, was für eine gemütliche Atmosphäre sorgt.

 

In Finnland haben wir dann noch einen komplett anderen Typ  Bibliothek kennengelernt. Die Iso Omena Library in Espoo liegt in einem Einkaufszentrum. Einkaufszentren gibt es in Finnland viele und sie erfüllen hier vielmehr den Zweck eines kommunalen Treffpunktes, als sie es bei uns tun, was mitunter den finnischen Wetterverhältnissen geschuldet ist. Das vierte Obergeschoss dieses Einkaufszentrums in Espoo wird zum Großteil durch die Bibliothek bespielt. Sie bildet hier das Zentrum des Iso Omena Service Center. Darum herum liegen Einrichtungen für die Bürger, wie eine Klinik für werdende Mütter und Kinder, diverse andere Gesundheitseinrichtungen, ein Jugendzentrum oder ein Service-Center für Neubürger in Finnland.  Es können Meeting-Räume angemietet und für berufliche Termine genutzt werden und es gibt ein Aufnahmestudio für Musiker. Zwischen all diesen Randbereichen, befinden sich im Kern die klassische Medienaufstellung, Aufenthaltsbereiche, die als Wartezonen genutzt werden können und Nutzerarbeitsplätze. Hier fungiert die Bibliothek als Kommunales Bürger- und Kommunikationscenter.

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Übersichtplan des Iso Omena Service Center in Espoo.

Sie sehen, es gibt neben vielen Ähnlichkeiten auch diverse Unterschiede. Diese alle im Detail zu benennen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. In den kommenden Wochen werden wir Ihnen aber vier Bibliotheken noch einmal etwas genauer vorstellen. Und ich kann jedem, dem sich die Möglichkeit bietet nur empfehlen, sich Bibliotheken in den Niederlanden, Finnland oder auch Norwegen einmal vor Ort anzusehen und sich selbst einen Eindruck zu machen.

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Public 2018!

Vom 9.-10. Februar fanden in diesem Jahr, wie auch bereits schon im letzten Jahr in der Münchner Stadtbibliothek am Gasteig Debatten über Bibliotheken und urbane Öffentlichkeit statt, kurz die „Public!“. Referenten aus der gesamten Bundesrepublik und sogar aus Belgien (vertreten durch einen Kollegen aus den Niederlanden) und Finnland beschäftigen sich mit Fragen um Erwartungen an Wissens- und Kultureinrichtungen. Wie können; und gehen wir sogar soweit und sagen wie MÜSSEN  entsprechende Räume oder Orte gestaltet werden und wie können sich die Bürger einer Kommune an dieser Gestaltung beteiligen? Und das alles in einer sich stetig wandelnden Gesellschaft, wie uns ein Vortrag zur Zukunftsschau München 2040+ des Fraunhofer-Instituts  noch einmal verdeutlichte.

Im Vortrag zur Collaborative City erklärte uns zum Sonja Beeck anhand von Beispielen, wie wichtig doch ein fließender Übergang  des öffentlichen Stadtraumes in die Einrichtungen ist. Das Erdgeschoss spielt dabei in den meisten Fällen eine wichtige Rolle. Bereits Giovanni Battista Nolli stellte in seinem Plan von Rom (1748) die Verbindung von öffentlichen Plätzen zu nicht öffentlichen Bereichen und Gebäuden dar. Bewundernswert dabei ist, dass er hierbei bereits Bereiche innerhalb von Gebäuden wie Kirchen oder Markthallen als öffentlichen Raum kennzeichnete. Unsere Bibliotheken zum Beispiel würden sich heute auch als öffentlichen Orte darstellen lassen. Ob sie hierbei mehr als öffentliches Wohnzimmer oder doch eher als Straße fungieren, lässt und ließ sich diskutieren.

Wie sich die Bürger und Bürgerinnen einer Stadt an der Gestaltung ihrer Kultur-, Wissens- und Bildungseinrichtungen beteiligen können, brachte uns unter anderem ein Beitrag über die neue Helsinki Central Library, welche im Dezember 2018 eröffnet werden soll, nahe. Hier ging es vor allem darum, mit den Nutzern und nicht nur für die Nutzer zu planen. Darum wurde eine Gruppe von 28 Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und verschiedenen Alters, welche zuvor über eine Marketing-Kampagne ermittelt wurden, aktiv am Planungsprozess beteiligt. Dies soll dazu führen, dass sich die Bibliothek letzten Endes sowohl in Angeboten, als auch in den Räumlichkeiten mit der Kommune identifizieren kann.

Genauso nur möglich mit der Beteiligung des Bürgervereines, war die Umsetzung des Lesezeichen Salbke. Ein öffentliches Bauwerk im Magdeburger Stadtteil Salbke, welches als Freilichtbibliothek, öffentlicher Bücherschrank und Veranstaltungsfläche geplant wurde. Zunächst als 1:1 Modell aus Getränkekisten und später architektonisch, baulich umgesetzt entstand das Lesezeichen auf einem Stück Brachland in dem wenig attraktiven Stadtteil als Projekt zur Gestaltung urbaner Freiräume.

Am zweiten Veranstaltungstag wurde dann die Stadtbibliothek de Krook in Gent vorgestellt. In der belgischen Bibliothek wurde neben dem Schlagwort Partizipation, viel Wert auf Flexibilität gelegt, um auf den konstanten Wandel in der Gesellschaft reagieren zu können. Auf Wunsch der Nutzer steht, entgegen einiger anderer aktueller Bibliothekskonzepte, immer noch die Mediensammlung im Mittelpunkt der Bibliothek, welche sich als Ort versteht, der den Leuten hilft, die Welt zu verstehen.

Spannend war auch die Vorstellung der Bibliotheken des Goethe-Institutes in Südafrika, welche teils in Gebieten gebaut werden, in welchen Strom- und Internetversorgung  auch im Zeitalter der Digitalisierung eher unzuverlässig sind. Hier müssen besonders kleinere Bibliotheken, wie die des Goethe-Instituts sich intentional auf die Bedürfnisse der Nutzer vor Ort einlassen.

Es ging auf der Public! 2018 allerdings nicht nur um Bibliotheken, sondern auch um andere Kultureinrichtungen, wie das PACT Zollverein, ein choreographisches Zentrum auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen und um Museen.

Welche Rolle spielen all diese Einrichtungen in der Zukunft? Welche Attribute müssen sie mitbringen außer z.B. digital, co-created, gegenwartsorientiert oder Teil des Stadtraumes? Und können wir überhaupt über die eine Zukunft reden oder müssen wir vielmehr mit „Zukünften“ planen? Viele Fragen sind entstanden.

Das Schöne am Format der Public! ist, dass man sich als Teilnehmer und Nicht-Referent aktiv an den Diskussionen beteiligen kann. Frauke Burgdorff, die uns als Moderatorin mit ihrer eigenen Begeisterung für die Themen fließend durch die Veranstaltung führte, brachte sich nach jedem Vortrag selbst mit Fragen ein und regte auch alle anderen an, nach vorne zu kommen und mit den Referenten ins Gespräch zu treten.

Einige Fragen konnten beantwortet werden, andere stehen noch heute offen im Raum. Was gut ist, denn die Debatten müssen weiter geführt werden, und so hoffe ich, dass im nächsten Jahr eine Public! 2019 stattfinden wird.

Eine Sache, die ich von der Public! 2018 mitgenommen habe, möchte ich zum Schluss noch mit Ihnen teilen: „Bibliotheken ist ein Verb!- Wir bibliotheken.“

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Wie bekomme ich Hygge in die Bibliothek?

Um die oben gestellte Frage zu beantworten, sollte ich für diejenigen von Ihnen, die ihn nicht kennen, den Begriff Hygge erklären.

Hygge beschreibt die dänische Glücksphilosophie, welche die Nation 2016 auf Platz 1 des World Happiness Report brachte und bedeutet so viel wie Gemütlichkeit. Es geht bei Hygge nicht um Gegenständlichkeiten und Dinge, sondern vielmehr um Atmosphäre und Erleben. Beides Dinge, die derzeit besonders wichtig sind für Öffentliche Bibliotheken. Ganz egal, ob man den Ort nutzt, um Zeit mit lieben Menschen zu verbringen oder sich alleine mit einem guten Buch in einen Sessel zu kuscheln. Hygge hat viele Seiten! Wollen wir nicht auch ein bisschen glücklicher sein, so wie die Menschen aus dem Norden? Und können wir dieses Lebensgefühl in unsere Bibliotheken holen und diese hyggelig machen?

Es gibt einige wichtige Aspekte bei Hygge, die man meiner Meinung in den Räumlichkeiten einer Bibliothek umsetzen kann.

Punkt 1: Licht

Maik Wiking beschreibt in seinem Buch „Hygge- eine Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“, dass die einfachste Art und Weise Hygge zu erzeugen sei, eine Kerze anzuzünden. Aber nicht nur Kerzen, welche sich schwer für öffentliche Einrichtungen eignen, sondern auch künstliches Licht, sorgen für eine hyggelige Atmosphäre. Wichtig dabei ist die Lichttemperatur, welche nicht zu hoch sein darf. Unter grellen Neonröhren ist es nicht besonders gemütlich. Natürlich muss in einer Bibliothek für eine ausreichende Beleuchtung gesorgt werden. Aber in Bereichen, welche zum Klönen einladen sollen, oder dort, wo sich der Nutzer einfach gemütlich in einem Ohrensessel zurücklehnt, darf es gerne etwas gedämpfter und wärmer sein. Auch die Gestaltung der Leuchten ist entscheidend. Die Dänen haben einen Faible für Designerlampen. Diese werden strategisch eingesetzt, um kleine Lichtinseln zu schaffen.

Punkt 2: Hyggekrog

 

Hyggekrog

Ein kuscheliger Platz in der Raumecke kann wunderbar als Hyggekrog dienen.

Hyggekrog bezeichnet eine besonders gemütliche Ecke, in die man sich gerne zurückzieht und sich dort aufhält: Eine gepolsterte Fensterbank mit Kissen und Decke, ein gemütlicher Sessel mit einem Beistelltischchen mit dem Blick nach draußen… Hauptsache hyggelig.

Punkt 3: Gemeinschaft

Natürlich kann man auch alleine Hygge erleben, aber nicht umsonst verbringen 60 % der Europäer mindestens einen Abend pro Woche mit Familie, Freunden oder auch Kollegen. Bei den hyggenden Dänen sind es sogar 78 %. Wir sind soziale Wesen und menschliche Beziehungen sind ein Schlüsselelement zu unserem Glück. Schaffen wir also Orte, an denen man eine schöne Zeit mit anderen verbringen und schöne Dinge erleben kann.

Punkt 4: Nähe zur Natur

Kinderbibliothek Stadtbibliothek Hanau

Auf/in diesen Vogelnestern, können die Kinder in der Stadtbibliothek Hanau lesen.

Wir lieben die Natur und die Nähe zu ihr wirkt entspannend auf uns. Einfachheit, Langsamkeit und Rustikalität entschleunigen abseits vom urbanen Alltag. Wie also bringen wir die Natur in die Bibliothek? Gegenstände und Möbel aus Holz geben uns das Gefühl der Natur näher zu sein. Auch Felle und alles was aus dem Wald kommt, wie Zweige, Wurzeln und Blätter erschaffen eine entsprechende Atmosphäre. Vielleicht können wir Formen und Farben dieser Elemente ja an der einen oder anderen Stelle in den Räumen aufgreifen.

Punkt 5: Bücher

Laut Maik Wiking gehört eine Pause mit einem guten Buch definitiv zur Vorstellung von Hygge. Welches Buch spielt dabei keine Rolle, je nach Geschmack. Und Bücher finden wir in unseren Bibliotheken ja wohl zu genüge. Also ab mit dem Lieblingsbuch in die Hyggekrog.

Punkt 6: Essen und Trinken (Heiße Getränke, Kuchen und Teilchen)

Kaffee und Kuchen

Bei einem leckeren Heißgetränk und einem schönen Stück Kuchen können wir entspannen. Nur keine Flecken in die Medien machen …. 🙂

Kuchen und süßes Gebäck machen uns glücklich. Die Mischung aus Zucker und Fetten kurbelt die Insulinproduktion an, was dazu führt, dass das Glückhormon Serotonin produziert wird. Dieser Botenstoff vermittelt uns Glückgefühle, Zufriedenheit und Entspannung, was dabei hilft ein Stück Stress aus unserem Alltag zu nehmen. Alles in Maßen natürlich. Ebenso entspannen wir uns bei einer schöner Tasse Kaffee, Tee oder heißer Schokolade. Heiße Getränke vermitteln uns ein tröstliches, wohliges Gefühl.

Ein Lesecafé in dem man sich gemütlich in einem schönen Sessel mit einer Tasse Kaffee und einem Stückchen Kuchen zurücklehnen kann, dabei in einer Zeitschrift blätternd oder in ein nettes Gespräch vertieft kann also ein richtig hyggeliger Ort in einer Bibliothek sein.

Natürlich gehören noch weitere Punkte bei Hygge dazu. Viele Elemente sind gut dafür geeignet Hygge in die Bibliothek zu bringen. Dass das Thema Hygge in den Medien verbreitet wurde mag zwar schon ein bis zwei Jahre zurück liegen, aber fragen Sie doch mal einen Dänen, ob Hygge jemals „out“ sein kann. Ein bisschen mehr Gemütlichkeit und Glücklichsein können wir doch alle gut gebrauchen, immer! Und wenn wir über Orte sprechen, die Hygge für Jeden bieten, warum sprechen wir dann nicht einfach auch über Bibliotheken?

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Barrierefreie Bibliothek –Räumlichkeiten für Alle (Teil 2)

Dass zu einer barrierefreien Bibliothek mehr gehört, als die Zugänglichkeit verschiedener Geschosse mit Hilfe eines Fahrstuhls, ist Ihnen Allen spätestens seit meinem letzten Beitrag zu diesem Thema sicherlich klar geworden. Und natürlich sind neben dem Zugang zu einem barrierefreien Raum auch entsprechende Angebote, Medien und Veranstaltungen wichtig. Doch um diese nutzen zu können muss ich nun einmal zunächst in die Räumlichkeiten gelangen. Daher möchte ich Ihnen noch ein bisschen detaillierter näher bringen, was alles dazu gehört eine Bibliothek (und natürlich auch andere öffentliche Einrichtungen) physisch barrierefrei zu gestalten.

Der Gebäudeeingang: Zugang für alle

Starten wir zunächst einmal vor dem Gebäude: Ist der Zugang zu Ihrer Bibliothek leicht auffindbar, z.B. durch eine kontrastreiche Gestaltung der Eingangstür und eine ausreichende Beleuchtung? Ist der Eingang ebenerdig gelegen oder über eine Rampe mit dem öffentlichen Raum davor verbunden? Der Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung muss für alle Menschen gleichermaßen nutzbar sein. Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bedeutet das, dass die Zugangswege einer Mindestbreite von 1,50 m entsprechen müssen. Treppenstufen und Schwellen sind zu vermeiden. Türen öffnen sich automatisch oder benötigen zumindest einen geringen Kraftaufwand bei der Benutzung. Türöffnungen sind mindestens 90 cm breit. Um Menschen mit Seheinschränkungen den Zugang zu erleichtern, werden taktile Bodenleitsysteme verwendet, welche durch Aufmerksamkeitsfelder Eingänge „sichtbar“ machen. Auch akustische Systeme können unterstützen, indem Sie z.B. darauf aufmerksam machen, dass eine Tür gerade geöffnet ist.

Info-Theke: Nah am Eingang und taktil erreichbar

Wenn der Besucher es denn dann ins Gebäude geschafft hat, stellen sich hier die nächsten Fragen, wie eine Nutzung für jedermann möglichst einfach gestaltet werden kann. Die Informationstheke sollte nah dem Eingang zu finden sein. Auch hierhin sollte ein taktiles Bodenleitsystem führen. Mindestens ein Beratungsplatz an der Theke sollte so gestaltet sein, dass er unterfahrbar ist. Hierfür muss eine lichte Höhe von 67 cm und eine Tiefe von mindestens 30 cm gegeben sein. Die Bewegungsfläche vor der Theke muss so groß sein, dass ein Rollstuhlfahrer dort problemlos rangieren kann.

Leitsystem: Finden statt Suchen

Ein taktiler Orientierungsplan im Eingangsbereich der Bücherei hilft besonders sehbehinderten Menschen dabei, sich eine Übersicht über die Räumlichkeiten zu verschaffen. Sowohl durch erhabene Profilschrift, als auch durch Brailleschrift sind Informationen lesbar. Natürlich hilft so ein Übersichtsplan auch allen anderen Nutzern sich besser zu orientieren. Das Leitsystem einer Bibliothek ist einer der Punkte, bei dem man sich im Bereich der barrierefreien Gestaltung so richtig austoben kann. Durch die Verwendung verschiedener Farben, leicht verständlicher Sprache und von Piktogrammen wird das Auffinden der einzelnen Bereiche der Bibliothek auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen erleichtert. Die Farbgestaltung dieser Bereiche kann zum Beispiel auch in der Signatur der Medien weitergeführt werden, auch am Regal können Piktogramme der Orientierung helfen… die Möglichkeiten sind quasi unerschöpflich.

Aufzug ist nicht gleich Aufzug

Die Erreichbarkeit unterschiedlicher Geschosse, sollte neben einer Treppe, welche über beidseitig angebrachte Handläufe verfügt, auch über einen Aufzug gewährleistet werden. Vor Treppenabgängen oder -aufgängen sollten sich bei einem taktilen Leitsystem Aufmerksamkeitsfelder befinden. Ebenso hilfreich für Menschen mit Seheinschränkungen ist die kontrastreiche Markierung der Trittstufen an der Vorderkante. Und ist ein Aufzug eigentlich grundsätzlich barrierefrei? Auch hier müssen verschiedene Punkte bedacht werden, wie die Erreichbarkeit von Tasten. Um in einer erreichbaren Höhe für Rollstuhlfahrer zu sein, können Sie sich zum Beispiel auf einem horizontal angebrachten Tableau im Aufzug befinden, mit einer Mindestgröße der Tasten von 5×5 cm. Die Beschriftung sollte entsprechend groß, kontrastreich und tastbar sein. Die akustische Ansage der verschiedenen Stockwerke erleichtert sehbehinderten Menschen zusätzlich die Orientierung. Natürlich ist auch die Mindestgröße eines Fahrstuhlkorbes zu beachten. Und haben Sie sich vielleicht auch schon einmal gefragt, warum die Rückseite eines Fahrstuhles häufig verspiegelt ist? Dieser Spiegel dient keinesfalls dazu, sein Äußeres überprüfen zu können, sondern ermöglicht einem Rollstuhlfahrer der vorwärts in den Fahrstuhl gefahren ist, beim Ausstieg den Blick nach hinten, ohne sich hierfür verrenken zu müssen. Sie sehen: Aufzug ist nicht gleich Aufzug.

Regalanordnung: Abstand halten

Um die Medien in einer Bibliothek für jeden erreichbar zu präsentieren, sind natürlich auch die Breiten von Verkehrswegen und die Gestaltung von Regalen zu berücksichtigen. Allgemeine Verkehrswege sollten so breit gestaltet sein, dass ein Rollstuhlfahrer und ein Nutzer ohne Rollstuhl gut aneinander vorbei kommen. Hierfür ist eine Breite von 1,50 m von Nöten. Damit sich Rollstuhlfahrer auch problemlos zwischen den Regalen in den Bediengängen bewegen können, ist ein Regalabstand von 1,20 m Abstand einzuhalten. Dass Medien, die zu hoch oder zu weit unten im Regal stehen, nicht für Jeden zu erreichen sind, ist denke ich auch allen verständlich. Regale sollten möglichst (eventuell durch Sockelleisten) bis auf Boden geführt werden, da Sie nur dann mit einem Langstock zu ertasten sind.

Sitzmöbel und Arbeitsplätze zum Lesen, Lernen und Arbeiten

Da unsere Öffentlichen Bibliotheken auch immer mehr zu Aufenthaltsorten werden, sollten natürlich auch Sitzmöglichkeiten und Arbeitsplätze in ihrer Gestaltung verschiedenen Bedürfnissen gerecht werden. Generell sind gleichmäßig auf der Fläche verteilte Sitzgelegenheiten angenehm für jeden Nutzer, der nicht gut zu Fuß ist.

Sitzmöbel mit Armlehnen, an denen man sich beim Aufstehen abstützen und nach oben drücken kann, sind besonders für mobilitätseingeschränkte Menschen eine Hilfe. Die Sitzfläche sollte nach Möglichkeit nicht zu tief sein, auch das erschwert das Aufstehen. Einige Tische, die zum Lesen, Lernen und Arbeiten dienen, sollten ebenso wie die Theken die Möglichkeit der Unterfahrbarkeit aufweisen, sprich bestimmte Maße berücksichtigen. Die Oberflächen von Möbeln sollten blendfrei gestaltet werden. Dies kann durch matte, nicht reflektierende Materialien umgesetzt werden. Sitzmöbel sollten sich in der Farbgebung kontrastreich vom Boden absetzen. Hierdurch wird vermieden, dass Sie für Menschen mit Seheinschränkungen zur Stolperfalle werden.

Und … Ich könnte meine Ausführungen an dieser Stelle natürlich noch vertiefen, allerdings würde alleine das Thema der Behindertentoiletten mehrere Seiten füllen. Daher möchte ich mit meiner Aufzählung der Möglichkeiten der barrierefreien Gestaltung von Räumen hier in diesem Rahmen enden. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesem kurzen Aufriss verdeutlichen, wie weitreichend und umfangreich das Thema ist und dass doch viele Dinge dazu gehören, die man im ersten Augenblick nicht bedenken würde. Es gibt natürlich gesetzliche Grundlagen und Richtlinien, wie die Landesbauordnung oder die DIN 18040-Teil 1, welche die wesentlichen Vorschriften für die Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden enthalten.

Tipp: Broschüre barrierefreies Bauen

Wenn Sie an der Umsetzung von Barrierefreiheit in Ihrer Einrichtung interessiert sind, möchte ich Sie gerne auf eine Broschüre der Agentur für Barrierefrei NRW aufmerksam machen. Diese enthält neben den schriftlichen Erläuterungen auch Bilder von Lösungsbeispielen, die der Veranschaulichung sehr dienlich sind:

Broschüre: barrierefreies Bauen (Agentur Barrierefrei NRW)

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Barrierefreie Bibliothek – Was bedeutet das? (Teil 1)

„Wir haben einen Aufzug, damit kommen die Nutzer ins Gebäude und auf alle Etagen.“ So oder so ähnlich ist der O’ton, der mir zumeist auf die Nachfrage zur Barrierefreiheit in Bibliotheken begegnet.

Damit ist zwar die Zugänglichkeit unterschiedlicher Stockwerke eines Gebäudes für Menschen mit Gehbehinderungen oder auch Familien mit Kinderwägen gesichert, jedoch umfasst diese Maßnahme nur einen kleinen Teil der barrierefreien Zugänglichkeit.

„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“ So steht es im § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG).

Was aber bedeutet Barrierefreiheit nun für öffentliche Bibliotheken?

Das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben und das Recht auf Bildung von Menschen mit Behinderung wurden durch das Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention, welche heute vor genau 11 Jahren verabschiedet wurde, als ein zentrales Menschenrecht definiert. Schussfolgernd daraus sollte eine zeitgemäße öffentliche Bibliothek, als kulturelle Bildungseinrichtungen des lebenslangen Lernens für alle Nutzergruppen gleichermaßen zugänglich und nutzbar sein.

Um dieses umsetzen zu können, sollte bereits in der frühsten Planungsphase bei einer Neukonzeption, beim Bau, Umbau oder der Einrichtung einer Bibliothek anhand einer Bedarfserfassung untersucht werden, welche Nutzergruppen in Bezug auf das Thema Barrierefreiheit zu berücksichtigen sind.

Daraus resultiert in der Regel eine Auflistung von Menschen mit unterschiedlichsten Einschränkungen, wie z.B.:

  • Nutzer mit Einschränkungen in der Mobilität, egal ob diese dauerhaft oder vorübergehend ist, altersbedingt oder bei einer jungen Familie durch das Mitführen eines Kinderwagens herbeigeführt,
  • Nutzer mit Hör- oder Sehbehinderungen,
  • Nutzer mit geistigen und Lernbehinderungen,
  • alte Menschen, Kinder oder Personen mit Kleinkindern

Und auch der niedrigschwellige Zugang zu Bildung und Kultur ist ein wesentlicher Aspekt  des Themas Barrierefreiheit. Schwellenängste von Bibliotheksnutzern aus verschiedenen kulturellen und sozialen Hintergründen sind also ebenfalls zu bedenken.

Die oben zitierte gesetzliche Definition aus dem BGG zeigt uns, dass zunehmend ein Bewusstsein für die barrierefreie Gestaltung öffentlicher Bereiche entsteht.

Öffentliche Bibliotheken gehören zu diesen Bereichen, die durch behindertengerechte Räume, barrierefreie Öffentlichkeitsarbeit, die Etablierung von Gebärdensprache, Blindenschrift und Leichte Sprache Teilhabe für sämtliche Nutzer sichern können.

Wodurch genau können sie das? Um weiteren Beiträgen, welche sich vertiefend mit Aspekten der Barrierefreiheit beschäftigen werden,  nichts vorwegzunehmen, möchte ich an dieser Stelle nur einige wenige Maßnahmen nennen, durch welche eine Bibliothek inklusiv und barrierefreier werden kann:

  • Die physisch barrierefreie Zugänglichkeit der Räumlichkeiten durch eine stufenlose, kontrastreiche Gestaltung des Einganges und ausreichende Bewegungsflächen im Gebäudeinneren.
  • Eine einfache, intuitiv zu verstehende Orientierung in den Räumlichkeiten, unterstützt durch taktile und akustische Systeme.
  • Ein Leitsystem nach dem Zwei-Sinne-Prinzip. Hierbei erfolgt die Informationsvermittlung, z.B. zur Orientierung im Raum immer über zwei Sinne gleichzeitig. Gemeint sind die Sinne Tasten, Hören und Sehen. Wenn einer dieser Sinne beeinträchtigt ist, kann er durch einen anderen ausgeglichen werden.
  • Zugang zu einem barrierefreien Medienbestand (Großdruck, Brailleschrift, leicht verständliche Sprache, Hörbücher, Videos mit Untertiteln und Audiodeskription…)
  • Die Planung barrierefreier Veranstaltungen (z.B. Führungen in einfacher Sprache, in Fremdsprachen oder Gebärdensprache)
  • Hilfsmittel anbieten: Lupen, Bildschirmlesegeräte, Vergrößerungssoftware, Mobilitätshilfen, induktive Höranlagen
  • Ausstattung durch ein kontrastreich gut erkennbares, stabiles, justierbares Mobiliar. Ausreichend viele Sitzmöglichkeiten, unterfahrbare Tische und Theken, Haltegriffe und niedrige Garderobenhaken…

(Beispielfotos der barrierefreien Gestaltung der Stadtteilbibliothek Oberhausen-Sterkrade)

Sie sehen, die Möglichkeiten sind sehr weitreichend und umfassen neben der physischen Barrierefreiheit im Raum noch weitere Bereiche der Bibliotheksarbeit.

Um den Bedürfnissen aller Nutzer gerecht zu werden, müssen Sie viele verschiedene Faktoren bedenken.

Daher bietet sich, wenn Sie Veränderungen in Ihrer Bibliothek planen, die rechtzeitige Abstimmung dieser Vorhaben mit Verbänden und Vertretern der verschiedenen Nutzergruppen an, z.B. durch Beteiligung der Behindertenkoordination und die Zusammenarbeit mit Behindertenvereinen. Auch Seniorenverbände, Verbände für Menschen mit Lernschwierigkeiten- und behinderungen oder interkulturelle Vereine können Sie in Ihrer Planung unterstützen.

Aufgrund permanenter gesellschaftlicher und auch demographischer Veränderungen, wird eine vollständige oder besser allumfassende Barrierefreiheit wohl nie umzusetzen sein. Barrierefreiheit ist eine Daueraufgabe, welche Sie ständig vor neue Herausforderungen stellen wird, aber auch immer wieder neue Möglichkeiten mit sich bringt. Lassen Sie sich hiervon nicht entmutigen, sehen Sie das Thema der Inklusion und der Zugänglichkeit vielmehr als festen Bestandteil ihrer Gesamtstrategie an.

Ich hoffe, ich konnte mit dieser kleinen Einführung ihr Interesse für das Thema Barrierefreiheit wecken.  Mich selber begeistern die Möglichkeiten, die sich heute, besonders durch die Weiterentwicklung der Technik ergeben sehr. Das Ziel eine öffentliche Bibliothek für alle Menschen gleichermaßen zugänglich zu machen, von der inhaltlichen Konzeption, über den Bau und das Design bis hin zu Angeboten und Veranstaltungen ist eine Herausforderung, der ich mich gerne stelle.

Da der Schwerpunkt in meiner Tätigkeit in der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken im Bereich der Innenarchitektur liegt, möchte ich in einem weiteren Beitrag gerne vertiefend auf die physische Barrierefreiheit eingehen. Ein Thema bei dem alleine es schwer fällt ein Ende zu finden.

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Jede Bibliothek ist wie ein Puzzle

Mit dem Hintergrund eines abgeschlossenen Innenarchitekturstudiums und der Begeisterung für Bibliotheken habe ich im Februar 2016 angefangen in der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken NRW zu arbeiten [1]. Dort betreue ich unter anderem den Aufgabenschwerpunkt Bibliothek als realer Ort und berate mit Blick auf die Innenarchitektur und Einrichtung. Ich fahre auf Anfrage in die jeweiligen Bibliotheken, welche ihre Einrichtung verändern oder ihr Raumkonzept optimieren wollen. Dabei kann es um die unterschiedlichsten Themen und Bereiche gehen.Weiterlesen Jede Bibliothek ist wie ein Puzzle

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Surrey City Centre Library

Das englischsprachige Design und Architektur Magazin dezeen.com zeigte im Mai 2016 eindrucksvolle Bilder der Surrey City Centre Library in der Nähe von Vancouver. Der 2011 fertiggestellte, skulpturale Bau stammt vom Architektenteam Bing Thom. Die nach außen geneigten Wände des vierstöckigen Gebäudes laufen im Norden spitz zusammen und muten somit die Form eines Schiffbugs an. Zudem sorgt die Schiefstellung der Außenwände für den Sonnenschutz und vermeidet starke Wärmeentwicklung im Inneren der Bibliothek. Neben dem Baumaterial Beton, beeindruckt die Fassade außerdem durch große gebogene Glasflächen, welche lichtdurchflutete Räume im Gebäudeinneren sicherstellen. Hier bietet die Bibliothek dem Nutzer auf einer Fläche von 7.618 m², verteilt auf 4 Etagen einen Ort zum Lesen, Lernen und Zusammenkommen. Ziel der Architekten war es eine lockere Umgebung und somit eine Erweiterung ihres eigenen Zuhauses für die Bevölkerung von Surrey zu schaffen. Das Innere des Gebäudes wird dominiert von weißen Regalen, Flächen aus Naturholz bei den Sondermöbeln, sowie terrakottafarbenem Teppich.

Birds eye view inside the new Surrey City Centre Library

„Birds eye view inside the new Surrey City Centre Library“ von Province of British Columbia, 2011 (CC BY-NC-ND 2.0)

Rundgang

Man betritt das Gebäude durch den nordöstlich gelegenen Haupteingang. Der Eingangsbereich zeichnet sich durch klare Sichtlinien aus, welche den Nutzern eine schnelle, gute Orientierung in der Bibliothek ermöglichen. Im Erdgeschoss befindet sich neben der Kinderbibliothek auch die Abteilung Read-Ability Services, die sich an Menschen mit visuellen als auch physischen Einschränkungen der Lesefähigkeit richtet. Auf der Ostseite des Gebäudes führt eine prunkvolle Lesetreppe vom Untergeschoss ins erste Obergeschoss und wiederholt sich ebenso von der zweiten in die dritte Etage. Diese Treppe liegt neben der großzügigen Glasfassade und bietet so den Ausblick auf die neue „City Plaza“. Das erste Obergeschoss der Surrey City Centre Library beherbergt die Belletristik-Abteilung, sowie die World Languages Collection, in welcher sich Bücher, DVDs, CDs und Zeitschriften in 16 verschiedenen Sprachen wiederfinden. In der nordwestlichen Spitze des Gebäudes befindet sich ein Computer Learning Center und zusätzlich bietet das Geschoss eine Laptop-Lounge. Entlang der Brüstung zum sich aufwärts windenden Atrium befinden sich Arbeitsplätze, welche mit Strom versorgt sind, um dort mit mobilen Endgeräten zu arbeiten. Von diesen Arbeitsplätzen aus hat man einen großartigen Ausblick Richtung Osten durch die offene Glasfassade des Gebäudes. Die dritte Etage des Gebäudes, sprich das zweite Obergeschoss ist über die zentral gelegene Haupttreppe und ebenso barrierefrei über Aufzüge zu erreichen. Auf dieser Etage befindet sich das Herzstück der Bibliothek, der „Livingroom“ (das Wohnzimmer). Dieser Bereich der Bibliothek verfügt über die doppelte Raumhöhe. Er ist mit Lounge-Sesseln und einem digitalen Kaminfeuer ausgestattet und bietet hierdurch eine entspannte Atmosphäre zum Verweilen und auch zur Kommunikation. Eine unter anderem mit einem Bildschirm für Gaming ausgestattete Teen Lounge befindet sich in der Nord-West-Spitze. Passend zum im zweiten Obergeschoss untergebrachten Bestand der Sachliteratur reihen sich hier in einem Studienbereich Einzelarbeits- und Gruppenarbeitsräume, sowie Meeting-Räume aneinander. Auch ein großer Veranstaltungsraum für bis zu 115 Personen, ausgestattet mit der neusten Technik wird hier den Nutzern zur Verfügung gestellt. Abgerundet wird dieser Lernort durch einen mit Glaswänden abgetrennten stillen Arbeitsraum. Durch das Glastrennwandsystem ist zwar der Lärmschutz gegenüber dem übrigen Arbeitsbereich gegeben, es ermöglicht aber trotzdem den Sichtbezug zu diesem, was die Einbindung in das gesamte Gefüge gewährleistet. Die vierte und somit oberste Ebene des Gebäudes beherbergt Klassen- und Arbeitsräume der Simon Fraser University.

https://youtu.be/zm3qdCgX2pA

Ökologie, Nachhaltigkeit, Transparenz

Das begrünte Dach des Gebäudes, zur Reduzierung von Kohlenstoffdioxid in der Luft, ist nur einer der ökologischen Aspekte, auf welche die Architekten bei der Planung und Umsetzung des Baus viel Wert legten. Der strategische Einsatz der Glasflächen und Dachfenstern, um eine zusätzliche elektrische Beleuchtung gering zu halten und somit Strom zu sparen, erfolgte neben dem Designaspekt auch aus nachhaltigen Gründen. Die Bibliothek soll allerdings nicht nur aus der umweltbewussten und ästhetischen Perspektive wertig sein, sondern in erster Linie einen Ort zum Aufhalten, Lernen und Kommunizieren für die Bürger von Surrey darstellen. Daher war es den Architekten von Bing Thom wichtig, die späteren Nutzer in die Planung mit einzubeziehen. Sie entwickelten gemeinsam mit den Bibliothekaren aus Surrey einen Blog, auf welchem sowohl von Seiten der Architekten, als auch von Seiten der Bürger Fotos und Kommentare zu Bibliotheken veröffentlicht, ausgetauscht und bewertet werden konnten. So war es dem Team möglich, viele Menschen in kurzer Zeit zu erreichen und Ideen für die Gestaltung der Bibliothek zusammenzutragen. Die Surrey City Centre Library ist damit ein Vorreiter bei Nutzung von Social Media für die Gestaltung öffentlicher Räume.

Flyer „City Centre Green Features“ [5 MB, PDF], hier

Die Bibliothek im Netz:

Weitere Bilder der Bibliothek und Pläne des Architekturbüros unter: http://www.dezeen.com/2016/05/18/bing-thom-architects-surrey-library-vancouver-canada-concrete/