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Büchervernichten in Berliner Zentral- und Landesbibliothek?

„Büchervernichten in Berlin? Bibliotheken werden kaputt rationalisiert“ so lautet derzeit die Überschrift einer Online-Petition, die schon 25.000 Unterschriften gesammelt hat. Das ist schon eine enorme Leistung so viele Bürgerinnen und Bürger für bibliothekarische Arbeitsabläufe zu interessieren.

Kritisiert wird die Berliner Zentral- und Landesbibliothek in ihrer Aussonderungspolitik, dass alle Bücher, die die letzten zwei Jahre nicht ausgeliehen wurden, makuliert werden. Außerdem wurde der Bestandsaufbau an ein externes Unternehmen vergeben, um Lektoren zu entlasten.

Aus fachlicher Sicht handelt die Zentral- und Landesbibliothek in Berlin sicher richtig. Bücher die zwei Jahre nicht entliehen wurden, nehmen Platz für Neues weg und Rationalisierung und Outsourcing von Dienstleistungen müssen wahrgenommen werden, damit Zeit für neue Aufgaben vorhanden ist.

An dieser Bewegung wird jedoch deutlich wie sehr Bibliotheken noch mit Archiv und Bewahrung von Wissen in Verbindung gebracht wird. Es gibt noch viel zu tun, um das Image der modernen öffentlichen  Bibliotheken außerhalb der Fachwelt zu transportieren. Was man daran auch sieht, ist auch die nostalgische Sehnsucht nach Stillstand im schnelllebigen Informationszeitalter.

Quelle:

https://www.openpetition.de/petition/online/buechervernichten-in-berlin-bibliotheken-werden-kaputt-rationalisiert

1 Kommentar

  1. „Sei der Erste, dem dies gefällt“? Mir fehlt hier der Dislike-Button, denn an diesem Beitrag von der Bezirksregierung Düsseldorf, Dezernat 48 – Öffentliche Bibliotheken stimmt so gut wie nichts.

    1. Es gibt nicht 25.000, sondern 20.496 Unterzeichner der Petition, davon 15.167 aus Berlin. Damit wurde das notwendige Quorum für Berlin erreicht – das ist ein klares Statement der Leserschaft dieser Bibliolthek. Sollte man das nicht ernst nehmen? Ist das Publikum der Bibliothek zu dumm, um die eigene Bibliothek zu beurteilen, die die meisten seit Jahren benutzen? Oder soll man den Leuten vorschreiben, was sie wollen sollen?

    2. „Das ist schon eine enorme Leistung so viele Bürgerinnen und Bürger für bibliothekarische Arbeitsabläufe zu interessieren.“
    Hier geht es nicht um „bibliothekarische Arbeitsabläufe“, sondern um eine Bibliothek. Außerdem kann sich Dezernat 48 BürgerInnen offenbar nur als passive Wesen vorstellen. Die Unterzeichner wurden nicht dafür interessiert, sondern haben von sich aus unterzeichnet, weil sie ihre Bibliothek so behalten wollen, wie sie sie lieben. Berliner lesen eben sehr gern. Eine repräsentative Umfrage in öffentlichen Bibliotheken Berlins kam übrigens zum gleichen Ergebnis https://numobberlin.wordpress.com/. Gegen neue Dienste hat sicherlich niemand etwas, im Gegenteil. Im übrigen wurde die Petition von Lesern selbst, nämlich von einem Kreuzberger Gymnasiallehrer ins Leben gerufen, dessen Schüler und der selbst auch die Bibliothek nutzen.

    3. „Aus fachlicher Sicht handelt die Zentral- und Landesbibliothek (!) in Berlin sicher richtig. Bücher die zwei Jahre nicht entliehen wurden, nehmen Platz für Neues weg“.
    Wirklich? Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin hat einen Buchbestand von 2,5 Mio. Bänden (neben 1 Mio. anderer Medien) und 3.5 Mio Ausleihen im Jahr (alle Medien). Sie hat einen Einzugsbereich von 3,5 Mio. Einwohnern. Sollte diese Bibliothek wirklich nur noch auch Büchern bestehen, die innerhalb von zwei Jahren ausgeliehen worden sind? Es dürfte Konsens sein, dass sie dann ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen könnte. Trotzdem ist das in einem Gutachten von 3 Experten, davon 1 Bibliothekar, 2010 vorgeschlagen worden. Bis heute konnte dieser Irrsinn zum Glück verhindert werden.
    Wie macht das eigentlich in NRW? Gibt es dort überhaupt eine Bibliothek vom Typ der ZLB? Gibt es immer noch die verteilten Schwerpunkte in den zentralen öffentlichen Bbiliotheken der Großstädte und werden Medien aus diesen Schwerpunktbereichen makuliert, wenn sie in 2 Jahren nicht entliehen worden sind? Werden die Leser dann auf die Universitätsbibliotheken verwiesen oder den Leihverkehr? Wie auch immer- Berlin ist eine gebildete Stadt und das Publikum hat Ansprüche an seine Zentralbibliothek (vgl. Kommentare zur Petition https://www.openpetition.de/petition/kommentare/buechervernichten-in-berlin-bibliotheken-werden-kaputt-rationalisiert). Es wäre gut, wenn man auch in NRW eine zu enge „fachliche Sicht“ überprüfen würde.

    4. „Rationalisierung und Outsourcing von Dienstleistungen müssen wahrgenommen werden, damit Zeit für neue Aufgaben vorhanden ist.“
    Es geht hier nicht um Standing Order oder Approval Plans. Die ZLB soll von interessierter Seite gezwungen werden, den sog. „ID vorab“ der EKZ zu übernehmen, also unbesehen ohne Absprache fertige Pakete zu kaufen. Es gibt in ganz Deutschland m. W. nur zwei öffentliche Bibliotheken, die das so praktizieren: Die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen und die Stadtbibliothek Bremen. In NRW gibt es m. W. keine Einzige. Warum eigentlich? Hat Dezernat 48 hier seine Pflichten zur „“Rationalisierung und Outsourcing von Dienstleistungen“ wirklich wahrgenommen. Warum zögert Dezernat 48 hier, verlangt dies jedoch von der Zentral- und Landesbibliothek, so wie jene NRW-Funktionäre in der Sektion 1 des DBV. Wessen Interessen vertreten diese Funktionäre eigentlich, wenn sie für sich selbst diese Art von Rationalisierungen nicht akzeptieren.

    5. „An dieser Bewegung wird jedoch deutlich wie sehr Bibliotheken noch mit Archiv und Bewahrung von Wissen in Verbindung gebracht wird… Was man daran auch sieht, ist auch die nostalgische Sehnsucht nach Stillstand im schnelllebigen Informationszeitalter.“
    Sehnsucht nach Stillstand? Die ZLB hat einen jährlichen Zugang von ca. 70.000 neuen Medien, davon 30.000 neugekaufte Bücher. Das soll Stillstand sein? Das vielfältige Neuheitenangebot ist die Hauptattraktion der ZLB. Gibt es in NRW eine öffentliche Zentralbibliothek mit einem vergleichbaren Medienangebot?

    6. „Es gibt noch viel zu tun, um das Image der modernen öffentlichen Bibliotheken außerhalb der Fachwelt zu transportieren.“
    Dies ist der merkwürdigste Satz dieses ganzen Postings. Es kommt doch nicht aufs Image an. Das Publikum bildet sich seine Meinung in der Wirklichkeit, d. h. am konkreten Angebot.

    Ein Tipp: Hier https://zlbbg.wordpress.com/presse/ kann man die öffentliche Debatte in Berlin verfolgen. Fachliche Stellungnahmen mit entsprechenden Dokumenten hat es in Inetbib und ForumOeb gegeben. Diese sollte man vielleicht zurate ziehen (siehe Listenarchiv), wenn man sich ein fachliches Urteil bilden will.

    Mit besten Grüßen
    Peter Delin

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